Belo Monte – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Fri, 26 Jun 2015 12:08:36 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Munduruku fordern Staudammstopp vor UN-Menschenrechtsrat https://www.gegenstroemung.org/web/blog/munduruku-fordern-staudammstopp-vor-un-menschenrechtsrat/ Thu, 25 Jun 2015 16:25:37 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=925 Am Mittwoch, den 24. Juni 2015 sprach der Kazike Ademir Kaba Munduruku bei der 29. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Der Anführer der indigenen Munduruku aus dem brasilianischen Bundesstaat Pará kritisierte die brasilianische Regierung für die wiederholte Missachtung indigener Rechte beim geplanten Bau eines riesigen Staudammkomplexes am Fluss Tapajós im Amazonasgebiet. Im Fokus der Kritik stand die Nichtbeachtung des Rechts indigener Gruppen auf freie, vorherige und informierte Konsultation und Einwilligung (FPIC). Dieses internationale Recht ist im Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern (ILO 169) festgeschrieben und wurde 2004 von Brasilien ratifiziert. Es gesteht indigenen Gruppen ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht zu, wenn geplante Wirtschaftsprojekte ihren Lebensraum betreffen und sich auf ihre Lebensweise auswirken.

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Juni 2015: Felicio Pontes und Kaba Munduruku vor dem UN Menschenrechtsrat in Genf © Amazon Watch

Vor dem Menschenrechtsrat verurteilte Kaba Munduruku zudem die Weigerung der brasilianischen Regierung, dass angestammte Land der Munduruku anzuerkennen und zu demarkieren. Das indigene Territorium Sawré Muybu ist als Flutungsgebiet für den Stausee des geplanten São Luiz do Tapajós Wasserkraftwerks vorgesehen. Ein Gerichtsbeschluss aus der letzten Woche unterstützt das Anliegen der Munduruku. Die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff wurde aufgefordert, die Umweltlizenz für das Staudammprojekt nicht zu erteilen. Eine Genehmigung solle erst erfolgen, wenn das Recht der Munduruku und anderer betroffener indigener Gruppen auf Konsultation und Mitspracherecht umgesetzt wurde. Der Richter Ilan Perser begründete seine Entscheidung, „es kann nicht ignoriert werden, dass die ILO 169 und Artikel 231 der brasilianischen Verfassung, dass Recht der Konsultation stärken, um eine kulturelle Vielfältigkeit zu garantieren und um eine koloniale Assimilierung durch eine dominante Kultur zu verhindern, die schließlich in einem Ethnozid enden würde.“

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Mai 2013: Munduruku solidarisieren sich mit anderen indigenen Gruppen und besetzen die Baustelle des Belo-Monte-Staudamms © Ocupacao Munduruku

In seiner Rede erläuterte Kaba die friedliche Strategie des Widerstandes der Munduruku gegen die geplanten Staudämme. Bereits 2013 beteiligten sich die Munduruku solidarisch an der Besetzung der Baustelle des umstrittenen Belo-Monte-Staudamms am Xingu Fluss. Dieser ist nun fast fertiggestellt und zeigt was die Munduruku zu erwarten haben, wenn die Baupläne am Tapajós Fluss umgesetzt werden sollten. Trockengelegte Flussabschnitte, überschwemmte Wald- und Ackerflächen, soziale Konflikte mit unkontrolliert zugewanderten Tagelöhnern. Im Schatten der riesigen Staumauer des Belo Monte Wasserkraftwerkes kämpfen die indigenen Gruppen am Xingu um ihr kulturelles Überleben. Eine Situation, welche die Munduruku vermeiden wollen.

„Wir sind nach Genf gekommen, um die Einhaltung der ILO 169 durch die brasilianische Regierung zu fordern. Eine Konvention, die von vielen Ländern respektiert wird, aber in Brasilien nie in die Praxis umgesetzt wurde“, so Kaba vor dem Menschenrechtsrat. „Wir fordern einen ehrlichen und transparenten Dialog über die geplanten Staudammprojekte, ohne Lügen und Betrug. Die Konsultationen sollten unser Entscheidungsrecht respektieren und unser Veto zu Projekten anerkennen, die negative Auswirkungen auf indigene Territorien und die Flusslandschaft haben.“

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Januar 2015: Munduruku in Brasília bei der Übergabe ihrer Forderungen nach Einhaltung der ILO 169 durch die brasilianische Regierung © Trilux/Wenderson Araujo

Bereits im Januar 2015 veröffentlichten die Munduruku ein Dokument, das die Regierung aufforderte, einen FPIC-Prozess nach ILO 169 Standards durchzuführen. Unterstützt wurden die Munduruku dabei durch den brasilianischen Staatsanwalt Felicio Pontes, der Kaba Munduruku auch nach Genf begleitet.

Auf einer Nebenveranstaltung des UN-Menschenrechtsrats, mit dem Titel „Dams and Indigenous Consultation: Concrete Proposals to Stem Rights Violations in the Brazilian Amazon“, kritisierte Pontes sowohl die mangelhafte Umsetzung des Konsultationsrechts als auch die Praxis der „Sicherheitssuspension“ (Suspensão de Segurança). Dieses Rechtsrelikt aus der Militärdiktatur erlaubt Oberrichtern in Brasilien auf Weisung der Regierung, gültige Gesetze im Interesse der nationalen Sicherheit aufzuheben. Das Suspensão de Segurança wird vor allem angewendet, um die Rechte indigener Gruppen einzuschränken und Wirtschaftsinteressen durchzusetzen.

„Die brasilianische Staatsanwaltschaft (MPF) kommt ihrer Pflicht zur Verteidigung der Rechte indigener Gruppen im Amazonas nach“, sagte Felicio Pontes in Genf. „Die Dutzenden von uns eingereichten Klagen zeigen jedoch, dass die brasilianische Regierung durch den bedenkenlosen Rückgriff auf ein Rechtsinstrument aus der Diktatur – dem Suspensão de Segurança – systematisch die Rechte der Indigenen verletzt.“

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Belo Monte rückt in Fokus der Korruptionsermittlungen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/belo-monte-rueckt-in-fokus-der-korruptionsermittlungen/ Wed, 24 Jun 2015 15:25:52 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=893 Laut Medienberichten, ermittelt die brasilianische Staatsanwaltschaft in dem aktuellen Korruptionsskandal nun auch gegen Eletrobras. Der brasilianische Staat hält die Mehrheit des Aktienkapitals am größte Energieunternehmen des Landes. Standen bisher vor allem der staatliche Mineralölkonzern Petrobras sowie die großen Bauunternehmen Odebrecht, Andrade Gutierrez und Camargo Corrêa im Fokus der Ermittler, scheint sich nun der Skandal auch auf den Energieriesen auszuweiten. Die Staatsanwaltschaft gab außerdem bekannt, dass im Zuge der Untersuchungen zu Eletrobras auch gegen ein Dutzend ausländischer Unternehmen wegen Korruption ermittelt würde. Vor allem bei von Eletrobras betriebenen und umstrittenen Großprojekten wie dem Atomkraftwerk Angra 3 und dem Mega-Staudammprojekt Belo Monte soll es zu systematischer Korruption gekommen sein. Es handelt sich dabei um ähnliche Bestechungsstrukturen wie sie auch bei Petrobras zu erkennen sind, sagte der leitende Staatsanwalt Carlos Fernando dos Santos Lima. Am Bau des Belo-Monte-Damms sind auch deutsche Unternehmen wie Voith, Siemens, Munich Re und die Allianz AG beteiligt.

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Belo-Monte Baustelle am Xingu-Fluss im brasilianischen Bundesstaat Pará. War das Projekt nur durch Korruption möglich? © Programa de Crescimiento

Der Skandal erschüttert das Land und die Regierung von Dilma Rousseff seit Dezember 2014, als der ehemalige Vorsitzende von Petrobras, Paulo Roberto Costa, vor dem brasilianischen Kongress aussagte, dass viele brasilianischen Wirtschaftssektoren von systematischer Korruption betroffen seien. „Es passiert überall in Brasilien, beim Bau von Straßen, Flughäfen, Häfen und Staudämmen. Sie müssen nur ermitteln“, so Costa. Ähnliches bestätigten die Chefs der großen Baufirmen Camargo  Corrêa und Andrade Gutierrez, die im Laufe der Ermittlungen festgenommen und verhört worden waren. Doch nicht nur mächtige Unternehmer sind in den Korruptionsskandal verwickelt, sondern auch 45 Politiker der beiden Regierungsparteien PT und PMBD werden verdächtigt, sich illegal bereichert zu haben.

„Wir haben von Anfang an vermutet, dass der Bau des Belo-Monte-Damms mit Korruption einherging und vor allem den wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Bau- und Zulieferfirmen diente und nicht, wie behauptet wurde, der Energieversorgung der lokalen Bevölkerung“, sagt Christian Russau. Der Brasilienexperte hatte im Auftrag von INFOE/GegenStrömung eine Studie zur Beteiligung europäischer Unternehmen am Belo-Monte-Staudamm verfasst. Das Belo-Monte-Projekt wird wegen seiner sozialen und ökologischen Auswirkungen von der lokalen Bevölkerung und Nichtregierungsgruppen kritisiert. Für den Staudamm müssen zw. 20.000 und 40.000 Menschen umgesiedelt werden, indigene Gruppen und Fischer verlieren ihre Lebensgrundlagen. Gegen das Belo-Monte Betreiberkonsortium Norte Energie, an dem Eletrobras den größten Anteil hält, laufen derzeit 25 Klagen wegen Verstößen gegen nationales und internationales Recht.

Zu den ausländischen Firmen gegen die wegen Korruption in Verbindung mit Eletrobras ermittelt wird, gehören derzeit der südkoreanische Konzern Samsung, die schwedische Baufirma Skanska AB, die dänische Unternehmensgruppe Maersk und der britische Motorenhersteller Rolls-Royce Holdings.

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Versteigerung der Tapajós-Baurechte verschoben https://www.gegenstroemung.org/web/blog/versteigerung-der-tapajos-baurechte-verschoben/ Wed, 17 Jun 2015 10:43:43 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=962 Die Versteigerung der Baurechte für den 8-GW-Staudamm São Luiz do Tapajós am gleichnamigen Fluss musste erneut verschoben werden. Ein Bundesgericht hat am Montag entschieden, dass die Versteigerung erst nach der freien, vorherigen und informierten Konsultation der betroffenen indigenen Gruppen erfolgen dürfe. Das Recht der Indigenen auf Konsultation ist im internationalen Übereinkommen ILO 169 und im Artikel 231 der brasilianischen Verfassung festgeschrieben. Der vorsitzende Richter Ilan Presser erklärte„es kann nicht ignoriert werden, dass die ILO 169 und Artikel 231 der brasilianischen Verfassung, dass Recht der Konsultation stärken, um eine kulturelle Vielfalt zu garantieren und um eine koloniale Assimilierung durch eine dominante Kultur zu verhindern, die schließlich in einem Ethnozid enden würde.“ Durch das Urteil ist es unwahrscheinlich, dass eine Versteigerung noch im Jahr 2015 stattfinden wird.
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Mai 2013: Die Munduruku besetzen die Baustelle des Belo-Monte-Staudamms. Sie solidarisieren sich mit den betroffenen indigenen Gruppen am Fluss Xingu und demonstrieren gegen Staudammpläne am Tapajós-Fluss. © Ocupacao Munduruku

Das aktuelle Urteil bestätigt die vorherigen Urteile anderer Instanzen, die bereits festgelegt hatten, dass eine Versteigerung der Baurechte für den Staudammkomplex am Tapajós nur unter Einhaltung der ILO 169 und des § 231 der Landesverfassung umgesetzt werden dürfe.

Der Behauptung der Regierung,
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Die Allianz AG belässt es bei leeren Worten https://www.gegenstroemung.org/web/blog/die-allianz-ag-belaesst-es-bei-leeren-worten/ Thu, 07 May 2015 12:32:33 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=870 Die Allianz muss ihren Worten von Nachhaltigkeit auch endlich Taten folgen lassen“, forderte David Vollrath von GegenStrömung vom Vorstand der Allianz AG auf der Hauptversammlung (HV) des Versicherungskonzerns in München am 6. Mai 2015. Der Projektkoordinator von GegenStrömung bezieht sich in seiner Forderung an die Allianz auf das menschenrechtlich und ökologisch problematische Engagement des Versicherungskonzerns bei den Wasserkraftwerken Belo Monte in Brasilien und Hidrosogamoso in Kolumbien. Bei beiden Projekten versichert die Allianz die Bauphase und erwägt nun scheinbar eine Versicherung der Betriebsphase – trotz erheblicher Proteste der lokalen Bevölkerung und fortdauernder Kritik von Menschenrechtsorganisationen.

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David Vollrath auf der Allianz HV in München, 6. Mai 2015

In seiner Rede zitierte David Vollrath den austro-brasilianischen Bischof Erwin Kräutler, der in einem Brief an GegenStrömung schrieb: „Das Wahsinnsprojekt Belo Monte wird vor meiner Haustür gebaut (…) und ich weiß wovon ich rede, wenn ich erkläre, Belo Monte hat nichts mit „sauberer Energie“ zu tun“, so der Bischof der größten brasilianischen Diozöse Xingu. Von dem Projekt sind bis zu 40.000 Menschen betroffen. Die Umsiedlungen von 9000 Familien, darunter 600 indigene Familien, laufen chaotisch und die brasilianische Staatsanwaltschaft musste im April 2015 ein Notfallteam einrichten, das innerhalb einer Woche mehr als 1000 Beschwerden der Bevölkerung wegen Regelverstößen des Betreiberkonsortiums Norte Energia registrierte. Zudem wird gegen sechs der zehn Firmen, die das Belo-Monte-Baukonsortium bilden, aktuell wegen der Verstrickung in einen der größen Korruptionsskandale ermittelt. Aussagen bei der Staatsanwaltschaft von führenden Managern der Baufirmen legen nahe, dass der Bau des Staudamms mit systematischer Korruption einherging. Obwohl diese Informationen der Allianz bekannt sind, stellte sie in einer Stellungnahme zu den Gegenreden auf der HV lapidar fest, dass „diesen Beeinträchtigungen“ ein „erheblicher und dauerhafter Nutzen“ gegenüber stehe. Diese Meinung besitzt die Allianz exklusiv, da eigene Recherchen von GegenStrömung, aber auch neue Studien von der Oxford University und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei das Gegenteil belegen: große Staudammprojekte – vor allem in sensiblen Regionen wie dem Amazonasgebiet – sind nicht nur ökologisch und sozial unverträglich, sondern machen auch wirtschaftlich keinen Sinn. Solche Projekte nutzen Wenigen und schaden Vielen, so das Fazit der Wissenschaftler/innen.

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Protest von GegenStrömung und Pro Regenwald e.V. vor der Allianz HV in München, am 6. Mai 2015.

Mit der Versicherung für die Bauphase des Hidrosogamoso-Damms in Kolumbien unterstützt die Allianz ein weiteres Projekt unter dem vor allem die lokale Bevölkerung zu leiden hat. Von den im Umweltgutachten erwähnten 30.000 betroffenen Menschen wurden bisher lediglich 289 Familien für den Verlust ihrer Häuser und Lebensgrundlagen entschädigt. Hunderte Fischerfamilien die unterhalb der Staumauer am Fluss Sogamoso leben, sind nicht einmal als betroffen anerkannt, obwohl die Wasserquantität und -qualität dort erheblich abgenommen hat und Fischfang als wirtschaftliche Grundlage nicht mehr möglich ist. Bisher sind sechs Wortführer des Widerstandes gegen den Hidrosogamoso ermordet wurden, elf weitere gelten als vermisst. Dass das größte Wasserkraftwerk Kolumbiens kein sauberes Energieprojekt ist, stellten sogar die kolumbianischen Umweltbehörden fest, die dem Hidrosogamoso-Damm eine Zertifizierung als CDM-Projekt verweigerten, weil dessen negative soziale und ökologische Folgen zu gravierend seien. Trotz dieser katastrophalen Auswirkungen von großen Staudammprojekten hält die Allianz an seiner Konzernpolitik fest und hat allein im Jahr 2014 Versicherungen für 89 neue Staudammprojekte genehmigt, wie der Vorstand auf der HV bestätigte.

Dass bei der Allianz Rendite scheinbar vor Menschenrechten und Umweltschutz geht, verdeutlichte eine Szene bei der HV. Nachdem die Vertreter/innen des Dachverbandes der Kritischen Aktionäre, von urgewald e.V. und GegenStrömung ihre Reden gehalten hatten, in denen sie von der Allianz mehr Engagement beim Menschenrechts- und Umweltschutz einforderten und dies von den anwesenden 6000 Aktionär/innen mit Applaus honoriert wurde, ermahnte der scheidende Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann die Aktionär/innen. Diejenigen die applaudieren, müssten sich bewusst sein, dass eine nachhaltige Unternehmenspolitik nicht umsonst zu haben sei und Kosten verursache, so Diekmann. Ein klarer Hinweis an die Aktionär/innen, dass verantwortliches Unternehmenshandeln angeblich nur mit Renditeverlusten zu machen sei und dies die Anleger/innen teuer zu stehen käme. Dass eine klima- und umweltschädliche Konzernpolitik, die Menschenrechtsverletzungen billigend in Kauf nimmt, langfristig mehr Schaden anrichtet, als ein rechtzeitiges Umsteuern zu einem tatsächlich nachhaltigen Unternehmenshandels, schien Diekmann nicht in den Sinn zu kommen.

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Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionäre auf der Allianz HV in München, 6. Mai 2015.

Die Widersprüche der Konzernpolitik in Sachen Nachhaltigkeit brachte der Vertreter des Dachverbands der kritischen Aktionäre, Christian Russau, in seiner Rede auf dem Punkt: Hierzulande, wo man ja selbst die schönen Flüsse und Seen genießen will, da setzt sich die Allianz-Stiftung für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, da hilft die Allianz kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

Auf die Frage, ob der Vorstand glaube, dass die Allianz-Stiftung dem eigenen Konzern ihren Umweltpreis verleihen würde, antworte Diekmann: „Nein, ich glaube eher nicht.“ In Bezug auf die eigene Nachhaltigkeitsagenda war das einer der wenigen glaubhaften Einschätzungen der Allianz an diesem Tag. 

Weitere Links:

Pressemitteilung zur Allianz HV: Problemkind immer noch kein Musterknabe

Rede von Katrin Ganswindt von urgeald e.V. zur Kohlepolitik der Allianz AG

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PM: Allianz: Problemkind ist noch immer kein Musterknabe https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/#comments Tue, 05 May 2015 11:16:57 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=868 urgewald *** Dachverband der Kritischen Aktionäre *** GegenStrömung *** pax christi

Nahost-Kommission *** Pro Regenwald

Allianz: Problemkind ist noch immer kein Musterknabe

  • Hausaufgaben beim Klimaschutz nicht gemacht

  • Absicherung hoch problematischer Großprojekte

  • Keine klaren Ausschlusskriterien beim Thema Rüstung


(Berlin/Köln/München, 04.05.2015) Auf der Hauptversammlung des Allianz-Konzerns am kommenden Mittwoch verabschiedet sich Vorstandschef Michael Diekmann nach zehn Jahren Amtszeit. Die Bilanz fällt aus Sicht von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen gemischt aus: „Herr Diekmann hat in den letzten Jahren seiner Amtszeit den Startschuss für den Aufbau eines konzernweiten Nachhaltigkeitsmanagements gegeben: Mittlerweile gibt es eine Nachhaltigkeitsabteilung und ein -Komitee, das von Vorstandsmitgliedern geleitet wird, sowie ein Prüfprozedere für heikle Branchen. Doch leider scheut die Allianz jetzt vor weiteren konkreten Schritten zurück: klare Umwelt- und Menschenrechtsstandards sowie eine Nachhaltigkeitsstrategie mit veröffentlichten Ausschlusskriterien für besonders problematische Branchen oder Kunden, um die schwarzen Schafe auszuschließen“, bilanziert Barbara Happe von der Umweltorganisation urgewald.

Denn, obwohl sich die Allianz als Versicherer das Thema Klimaschutz ganz groß auf die Fahnen schreibt, gehört der Konzern weiterhin zu den großen Kohleinvestoren der Welt. In großem Maße legt der Konzern darüber hinaus sein Geld bei Öl- und Gaskonzernen wie Shell, Gazprom oder Chevron an. Sie gehören zu den größten „Carbon Majors“ – Unternehmen, die weltweit für die höchsten CO2-Emissionen durch die Förderung fossiler Brennstoffe verantwortlich sind. „Wenn die Allianz es mit ihrem Motto „Zukunft sichern“ ernst meint, reicht es nicht aus, auf die Förderung Erneuerbarer Energien zu setzen. Im Klimajahr 20151 sollte sie klare Ausschlusskriterien formulieren und damit ein Zeichen gegen das fossile ‚business as usual‘ setzen“, fordert Katrin Ganswindt von urgewald. Andere Finanzinstitute sind hier bereits einige Schritte voraus. Mehrere skandinavische Versicherer wie z.B. Storebrand oder KLP haben sich bewusst von Vermögenswerten fossiler Unternehmen getrennt.

In der Kritik steht der Konzern ferner für die Versicherung von großen Infrastrukturprojekten wie z.B. dem Belo-Monte-Staudamm in Brasilien. Ende 2011 hatte die Allianz fünf Prozent der Versicherungssumme für die Baukosten des Staudamms zur Verfügung gestellt. Aktuell läuft im brasilianischen Altamira der Countdown zur Flutung des Stausees für das Kraftwerk. Unter chaotischen Bedingungen versucht das Betreiberkonsortium Norte Energia die betroffenen 9.000 Familien, darunter 600 indigene Familien, schnellstmöglich umzusiedeln. Entschädigungen wurden gar nicht oder nur zum Teil ausgezahlt, Konsultationen mit der Bevölkerung vor Ort nach den Regeln der ILO-Konvention 169 haben nicht stattgefunden. Die Staatsanwaltschaft musste inzwischen eingeschaltet und ein Notfallteam in die Region entsandt werden, um die Rechte der Betroffenen zu garantieren. Über 1.000 Beschwerden wegen Regelverstößen sind dabei in den letzten Wochen registriert worden. „Die Allianz verteidigt ihr Engagement trotzdem weiter damit, dass den erheblichen Eingriffen dauerhafter Nutzen gegenüber stehe. Wie zynisch muss das in den Ohren der Betroffenen klingen“, kritisiert David Vollrath von GegenStrömung. Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wirft der Allianz Doppelmoral vor: „Hierzulande, wo man ja selbst die schönen Flüsse und Seen genießen will, da setzt sich die Allianz-Stiftung für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, da hilft die Allianz kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

Auch beim Thema Rüstung steht der Konzern in der Kritik. Für Besorgnis sorgen Aktien, die Allianz für Dritte am israelischen Sicherheitskonzern Elbit Systems hält. Elbit hat Sicherheitstechnologie für die Mauer im von Israel besetzten Westjordanland geliefert. Laut einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag verstößt die Mauer gegen internationales Recht. Mehr als 20 große Finanzinstitute und Pensionsfonds haben deswegen in den letzten Jahren sämtliche Beteiligungen an Elbit beendet. „Es ist ein Skandal, dass die Allianz im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung weiterhin bereit ist, das Geld ihrer Kunden in Unternehmen anzulegen, die internationales Völkerrecht verletzen. Anscheinend geht bei der Allianz Profit immer noch vor Menschenrechtsschutz“, erklärt Manfred Budzinski von der Nahost-Kommission bei pax christi.

Beim Thema Nachhaltigkeit sind andere Finanzdienstleister weiter als die Allianz. Wenn sich der Konzern wirklich vom Problemkind zum Musterknaben entwickeln will, dann muss er jetzt Pflöcke einschlagen und vollmundigen Bekenntnissen konkrete Taten folgen lassen“, resümiert Happe.

Kontakte und weitere Informationen:

Barbara Happe, urgewald e.V., 0172/6814474, barbara@urgewald.org

Katrin Ganswindt, urgewald e.V., 0176/32411130, katrin@urgewald.org

Christian Russau, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre,

0171/2095585, christian.russau@FDCL.org

David Vollrath, GegenStrömung, 0152/54183289, david.vollrath@gegenstroemung.org

Studie: Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne (GegenStrömung, infoe), Link:

http://www.gegenstroemung.org/web/wp-content/uploads/2014/07/GegenStrömung_Belo-Monte-und-Europ-Konzerne_2014.pdf

1 Damit der diesjährige UN-Klimagipfel im November in Paris die ersehnte Wende in den Klimaverhandlungen bringen kann, wurde das Klimajahr 2015 ausgerufen. Damit wollen Zivilgesellschaft und Teile der Wirtschaft die Anstrengungen der Politik unterstützen.

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https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/feed/ 1
„Munich Re muss Verantwortung zeigen“ – Gegenreden auf der Aktionärsversammlung der Munich Re https://www.gegenstroemung.org/web/blog/munich-re-muss-verantwortung-zeigen-gegenreden-auf-der-aktionaersversammlung-der-munich-re/ Sun, 26 Apr 2015 14:42:21 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=840 In der Münchener Messe versammelten sich am Donnerstag, den 23. April 2015 AktionärInnen zur Hauptversammlung der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG, kurz Munich Re. Auch in diesem Jahr hatten GegenStrömung sowie der Dachverband der Kritischen Aktionäre und urgewald e.V. Gegenreden vorbereitet, um den AktionärInnen von Munich Re zu verdeutlichen, dass die Nachhaltigkeitsagenda des weltweit größten Rückversicherers bisher nicht viel mehr als leere Worte beinhaltet.

So erklärte der Vorstandsvorsitzende der Munich Re, Nikolaus von Bomhard, in seiner Auftaktrede den ca. 4000 anwesenden AktionärInnen, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel von „herausragender Bedeutung“ seien. Nur ein paar Sätze später bilanzierte Bomhard dann stolz , dass sein Unternehmen in den letzten fünf Jahren „hohe zweistellige Millionenbeträge“ in die klimaschädliche Kohleindustrie investiert habe. Barbara Happe von urgewald e.V. konstatierte in ihrer Rede folgerichtig:  „Wer glaubwürdig und nachhaltig sein will, muss bereit sein, klar und deutlich zu sagen, was mit ihm geht und was nicht. Ein paar grüne Tupfer und ansonsten „business as usual“ – das genügt nicht.“

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Verena Glass (mit Christian Russau) hält ihre Rede auf der Munich Re Hauptversammlung.

Für die Hauptversammlung war auch Verena Glass aus Brasilien angereist. Die Vertreterin der Basisbewegung Xingu vivo para sempre berichtete in ihrer Rede von den aktuellen Ereignissen im brasilianischen Altamira. Dort wird der Mega-Staudamm Belo Monte gebaut, mit verheerenden sozialen und ökologischen Folgen: „Das alles ist so schlimm, dass vom Pflichtverteidiger des Bundes (von der Defensoria Pública da União) eine Notfallgruppe von Anwälten nach Altamira entsandt wurde. Diese Notfallgruppe von Anwälten sah sich binnen kürzester Zeit mehr als 1.000 Einzelklagen der ärmsten Bevölkerungsschicht vor Ort gegenüber“, schilderte Verena Glass. Munich Re hat 25 Prozent der Rückversicherungssumme von Belo Monte übernommen und erhält dafür 15,5 Millionen Euro Prämie. Obwohl es seit Beginn des Projektes schwere Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltgesetze gibt, wegen denen Munich Re auch 2012 aus dem Nachhaltigkeitsindex GCX entfernt wurde, bestreitet der Konzern-vorstand nach wie vor die negativen Folgen von Belo Monte. Überhaupt zeigen sich die Verantwortlichen bei Munich Re erstaunlich ahnungslos. Als Verena Glass den aktuellen und größten Korruptionsskandal in Brasilien seit Jahrzehnten anspricht, der weltweit durch die Medien geht und an dem auch Baufirmen beteiligt sind, die den Belo-Monte-Staudamm bauen, erklärte der Vorstand, dass er von dem Skandal erst durch die anwesenden NGOs GegenStrömung und urgewald erfahren hätte. Auf die Frage von Verena Glass, ob die Munich Re aus Fehlern lernen und zukünftig auf die Beteiligung an menschenrechtlich und ökologisch problematischen Staudammprojekten im Amazonasgebiet verzichten wird, erklärte Bomhard lapidar, dass er dafür keine Notwendigkeit sehe.

Während sich die Munich Re in München für die Renaturierung der Isar einsetzt, beteiligt sich der Konzern mit der Rückversicherung von großen Staudammprojekten in Amazonien an der Zerstörung der Umwelt. Neben Belo Monte ist die Munich Re auch an den Staudämmen Teles Pires und Santo Antonio im brasilianischen Amazonas beteiligt. Auch beiden beiden Projekten kam es zur Verletzung von Menschen- und Umweltrechten. Die Doppelmoral der Nachhaltigkeitsagenda von Munich Re brachte Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionäre in seiner Rede auf den Punkt. „Angesichts des Engagements der Munich RE bei Staudämmen und Flusszerstörung in Brasilien, fragt man sich doch: Stecken da nur Profitstreben und Ignoranz gepaart mit Unwissenheit dahinter? In München, wo man ja selbst die schöne Isar genießen will, da setzt man sich für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, ja, das ist weit weg, da helfen wir kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

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Bischof Erwin Kräutler setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte indigener Gruppen in Brasilien ein. (Foto: Verena Glass)

Die letzte Rede hielt David Vollrath von GegenStrömung. Er las stellvertretend einen Brief von Bischof Erwin Kräuter vor, den dieser anlässlich der Munich Re Hauptversammlung geschickt hatte. Kräutler ist Bischof der größten brasilianischen Diözese Xingu, der Region in der der Belo-Monte-Staudamm gebaut wird. Er setzt sich seit Jahren für die Rechte der indigenen Bevölkerung ein. „Mit dem Bau von Belo Monte hat die brasilianische Regierung die Bundesverfassung verletzt und gegen internationale Abkommen verstoßen. Sie hat die volle Verantwortung für den kulturellen und sogar physischen Tod dieser Völker zu tragen“, lässt sich Bischof Kräuter zitieren und schließt seine Rede mit warnenden Worten: „Jede Firma, die sich an Belo Monte beteiligt, zeichnet sich mitverantwortlich für diese Menschenrechts- und Umweltkatastrophe.“

Weitere Links:

Das Belo-Monte-Dossier: Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne

Pressemitteilung zur Hauptversammlung der Munich Re

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PM: Nachhaltigkeit ganz klein geschrieben – Aussitzen statt Einmischen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-nachhaltigkeit-ganz-klein-geschrieben-aussitzen-statt-einmischen/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-nachhaltigkeit-ganz-klein-geschrieben-aussitzen-statt-einmischen/#comments Thu, 23 Apr 2015 14:52:32 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=842 Munich RE: Nachhaltigkeit ganz klein geschrieben – Aussitzen statt Einmischen

  • (Zwangs-)Umsiedlungen beim Großstaudamm Belo Monte; fundamentale Rechte von Betroffenen werden missachtet

  • Nationaler Korruptionsskandal greift auf Belo Monte über

  • Bischof klagt über „Umwelt- und Menschenrechtskatastrophe“

São Paulo/München/Köln/Berlin, 21. April 2015 Anlässlich der Hauptversammlung der Munich RE am kommenden Donnerstag in München kritisieren Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen die Rückversicherung verschiedener Großstaudammprojekte durch die Munich RE, darunter Belo Monte in Brasilien, sowie für sportliche Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft und Olympia.

Im brasilianischen Altamira läuft aktuell der Count-Down zur Flutung des Stausees für das Kraftwerk Belo Monte. Unter chaotischen Bedingungen und mit fragwürdigen Mitteln versucht das Betreiberkonsortium Norte Energia die betroffenen 9.000 Familien, darunter 600 indigene Familien, schnellstmöglich umzusiedeln. Die Staatsanwaltschaft musste inzwischen eingeschaltet und ein Notfallteam in die Region entsandt werden, um die Rechte der Betroffenen auf Entschädigung und/oder Umsiedlung zu garantieren. Über 1.000 Beschwerden wegen Regelverstößen sind dabei in den letzten Wochen registriert worden.

Der katholische Bischof der Diözese Altamira und Träger des „Alternativen Nobelpreises“, Erwin Kräutler, informiert die Munich RE in einem Brief, der auf der Hauptversammlung verlesen wird, über die Situation vor Ort. „Ich bin Bischof am Xingu-Fluss im brasilianischen Amazonas und das Wahnsinnsprojekt Belo Monte wird vor meiner Haustüre gebaut. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich erkläre, dass (…) Belo Monte nichts mit ’sauberer‘ Energie zu tun hat“, so der aus Österreich stammende Bischof. An die 40.000 Menschen verlören in Altamira und Umgebung Haus und Hof und die meisten wüssten nicht einmal, wohin sie dann gehen sollen. „In den Monaten Februar und März dieses Jahres begann nun die Zerstörung der Häuser in der Region, die geflutet werden soll“, so Bischof Kräutler. Zahlreiche von Fischern und Indigenen bewohnte Inseln und Uferlandschaften würden abgeholzt und die Leute abtransportiert. Sie bevölkern heute die Straßen von Altamira. „Jede Firma, die sich an Belo Monte beteiligt, zeichnet sich mitverantwortlich für diese Menschenrechts- und Umweltkatastrophe“, mahnt Erwin Kräutler. Die Munich RE hat 2011 25% der Rückversicherungssumme für den Bau des Staudamms übernommen.

Verena Glass von der Widerstandsbewegung Xingu Vivo para Sempre ist extra aus Brasilien angereist, um über die aktuelle Situation vor Ort zu berichten. Gegen sechs der zehn Firmen, die das Belo-Monte-Baukonsortium bilden, wird aktuell wegen der Verstrickung in einen landesweiten Korruptionsskandal ermittelt. Dabei geht es um Geldwäsche, Untreue, Kartellbildung und Korruption in Milliardenhöhe. Mittlerweile hat sich der Skandal auch auf das Staudammprojekt ausgeweitet. Neuesten Ermittlungen zufolge wurden Schmiergelder in Höhe von mindestens 30 Mio. Euro an Regierungsparteien gezahlt, um an die lukrativen Bauaufträge für Belo Monte zu gelangen. „Doch das kümmert die Munich RE anscheinend nicht – der Konzern vertraut weiter darauf, dass die Firmen bei Belo Monte schon alles richtig machen. Das ist ein Skandal. Die Munich RE darf sich nicht länger hinter dem Argument verstecken, dass jedes Einmischen und jede Kontaktaufnahme mit staatlichen Behörden oder Betroffenen über das Vertragsverhältnis hinausgehen. Kein Aktionär will Dividende auf Kosten von Menschenrechten in Brasilien“, fordert Verena Glass.

Umweltorganisationen wie GegenStrömung und urgewald hatten bereits in den beiden vergangenen Jahren den Vorstand der Munich RE auf die Menschenrechtsverletzungen beim Staudammbau Belo Monte hingewiesen. „Obwohl Vorstandschef Dr. Nikolaus von Bomhard schon vor zwei Jahren eingeräumt hat, dass dieses Projekt auch zahlreiche Risiken in sich birgt, scheint der Konzern die Probleme jetzt einfach aussitzen zu wollen“, kritisiert David Vollrath von GegenStrömung.

Belo Monte ist dabei nicht der einzige Großstaudamm, den die Munich RE in den letzten Jahren in Brasilien rückversichert hat. Auch bei anderen Staudämmen in Brasilien wie Teles Pires oder Santo Antonio kam es wiederholt zu Baustopps, zuletzt im November 2014, weil betroffene indigene Gemeinschaften auch hier nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, angemessen konsultiert und Umweltauflagen nicht angemessen umgesetzt worden sind. „Dies zeigt, dass es sich bei Belo Monte nicht um einen bedauerlichen Einzelfall handelt, sondern dass die Prüfverfahren der Munich RE in Sachen Umwelt- und Menschenrechtsschutz noch immer ein Armutszeugnis sind. Im Spannungsfeld zwischen Ertragsorientierung und ökologisch-sozialer Nachhaltigkeit zieht letztere immer noch den Kürzeren“, resümiert Barbara Happe von urgewald.

Die Munich RE steht zudem wegen der Rückversicherung sportlicher Großereignisse wie der Fußballweltmeisterschaft und Olympia in der Kritik. Christian Russau von den Kritischen Aktionären wirft dem Konzern vor, sich zu sehr mit FIFA und IOC zu verbandeln. „Die Münchener Rück hat die WM in Brasilien mit gut einer halben Milliarde Euro rückversichert und sich nie für das Schicksal der brasilienweit bis zu 250.000 Menschen interessiert, die wegen WM und Olympia von Zwangsräumung bedroht sind oder bereits geräumt wurden“, so Russau. „Allein die Presseberichte zu den bei WM-Bauten in Katar zu Tode gekommenen Bauarbeitern sollten die Munich RE doch endlich wachrütteln und sie sollte ihre Geschäftsbeziehungen zur FIFA aufkündigen.“

Gegenanträge: www.kritischeaktionaere.de

Kontakt und weitere Informationen:

– Verena Glass (Xingu Vivo para Sempre), ab 21.4.2015 mobil erreichbar über Christian Russau: 0171 – 209 5585, christian.russau@FDCL.org

– Barbara Happe (urgewald), mobil: 0172 – 681 4474, barbara@urgewald.de

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https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-nachhaltigkeit-ganz-klein-geschrieben-aussitzen-statt-einmischen/feed/ 1
Siemens-Familienmitglied kritisiert Beteiligung des Unternehmens an Belo Monte https://www.gegenstroemung.org/web/blog/belo-monte-carl-von-siemens-veroeffentlicht-kritische-reportage/ Tue, 10 Feb 2015 16:25:37 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=742 Bildschirmfoto 2015-01-27 um 12.22.59
Proteste bei der Siemens HV, 27. Januar 2015

Am 27. Januar 2015 sprach GegenStrömung erneut bei der Hauptversammlung (HV) der Siemens AG in München und kritisierte vor 8000 Aktionären/-innen die Beteiligung des Konzerns am umstrittenen Belo-Monte-Wasserkraftwerk in Brasilien. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser, verwehrte sich erneut gegen eine menschenrechtliche Kritik an Siemens im Zusammenhang mit dem Belo-Monte-Projekt.

Dabei veröffentlichte kurz vor der HV ein Mitglied der Siemensfamilie, Carl von Siemens, eine kritische Reportage mit dem Titel „Stau im Amazonas“ in der Schweizer Zeitschrift Das Magazin, einer Wochenendbeilage von vier Tageszeitungen der deutschsprachigen Schweiz. Der Autor reiste zur Baustelle des Belo-Monte-Komplexes und betrachtete die sozialen und ökologischen Auswirkungen vor Ort. In seinem Artikel benennt Carl von Siemens die Mitverantwortung der Siemens AG an den verheerenden Folgen des Staudammbaus:

„Doch da Voith Hydro, Alstrom, Andritz oder Siemens den Staudamm haben Wirklichkeit werden lassen, mit all seinen Folgen, sind sie Teil des Problems und nicht Teil seiner Lösung.“  

Die Siemens AG kann die eigene Verantwortung gegenüber den Menschen am Fluss Xingu nicht mehr leugnen. Auch GegenStrömung thematisierte auf der HV die nationalen und internationalen Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Bau des Belo-Monte-Staudamms und schloss mit dem Fazit des brasilianischen Staatsanwalts Felicia Pontes: „Belo-Monte ist ein illegales Projekt!“ In einem Dossier an den Siemensvorstand erläuterte GegenStrömung ausführlich die zahlreichen Rechtsverstöße beim Bau des Staudamms.

GegenStrömung forderte die Siemens AG erneut auf, die Menschenrechtsverletzungen beim Bau des Belo-Monte-Damms durch unabhängige Stellen untersuchen zu lassen, die betroffene Bevölkerung zu entschädigen sowie seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gerecht zu werden und aus dem Projekt auszusteigen sowie keine weiteren Staudammprojekte in Amazonien zu beliefern.

Klicken Sie hier, um den kompletten Artikel „Stau im Amazonas“ von Carl von Siemens zu lesen.

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Siemens: Profite vor Menschenrechten – Proteste und Gegenreden auf der Siemens Hauptversammlung 2015 https://www.gegenstroemung.org/web/blog/siemens-profite-vor-menschenrechten-proteste-und-gegenreden-auf-der-siemens-hauptversammlung-2015/ Tue, 27 Jan 2015 13:11:41 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=721 Siemens: Profite vor Menschenrechten

Deutscher Technologiekonzern wird auf seiner Jahreshauptversammlung mit Menschenrechtsverletzungen in Lateinamerika konfrontiert

Gemeinsame Presseerklärung

München, Deutschland – Dutzende Aktivist/-innen und Menschenrechtler/-innen einer Koalition deutscher und internationaler Organisationen fanden sich heute vor der Olympiahalle in München bei der Hauptversammlung der Aktionär/-innen von Siemens ein, um gegen die Verwicklung des Unternehmens in Menschenrechtsverletzungen in Brasilien, Honduras und Mexiko zu protestieren. Anhand zahlreicher Beispiele kritisieren Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die Mitverantwortung von Siemens an Menschenrechtsvergehen bei umstrittenen Projekten, die der deutsche Technikkonzern beliefert, obwohl sie erwiesenermaßen gegen zahlreiche internationale Rechtsstandards verstoßen und in deren Umfeld Aktivist/-innen bedroht und ermordet wurden.

Einer der streitbarsten Gegenanträge auf der Hauptversammlung war die Rede über Siemens Beteiligung am umstrittenen Mega-Staudamm-Projekt Belo Monte, das derzeit im brasilianischen Regenwald gebaut wird. In der Rede wurde der Belo-Monte-Damm als ein „illegales Projekt“ bezeichnet. Die Lieferung von Turbinen durch Siemens‘ Joint Venture VOITH HYDRO an den Projektbetreiber Norte Energia verstößt gegen nationales und internationales Recht sowie gegen Siemens‘ eigene Menschenrechtspolitik und Nachhaltigkeitsagenda, so das Fazit der Rede.

Nachdem der Vorstandsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser, bereits bei der letzten Hauptversammlung 2014 mit den zahlreichen Menschenrechtsvergehen im Zusammenhang mit dem Belo-Monte-Damm und eines weiteren von Siemens belieferten Staudammprojekts in Honduras, Agua Zarca, konfrontiert wurde, fragte er nach schriftlichen Beweisen zu den Vorwürfen. Diese erhielt Joe Kaeser im Vorlauf der heutigen Hauptversammlung. Die von den NGOs Amazon Watch, International Rivers, Honduras Delegation und GegenStrömung vorbereiteten Dossiers über die vielen Rechtsbrüche in Verbindung mit dem Belo-Monte- und Agua-Zarca-Damm verdeutlichen, dass Siemens in zwei der menschenrechtlich weltweit umstrittensten Projekte involviert ist.

„Die Beteiligung von Siemens an den Dämmen in Brasilien und Honduras zeigt, dass der Siemens-Vorstand mit seiner Geschäftspolitik gegen zahlreiche internationale Rechtsstandards wie die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte, die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die Empfehlungen der Weltstaudammkommission sowie gegen seine eigenen Nachhaltigkeits-richtlinien verstößt“, so David Vollrath von GegenStrömung.

In den Dossiers zu den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen bei den Staudammbauten, die vor dem Eingang der Olympiahalle an die Aktionär/-innen verteilt wurden, fordern die NGOs weitreichende Reformen der Geschäftspolitik von Siemens. Unter anderem soll sich das Unternehmen dazu verpflichten, „Projekte aus seinem Geschäftsportfolio auszuschließen, die im Zusammenhang mit Menschenrechtsvergehen stehen“ und gegen internationale Standards verstoßen, wie zum Beispiel das Recht auf vorherige Konsultation der lokalen Bevölkerung, das Recht auf Land, kulturelle Integrität, Nahrung und Gesundheit sowie das Recht auf einen ordentlichen Gerichtsprozess.

Der Siemens-Vorstand vertritt die abwegige Position, dass Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den internationalen Unternehmenshandlungen nicht sein Problem seien“, kritisiert Christian Poirier von Amazon Watch. „Das Gegenteil trifft aber zu: Unternehmen, die an menschenrechtlich zweifelhaften Projekten beteiligt sind, können sich nicht aus der Verantwortung stehlen und sind verpflichtet, internationale Rechtsstandards einzuhalten.“

Neben der Beteiligung von Siemens an den umstrittenen Staudammprojekten in Brasilien und Honduras wird in den Gegenanträgen der NGOs auch die Mitwirkung des Unternehmens an Windkraftprojekten in Südmexiko kritisiert. Mehrere große Windparks in der Region wurden gewaltsam gegen den erklärten Willen der lokalen Bevölkerung durchgesetzt. Hinter den Projekten stehen korrupte Strukturen, die nicht vor der Einschüchterung von Kritiker/-innen zurückschrecken und die sozialen Strukturen vor Ort zerstören, so der Wortlaut des Antrags.

Europäische Aktionär/-innen sind sich oft nicht bewusst, welche Menschenrechtsverletzungen ihre Investitionen in anderen Weltregionen verursachen“, erklärt Andrea Lammers vom Öku-Büro in München. „Ethisch bewusste Aktionär/-innen sollten ihre Unternehmen verantwortlich machen für eine Geschäftspolitik, die derartig umstrittene Projekte unterstützt, und für einen Vorstand, der aus reinem Profitinteresse seine Augen vor solchen Rechtsbrüchen verschließt.“

Mehr Informationen zu den genannten Themen finden Sie jeweils auf Deutsch und Englisch unter folgenden Links:

Gegenanträge zur Hauptversammlung der Siemens AG am 27. Januar 2015

Die Rede von GegenStrömung auf der Hauptversammlung von Siemens AG am 27. Januar 2015

Das Belo Monte Menschenrechtsdossier auf Deutsch und Englisch

Studie von GegenStrömung:  “Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne”

Das Agua Zarca Menschenrechtsdossier auf Deutsch und Englisch

Kontakte für Journalisten:

David Vollrath (GegenStrömung): 0152-54183289, david.vollrath@gegenstroemung.org

Christian Russau (Kritische Aktionäre): 030-6934029, christian.russau@gegenstroemung.org

Christian Poirier (Amazon Watch): christian@amazonwatch.org

Andrea Lammers (HondurasDelegation, Öku-Büro München): 0176-26036292, elsal@oeku-buero.de

Daniel Tapia Montejo (Öku-Büro): 0176-32692946, mex@oeku-buero.de

Brent Millikan (International Rivers): +55 (61)-8153-7009, brent@internationalrivers.org

Bilder der Protestaktion

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Globaler Staudammboom: Neue Ausstellung von GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web/blog/globaler-staudammboom-neue-ausstellung-von-gegenstroemung/ Mon, 22 Dec 2014 11:52:11 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=679 Die neue Ausstellung von GegenStrömung über die sozialen und ökologischen Folgen des weltweiten Staudammbooms ist eingetroffen und derzeit im Büro des FDCL im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a in Berlin zu besichtigen.

Weltweit sind 3.000 neue Mega-Wasserkraftwerke geplant, vor allem in den Ländern des globalen Südens. Für den global steigenden Energiebedarf sollen die letzten freifließenden Flüsse gestaut werden – mit verheerenden Folgen für Mensch und Natur. Neue Studien belegen, dass Mega-Staudammprojekte ökonomisch nicht sinnvoll sind, die Umwelt und das Klima langfristig belasten und soziale Konflikte verursachen. Aufgrund negativer Umweltfolgen, fehlender Mitbestimmung und gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Bau großer Wasserkraftwerke wehrt sich die lokale Bevölkerung oft gegen die Projekte.

Am Beispiel des Belo-Monte-Staudamms in Brasilien beleuchtet die Ausstellung mit eindrucksvollen Bildern und prägnanten Texten die sozialen und ökologischen Auswirkungen großer Wasserkraft-Projekte. Sie eignet sich optimal, um einen umfassenden Überblick über dieses aktuelle Thema zu bekommen und ergänzt sich mit unserem bereits veröffentlichten Belo-Monte-Dossier. Die Ausstellungs-Roll-Ups sind einfach zu transportieren und unkompliziert im Auf- und Abbau.

Wenn Sie Interesse an unserer Ausstellung haben, melden Sie sich bitte über unser Kontaktformular. Einen detaillierten Blick auf die einzelnen Roll-Ups finden Sie unter dem Menüpunkt Belo-Monte-Ausstellung auf unserer Webseite.

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