Bergbau – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Thu, 25 Mar 2021 18:11:22 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Munduruku-Frauenzentrum Wakoborun in Jacareacanga von Goldsuchern angegriffen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/munduruku-frauenzentrum-wakoborun-in-jacareacanga-von-goldsuchern-angegriffen/ Thu, 25 Mar 2021 18:11:20 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2192 Das Zentrum Wakoborun der Munduruku-Frauen in der Kleinstadt Jacareancanga im Südwesten des amazonischen Bundesstaates Pará wurde am heutigen Donnerstag von einer Menschenmenge angegriffen. Die indigene Frauenorganisation Wakoborun kämpft seit Jahren gegen Staudämme, illegalen Bergbau und für den natürlichen Erhalt der Flüsse und Wälder im Südwesten von Pará.

Das Zentrum Wakoborun der Munduruku-Frauen in der Kleinstadt Jacareancanga im Südwesten des amazonischen Bundesstaates Pará wurde am heutigen Donnerstag von einer Menschenmenge angegriffen. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen auf vor Ort Anwesende. Die Angreifer gaben sich als indigene Munduruku, die als Goldsucher:innen im illegalen Goldbergbau in indigenen Gebieten arbeiten, zu erkennen, die gegen die Arbeit der Frauen des gemeinnützigen Frauenvereins Wakoborun vorgingen, das Zentrum angriffen, die Fassade des Gebäudes beschmierten und in das Haus illegal eindrangen und drinnen das Mobiliar des Gebäudes und Dokumente und andere Vereinsmaterialien in Brand steckten, so die Munduruku-Frauen, die den Vorfall bei der Bundesstaatsanwaltschaft MPF in Pará meldeten, die heute sofort eine Untersuchung des Falles einleitete, wie diese auf ihrer Internetseite bekannt gab.

Laut der Mitteilung der Bundesstaatsanwaltschaft steigt seit dem 14. März dieses Jahres die Spannungen in der Region durch das weitere Eindringen des illegalen Bergbaus mit der Ankunft einer großen Anzahl von Radladern und Schaufelbaggern in der Region des Flusslaufes Baunilha Igarapé (übersetzt: Vanille-Bächchen), in der Nähe der Gebiete, in denen Munduruku arbeiten. Ein Hubschrauber, der in der Gegend gefilmt wurde, steht im Verdacht, den Kriminellen Geleitschutz zu geben, und eine bewaffnete Gruppe hinderte die Einheimischen daran, sich in die entsprechende Gegend zu begeben, so die Bundesstaatsanwaltschaft.

Letzte Woche wiederholte die Bundesstaatsanwaltschaft ihre bereits im Jahr 2020 an den Bundesgerichtshof gerichtete Forderung nach einem dringenden Einsatz von Bundeskräften, um gewaltsame Übergriffe illegaler Bergleute auf die indigene Bevölkerung zu verhindern. Seit 2017 warnt die Bundesstaatsanwaltschaft die Behörden vor dem zunehmenden Eindringen von Goldsucher:innen in das Munduruku-Gebiet, aber bis jetzt gab es keine hinreichende Bekämpfung des Verbrechens seitens der zuständigen Behörden, so die Bundesstaatsanwaltschaft.

Im August 2020 wurde sogar eine Inspektion durch das brasilianische Umweltinstitut Ibama eingeleitet, die aber nach einem Besuch des Umweltministers Ricardo Salles und der Intervention des Verteidigungsministeriums abgebrochen wurde. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und sein ihm politisch gleichgesinnter Umweltminister Ricardo Salles hatten nie einen Hehl aus ihrer Sympathie für Goldschürferei jeder Art, ob legal oder illegal, gemacht und bereits im ersten Regierungsjahr mehrmals öffentlich das eigentlich gesetzeskonforme Vorgehen der Umweltbehörde Ibama gegen illegale Brandrodungen und Goldschürferei aufs Schärfste kritisiert. Bolsonaro und Salles erließen Anordnungen, damit das Privateigentum der (illegal und kriminell operierenden) Goldschürfer:innen nicht länger von den Beamte:innen des Ibama zerstört werden dürfe. Umweltminister Salles traf sich während seiner nun knapp anderthalb Jahre währenden Amtszeit zudem wiederholt mit erklärt illegal operierenden Goldschürfer:innen und illegal Tropenholz rodenden Akteur:innen, ließ sich bereitwillig händeschüttelnd und in die Kameras grinsend mit diesen ablichten und versprach ihnen eine „neue“ Umweltpolitik im Land. Im Visier der Goldsucher:innen stehen vor allem Indigene Territorien.

Die Folge zeigt sich nun in zunehmender Brutalität in Jacareancanga und im Gebiet der Munduruku.

// Christian Russau

]]>
Nach erneuten Morddrohungen von Goldgräbern: Flucht von zwei Munduruku-Frauen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/nach-erneuten-morddrohungen-von-goldgraebern-flucht-von-zwei-munduruku-frauen/ Sat, 06 Feb 2021 13:24:19 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2176 Bolsonaro-Regierung ermuntert illegale Goldgräber und schafft so ein Narrativ der Gewalt. Flüsse verseucht und Indigene erhalten Morddrohungen.

Die Morddrohung kam per Whatsapp-Nachricht und auch über die lokalen Radiowellensender, mit denen die Bewohner:innen der abgelegenen Region am Tapajós, in Amazonien, miteinander kommunizieren. Die Botschaft war dabei eindeutig: Die Geduld sei erschöpft und man werde diejenigen nicht länger tolerieren, die sich der Goldsucherei entgegenstellten. Man werde sie töten.

Die Empfängerin der Morddrohung: Kabaiwun Munduruku, 33 Jahre alt, früher bekannt unter dem Namen Leusa Munduruku, heute bekannt unter dem Namen Kabaiwun Munduruku, Mutter von fünf Kindern. Die Täter: Goldsucher, die illegal in der Terra Indigena Munduruku und der Terra Indígena Sai Cinza nach Gold suchen, mit schwerem Gerät, mit Quecksilber, zum Trennen des Goldes, was die Flüsse derart verschmutzt, dass es mittlerweile kaum noch Flussanwohnende Indigene gibt, deren Quecksilberwerte im Körper nicht alarmierend hohe Werte aufweisen würde, mit Millionenschwerer Ausrüstung, bezahlt durch die wohlhabenden Hintermänner in den Städten. Und die, die die Maschinen vor Ort bedienen, die Bäume illegal roden, den Boden aufwühlen, Boden und Gewässer vergiften und Mondlandschaften hinterlassen, stets mit Gewehr oder Pistole zur Hand, die die Morddrohungen aussprechen und von denen alle wissen, sie würden ebenfalls nicht zögern, ihre Waffen einzusetzen, die sind auch Indigene Munduruku. Die Taktik der Spaltung hat funktioniert.

Ähnlicher Bedrohungslage ist auch Alessandra Munduruku ausgesetzt. Alessandra war im September 2019 als Gast der ASW und des FDCL in Berlin, nahm an der Berliner Klimastreik-Demo von „Fridays for Future“ am 20.9.2019 Teil, sprach vor zigtausenden Schüler:innen am Brandenburger Tor. Nun musste auch sie, genauso wie Kabaiwun fliehen, mit Familie an geheimen Ort, denn die Morddrohungen haben überhand genommen, Autos mit verdunkelten Scheiben verfolgten sie, sie wurde ostentativ gefilmt, wie Partnerorganisationen berichten.

Es ist zu gefährlich für die beiden Frauen dort zu bleiben, wo sie leben. Nur in der indigenen Dorfgemeinschaft der Aldeia können sie nicht bleiben, denn der Weg raus und rein wäre zu gefährlich, in der Stadt zu bleiben ist auch kein Thema, ebenfalls zu gefährlich. So blieb für beide Frauen nur die Möglichkeit, mit Hilfe befreundeter Organisationen für eine Weile samt Familie in eine andere Gegend zu ziehen. An geheimen Ort vorrangig nur Eines: überleben.

Beide Frauen befinden sich in akuter Lebensgefahr, wegen ihrer Rolle als Anführerinnen der Indigenen im Widerstand gegen die zahllosen Angriffe auf das Gebiet ihres Volkes. Der mächtige und gefährliche Gegner: Garimpo, die Goldgräberei. Die Munduruku sind eine der größten ethnischen Gruppen des Landes, mit Territorien entlang des Tapajós, dem Becken, das den Amazonaswald mit dem Cerrado verbindet. Das Großgebiet umfasst drei Bundesstaaten, Pará, Amazonas und Mato Grosso. Die Region leidet nicht nur unter illegaler Holzgewinnung und großen Regierungsprojekten wie Staudämmen, Soja, Monokulturen jeder Art und den damit zusammenhängenden Pestiziden, sondern ist heute auch eines der Hauptziele der Goldgewinnung im Land. Kabaiwuns und Alessandras in Medien und vor Gericht und Parlament vorgebrachten Klagen zur Verhinderung all dieser die Munduruku-Gemeinschaft in ihrer Existenz bedrohenden Projekte provozierten die Empörung einer Munduruku-Gruppe, die Garimpo auf indigenem Gebiet befürwortet. Es geht ums Geld, wie so oft.

„Jetzt zeigen diejenigen, die den Garimpo verteidigen, ihr wahres Gesicht“, erklärt Kabaiwun gestern gegenüber dem Hintergrundportal von Repórter Brasil. „Zuvor versteckten sie sich noch, um so zu tun, als würden sie dem Volk keinen Schaden zufügen. Nun aber haben sie keine Angst mehr“, klagt Kabaiwun. „Einige Angehörige sind bereits getäuscht worden, verseucht von der pariwat-[weißen]-Ideologie, dass man das Territorium zusammen mit ihnen ausbeuten muss, um einen Anteil zu bekommen.“ Für Kabaiwun jedoch ist klar, dass es sich um eine Minderheit handelt, die hauptsächlich von Männern gebildet wird: „Es ist eine kleine Gruppe von Indigenen, die von den Unternehmern angelockt werden, die unser Gebiet ausbeuten. Wir Frauen sind hier, um zu sagen, dass das nicht passieren darf, denn es ist das Leben unserer Kinder, das auf dem Spiel steht“. Und sie bekräftigt: „Ich denke, wenn die Frauen nicht im Kampf wären, würden alle Männer da sein und das Gebiet verscherbeln, leider“.

Obwohl sie als Minderheit betrachtet wird, hat die pro-garimpo indigene Gruppe offene Unterstützung von der Bundesregierung erhalten. Im August 2020 empfing Umweltminister Ricardo Salles in Brasilia eine Gruppe von sieben Munduruku-Bergleuten, die mit einem Flugzeug der brasilianischen Luftwaffe aus Jacareacanga (PA) in die Hauptstadt gebracht wurden. Nach einem Gespräch hinter verschlossenen Türen setzte das Verteidigungsministerium sogar Operationen zur Bekämpfung des illegalen Garimpo in der Region aus. Die Bundesstaatsanwaltschaft des Bundesstaates Pará (MPF/PA) leitete eine Untersuchung über den Einsatz der Militärflieger des FAB zum Transport der Gruppe ein, bisher ist niemand dafür zur Verantwortung gezogen worden. Von den Goldsuchern ganz zu schweigen. „Es war ihre Strategie, die Munduruku [nach Brasília] zu bringen, die über das Territorium verhandeln wollten. Sie sind wirklich gekommen, um unser Volk zu spalten“, sagt Kabaiwun.

Heute gehören diese beiden Frauen, Kabaiwun und Alessandra, zu den wichtigsten Wortführerinen bei der Verteidigung des Munduruku-Territoriums. Vor Jahren gründeten sie die Frauen-Widerstandsorganisation Wakoborun, die die Frauen organisiert, bildet und so enorme Empowermentprozesse unter den Frauen in Gang gebracht hat. Das schürt natürlich Hass, Hass bei einigen der Männer. Die internen Konflikte zwischen den mehr als 14.000 Indigenen Munduruku – aufgeteilt in mehr als hundert Dörfer – um das Garimpo im Gebiet sind alt. Die aktuelle politische Situation unter einer Bolsonaro-Regierung, der Umweltzerstörung egal ist und die den illegalen Bergbau in Amazonien voranbringen möchte, hat jedoch der Gruppe der Indigenen, die sich von der Goldgräberei Reibach erhoffen, Auftrieb gegeben. Während auf den Weltmärkten der Goldpreis historische Rekorde erreicht, treibt die Bolsonaro-Bundesregierung weiterhin den Bergbau auf indigenem Land voran. Im Februar letzten Jahres schickte Präsident Jair Bolsonaro den Gesetzentwurf 191/2020 in den Kongress, der diese Tätigkeit legalisieren soll.

Kabaiwun ist in Alto Tapajós geboren und aufgewachsen, wo sie das Fieber nach Gold bei einigen Männern aufflammen sah. „Junge Leute wollen heute nur noch Gold. Es ist sehr traurig, und es wird jeden Tag mehr.“ Sie sagt, dass die Gier immer mehr Menschen in den Gemeinden ergreift und sie bedauert, dass die Kultur ihres Volkes verloren geht. Deshalb widmet sie sich der Aufklärung über die Auswirkungen von Garimpo. Nun aber musste Kabaiwun Munduruku ebenso wie Alessandra Munduruku sich erstmal in Sicherheit bringen. Zu gefährlich wäre es für die zwei Frauen im Moment, vor Ort den Kampf fortzuführen, ohne hinreichend Schutz, für den der Staat eigentlich zuständig wäre.

// christian russau

]]>
Vales Rückzug vom Ausstieg? Bergbau in Indigenen Territorien doch weiterhin auf der Konzernagenda? https://www.gegenstroemung.org/web/blog/vales-rueckzug-vom-ausstieg-bergbau-in-indigenen-territorien-doch-weiterhin-auf-der-konzernagenda/ Fri, 17 Jul 2020 09:27:38 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2082 Entgegen vorherigen Aussagen scheint Vale am Bergbau in Indigenen Territorien doch weiter festhalten zu wollen.

Recherchen der brasilianischen Seite von „The Intercept“ legen nahe, dass der brasilianische Bergbaukonzern Vale entgegen Aussagen auf der Aktionärsversammlung vom 30. April dieses Jahres doch weiterhin auf künftigen Bergbau in indgenen Territorien in Brasilien setzen würde.

Am Donnerstag, dem 30. April 2020 (GegenStrömung berichtete), hatte in Brasilien die alljährliche Hauptversammlung des brasilianischen Bergbaukonzerns Vale stattgefunden. Dort haben, wie seit 2010 jedes Jahr, Menschenrechtsaktivist:innen des internationalen Netzwerks der von Vale Betroffenen (Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale – AIAAV) durch den Kauf einer Aktie das dortige Rede- und Stimmrecht erlangt, das sie nutzen, um den Konzernvorstand direkte Fragen zu stellen und die allfällige Kritik am Konzerngebaren direkt ins „Herz der Bestie“ zu tragen. Eines der vielen heiklen Themen, das die Aktivist:innen ansprachen, betraf die Fragen der von der rechtsextremen Regierung Bolsonaro angestrebten wirtschaftlichen Öffnung der indigenen Territorien für Bergbau und welche Position Vale diesbezüglich einzunehmen gedenke. Schließlich hält allein Vale hunderte an Schürf- und Förderanträgen und -lizenzen auf künftigen Bergbau in den eigentlich geschützten Gebieten.

Die damalige Antwort des Firmendirektors von Vale, Luciano Siani, auf die Fragen des Rechtsanwalts Danilo Chammas, Menschenrechtsverteidiger Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale, der seit 2010 mit einer Aktie auf die Jahreshauptversammlung der Vale geht und dort den Konzernvorstand kritischen Fragen aussetzt, war diesmal aber unmißverständlich: „Wir haben nicht die geringste Absicht, Bergbau in indigenen Territorien zu betreiben.“ Doch was ist mit den hunderten Anträgen auf Förderlizenzen, die die Vale innehält allein für indigenen Territorien? „Wir werden diese Anträge zurückziehen“, so der Vale-Chef laut einem Medienbericht beim Internetportal Terra über den auch GegenStrömung berichtete. Und auf der eigenen Webseite ließ Vale erklären, „dass es keine Mineralienforschung oder Bergbautätigkeiten irgendwelcher Art in indigenen Ländern in Brasilien durchführt, unabhängig davon, ob es sich um Bergbautitel oder Erwartungen des Gesetzes handelt, und dass es die geltende Gesetzgebung strikt einhält. Vale gibt auch an, dass in seinem Produktionsplan Mineralressourcen oder Mineralreserven in indigenen Ländern in Brasilien nicht berücksichtigt werden, und aus diesem Grund hat der neue Gesetzesentwurf keine Auswirkungen auf unser Geschäft.“ Mit dem neuen Gesetzesentwurf meint Vale das von der Bolsonaroregierung in den Kongress eingebrachte Gesetzesvorhaben Lei 191/2020 zur künftigen Ausbeutung indigener Territorien in Brasilien durch Bergbau. Das klang, zum ersten Mal, als ein klares „Nein“ von Vale nicht nur zu Bergbau in indigenen Territorien, nicht nur in Amazonien, sondern in indigenen Territorien in ganz Brasilien. In der Tat ein Fortschritt, ein kleiner zwar, vergegenwärtigt man sich die ganze Palette an Umweltschäden und sozialen Konsequenzen des Megabergbaus, den eine Firma wie Vale in Brasilien und weltweit verursacht, aber immerhin ein Schritt, ein Schritt, der dazu beitragen könnte, indigene Territorien, die in Brasilien unter Bolsonaro mehr denn je unter Druck stehen, zu schützen.

Mit dieser damaligen öffentlichen Erklärung hatte der zweite international agierende Großkonzern ein verbales „Nein“ zu künftigen Bergbauaktivitäten in indigenen Territorien in Brasilien abgegeben. Das erste verbale „Nein“ war als Twitter-Antwort von Siemens gekommen, auf den im August 2019 vom Dachverband der Kritischen Aktionär:innen und 21 weiteren deutschen Nichtregierungsorganisationen gesandten offenen Brief, der neben Siemens auch an Thyssenkrupp gerichtet worden war, in dem die Organisationen von Thyssenkrupp und Siemens forderten: „Erklären Sie öffentlich, dass Ihr Unternehmen keine Zulieferungen von Maschinen oder Dienstleistungen für den in Brasilien drohenden Bergbau in indigenen Territorien zur Verfügung stellen wird!“

Thyssenkrupp berief sich in ihrer Antwort im August 2019 reichlich nichtssagend auf allgemeine Bekenntnisse zu Menschenrechten: „Thyssenkrupp bekennt sich eindeutig zu Nachhaltigkeit und verantwortlichem Wirtschaften. Klima- und Umweltschutz sowie die Achtung der Menschenrechte sind integraler Bestandteil unserer Unternehmenswerte, wie wir in unserem Verhaltenskodex und durch unser Bekenntnis zum Global Compact der Vereinten Nationen dargestellt haben.“ Siemens, zuerst über den Twitter-Account der Siemens-Presseabteilung, dann auch in schriftlicher Antwort an die Initiator:innen des Briefs und dann auch dokumentiert anlässlich der diesbezüglichen Nachfrage des Business and Human Rights Center in Großbritannien, war da schon ein wenig deutlicher: „Wir haben aktuell & planen auch künftig keine Geschäftsaktivitäten in indigenen Gebieten, in denen die brasilianische Regierung plant, Bergbauaktivitäten zu erlauben. Die Achtung der Menschenrechte ist zentraler Grundsatz bei Siemens, weltweit.“

Nun aber, so berichtet Hyury Potter in seiner Recherche für den brasilianischen Ableger der Investigativrechercheseite „The Intercept“, dass das „Nein“ von Vale offensichtlich nicht so gemeint war oder eben nur anders interpretiert wird. Denn Vale habe zum einen – nicht wie auf der Aktionärsversammlung angegeben 71 Lizenzanträge auf Bergbau-Exploration in indigenen Territorien – laut Auskünften über das brasilianische Informationsfreiheitsgesetz 236 solcher Explorations- und Förderanträge auf Bergbau in indigenen Territorien in Brasilien. Und die Recherchen von „The Intercept“ ergaben, dass noch immer kein einziger der Anräge von der Firma, wie auf der Aktionärsversammlung eigentlich versprochen, zurückgezogen wurde. Aber mehr noch: In Brasilien verbietet die Verfassung den Bergbau in Indigenen Territorien. Deshalb hat die Bundesstaatsanwaltschaft bereits Ende 2019 acht Klagen gegen die Nationale Bergbaubehörde eingereicht, um den Schutz von 48 Indigenen Territorien zu erreichen, für die bislang Anträge auf Bergbauexploration und -förderung vorliegen. Und was macht Vale laut „The Intercept“? Vale bat die Bundesjustiz , in den acht Klagen als „Assistenz der Angeklagten“ am Prozess mitwirken zu dürfen, da sie selbst von dem Antrag der Bundesstaatsanwaltschaft betroffen sei, habe sie doch in einigen der entsprechenden Gebiete Projektanträge auf Bergbau am Laufen. Die Bundesjustiz lehnte diesen Antrag Vales ab, gleichwohl beibt die Frage, verfolgt Vale nun weiter die Politik der geplanten Schürfungen und Exploration in Indigenen Territorien oder nicht?

Hyury Potter von „The Intercept“ richtete zwei Anfragen an Vale. Die erste wurde am 18. Mai von Vale beantwortet, die Firma befände sich im Prozess der Neubewertung des Bergbauaktivitätenportfolios, dies beträfe auch in Teilen indigene Terrirtorien, einige der Anträge bezögen sich gar auf komplette Territorien. Im Juni, so berichtet „The Intercept“, habe Vale dann ihren Diskurs geändert. Vale habe ihm geantwortet, die Firma besässe 76 Anträge auf Explorationslizenzen in Indigenen Territorien, beantwortete nicht die Frage, warum Vale versicht habe, als „Assistenz der angeklagten“ Bergbauagentur im Bundesprozess beteiligt zu werden und liess zudem die grundsätzliche Frage offen, ob die Firma Vale in Zukunft an Berbprojekten in Indigenen Territorien festhalten werde oder wie auf der Aktionärsversammlung zugesagt, sich aus solchem zurückziehen werde. Die Firma habe, so „The Intercept“ geantwortet, „es liegt am brasilianischen Nationalkongress, diese Aktivitäten zu regelmentieren“. „The Intercept“ wies auch darauf hin, dass die auf der Aktionärsversammlung getätigte Aussage über den Rückzug Vales von allen Berbauanträgen in Indigenen Territorien zwar dort mündlich getroffen und von der Presse konform berichtet wurde, aber merkwürdigerweise nicht im offiziellen Sitzungsprotokoll der Aktionärsversammlung auftauchte.

// christian russau

]]>
Im Fadenkreuz von Bolsonaro https://www.gegenstroemung.org/web/blog/im-fadenkreuz-von-bolsonaro/ Fri, 28 Feb 2020 15:29:29 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2023 Bolsonaro-Regierung droht mit dem Ausstieg aus der ILO-Konvention 169, um industrielle Landwirtschaft, Bergbau und Wasserkraftnutzung in indigenen Territorien Brasiliens durchzusetzen.

Von Camila de Abreu und Christian Russau

Die deutsche Bundesregierung hat in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag festgehalten, dass es in dieser Legislaturperiode zu einer Unterzeichnung und Ratifizierung seitens Deutschlands der ILO-Konvention 169 zum Schutze der Rechte Indigener geben würde. Dies wäre ein starkes Zeichen, an andere Länder, wie beispielsweise Brasilien, das einer von Deutschlands sogenannten strategischen Partnern ist, deren aktueller Präsident, der rechtsextreme Hauptmann a.D., Jair Bolsonaro, unverhohlen damit droht, dass Brasilien aus der Konvention 169 austrete.

Weitere Infos zur Dringlichkeit, dass Deutschland die ILO-Konvention 169 unterzeichnen und ratifizieren muss, finden sich auf der Webseite: https://www.ilo169.de/

Nicht einen Zentimeter wird mehr als indigenes Reservat demarkiert werden“

„Nicht einen Zentimeter wird mehr als indigenes Reservat demarkiert werden“, sollte er zum Präsidenten Brasiliens gewählt werden, tönte der damalige Abgeordnete und rechtsextreme Hauptmann a.D., Jair Bolsonaro, im April 2017. „2019 werden wir das indigene Reservat Raposa Serra do Sol zerlegen. Wir werden allen Ranchern Waffen geben“, kündigte er bereits 2016 an. Drei Jahre später wurde er Präsident von Südamerikas größtem Staat. Entsprechend fallen nun seine Angriffe auf indigene Rechte aus. Die Indigenenbehörde FUNAI wird gezielt finanziell ausgedünnt und institutionell geschwächt, die Entscheidung über Demarkationen indigenen Landes entzog er als eine seiner ersten Amtshandlungen bereits im Januar 2019 per Präsidialdekret der FUNAI und übertrug es dem von eingefleischten ruralistas („Großfarmer*innen)“ dominierten Landwirtschaftsministerium, eine Entscheidung, der erst der brasilianische Nationalkongress eine Absage erteilte, indem er die Entscheidungskompetenz wieder der FUNAI zuteilte, woraufhin Bolsonaro sein Dekret im Juni noch einmal überarbeitete und so die Kongressentscheidung umgehen wollte, bevor letztlich im Juni 2019 der Oberste Gerichtshof STF endgültig entschied, dass die Frage der Demarkationen bei der FUNAI, angegliedert dem Justizministerium, zu verbleiben habe. Augenscheinlich eine Niederlage für Bolsonaro, die er aber in der Praxis durch Nichtstun wieder wettmachte – sehr zum Schaden indigener Rechte.1

Denn: Die von der Verfassung von 1988 vorgeschriebenen Ausweisungen der indigenen Gebiete als rechtlich geschützte Territorien („Terra Indígena“) sind unter der Bolsonaro-Regierung im Gesamtjahr 2019 entsprechend auf Null zurückgegangen.

Bolsonaro will indigene Territorien für industrielle Landwirtschaft, Bergbau und Wasserkrafterzeugung freigeben

Doch nicht nur die gezielte Verschleppung der anstehenden Demarkationsprozesse indigener Territorien ist Bolsonaro ein Anliegen. Brasiliens seit Januar 2019 amtierender Präsident will obendrein die bereits rechtlich sanktionierten und somit eigentlich geschützten indigenen Territorien für wirtschaftliche Ausbeutung mittels Landwirtschaft, Bergbau und Wasserkrafterzeugung freigeben. Dazu hat er im Februar 2020 einen (der Presse zunächst nicht freigegebenen) Gesetzesvorschlag dem Nationalkongress in Brasília zur Abstimmung überreicht.

Der Gesetzentwurf sieht laut Mitteilung des Präsidialamts vor, dass die indigenen Völker bei einer künftigen wirtschaftlichen Nutzung indigener Territorien durch Dritte eine finanzielle Entschädigung erhalten. Diese ist jedoch geringer angesetzt als vergleichbare Lizenzgebühren, wie zum Beispiel bei der Ölexploration: Bei der Nutzung von Wasserkraft sollen die Gemeinden 0,7 Prozent des Wertes der erzeugten Energie erhalten, im Falle von Erdöl, Erdgas und deren Derivaten würde dieser Wert bei zwischen 0,5 bis zu 1 Prozent des produzierten Wertes liegen. Im Fall von Bergbauaktivitäten soll die Ausgleichszahlung an die indigenen Gemeinden die Hälfte des üblicherweise entrichteten Wertes finanzieller Entschädigung für die Ausbeutung von Mineralressourcen betragen. Auch eine Kompensation, um die indigenen Völker für den Nutzungsausfall eines Teils ihres Landes zu entschädigen, ist vorgesehen, klare Berechnungsgrundlagen wurden aber bisher nicht bekannt gegeben.

Die Reaktion einer der Sprecher*innen des Zusammenschlusses der indigenen Völker Brasiliens APIB, Sonia Guajajara, war eindeutig: „Ihr Traum, werter Herr Präsident, ist unser Alptraum, unsere Vernichtung, weil der Bergbau Tod, Krankheiten und Elend hervorruft und unsere Zukunft zerstören wird. Wir wissen, dass Ihr Traum in Wirklichkeit unser institutionalisierter Genozid ist, aber wir werden weder Bergbau, noch Wasserkraftwerke in unseren Territorien erlauben.“

Konsultation oder Zustimmung bei FPIC? Auch in Brasilien das zentrale Streitthema

Obwohl Brasilien die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Schutz der Rechte der indigenen Völker unterzeichnet hat, gibt der von Bolsonaro eingereichte Gesetzesentwurf den indigenen Völkern keine grundlegende Autonomie, um selbst zu entscheiden, ob sie ihr Land ausbeuten lassen wollen oder nicht. Die Gemeinschaften sollen zwar angehört werden, aber bei Projekten der Wasserkraft- oder Erdölexploration geht es nur um Konsultationen – ohne ein Vetorecht. Letztlich könnte so die Exekutive des Landes über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheiden. Das Vetorecht der indigenen Völker gilt bei Bolsonaros aktuellem Gesetzesentwurf nur mit einer Ausnahme: bei Schürfrechten (der sogenannte „garimpo“). Denn der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass die Indigenen selbst (zum Beispiel Gold) schürfen können oder auch Dritte damit beauftragen. Unklar ist, wie die Entscheidungen darüber ablaufen sollen, wenn es in den indigenen Völkern unterschiedliche Ansichten und Absichten darüber gibt. Der nun vorgeschlagene Gesetzestext sieht laut Medienberichten vor, dass die Entscheidungen über Aktivitäten in den Gemeinden von einem Beirat getroffen werden, die von den betroffenen indigenen Völkern gebildet werden und deren Vertreter*innen von den Gemeinschaften „gemäß ihrer normalen Art und Weise“, Anführer*innen und Delegierte zu wählen, ernannt werden. Angesichts unterschiedlicher Interessenslagen auch bei indigenen Völkern sind Streit und Zwist über Schürfrechte vorprogrammiert, ein Umstand, den ein Jair Bolsonaro sehr wohl zu nutzen weiß.

Erst Ende Januar dieses Jahres hatte Bolsonaro erneut dargelegt, was er über Indigene denkt. „Der Indio ist dabei sich zu ändern, sich zu entwickeln. Der Indio wird uns immer ähnlicher. Also werden wir alles tun, damit er in die Gesellschaft integriert und wirklich Besitzer seiner Ländereien wird. Das ist es, was wir wollen.“ Zuvor hatte Bolsonaro Indigene mit „Tieren in einem Zoo“ verglichen, was zurecht heftigste Proteste der indigenen Völker Brasiliens hervorrief: „Die Rede von Bolsonaro und seinem Team über indigene Völker ist rückwärtsgewandt und behandelt uns respektlos, unsere Geschichte, unsere Abstammung, und mißachtet unser politisches-bürgerliches Handeln in Bezug auf den brasilianischen Staat. Der Präsident verglich uns mit Tieren im Zoo, die in einem Käfig gefangen seien, wenn er es mit dem Leben in unseren traditionellen Territorien vergleicht. Er macht absurde Aussagen über unsere Lebensweise und über unsere Wünsche als brasilianische Bürgerinnen. Ja, wir sind Brasilianerinnen! Wir sind Indigene! Wir wissen, was wir wollen, und wir verlangen das Recht, vom Staat zur Ausarbeitung und Umsetzung öffentlicher Richtlinien konsultiert zu werden!“2

Die ILO-Konvention 169 wurde von Brasilien 2002 ratifiziert3 und durch ein Präsidialdekret4 in nationales Recht umgesetzt. Laut Lesart des Obersten Gerichtshofs Brasiliens STF stehen internationale, von Brasilien unterschriebene Rechtsverträge unterhalb der Rechtsgültigkeit der Verfassung Brasiliens, aber oberhalb jedweden Gesetzes. Dies würde im Falle der Gesetzesinitiative von Jair Bolsonaro zur wirtschaftlichen Inwertsetzung der indigenen Territorien bedeuten, dass das in Art. 6 und 7 der ILO-Konvention 169 festgelegte Recht auf freie, vorherige und informierte Konsultation dem Präsidenten Jair Bolsonaro einen Strich durch die Rechnung machen könnte. In Artikel 6, Satz 2 der ILO-Konvention 169 heißt es: „Die in Anwendung dieses Übereinkommens vorgenommenen Konsultationen sind in gutem Glauben und in einer den Umständen entsprechenden Form mit dem Ziel durchzuführen, Einverständnis oder Zustimmung bezüglich der vorgeschlagenen Maßnahmen zu erreichen.“ Wenn also ein künftig vom Brasilianischen Nationalkongress auf Betreiben Bolsonaros beschlossenes Gesetz zur Inwertsetzung indigener Territorien durch industrielle Landwirtschaft, Bergbau und Staudämme in Konflikt mit der ILO-Konvention 169 zu kommen droht, wäre es für die Bolsonaros und Konsorten wichtig, dass Brasilien vorher aus der Konvention austrete.

Dreh- und Angelpunkt im Streit zwischen den wirtschaftlichen Inwertsetzungsinteressen einer Bolsonaro-Regierung und den Schutzinteressen der indigenen Völker Brasiliens im Kampf um ihre Territorien ist die Frage der in Artikel 6 erwähnten zu erreichenden „Zustimmung“ der betroffenen Indigenen und wie die „Konsultation“ im Einzelnen auszusehen habe. Und genau in diesem Spannungsbogen zwischen „Konsultation“ und „Zustimmung“ bewegt sich seit Jahren auch die Auseinandersetzung um die Auslegung der ILO-Konvention 169 in Brasilien.

Projektbetreiber und die Regierungen unterschiedlicher politischer Couleur in Brasília meinen meist, dass es reicht, Konsultationen in Form von abzuhaltenden Anhörungen durchzuführen. So ist es bei allen bisherigen Großinfrastrukturprojekten wie Überlandstraßen, Wasserkraftwerken und Staudämmen sowie Bergbaugenehmigungen geschehen. Es wurden Anhörungen durchgeführt, die oftmals nicht den Charakter einer freien, vorherigen und informierten Befragung hatten, die nicht „in gutem Glauben“ abliefen und die schon gar nicht eine Abstimmung, womöglich gar mit einem Vetorecht der betroffenen Indigenen vorsahen.5

Indigene Völker wie auch die zuständigen UN-Gremien und die ILO jedoch stehen klar auf dem Standpunkt, dass die ILO-Konvention die freie, vorherige und informierte Zustimmung (Free, Prior and Informed Consent, FPIC) vorschreibt, im Einklang mit der UN-Erklärung der Rechte der Indigenen Völker (UNDRIP), die ebenfalls in mehreren Fällen FPIC verbindlich vorschreibt, insbesondere, wenn Territorien und Lebensgrundlagen indigener Völker betroffen sind oder ein Projekt ihre Umsiedlung vorsieht. Dabei setzt freie und informierte Zustimmung voraus, dass zuvor echte Konsultationen in gutem Glauben („good faith consultations“) stattgefunden haben. Nach Meinung von Indigenen, internationalen Rechtsexpert*innen und Menschenrechtsorganisationen sind Konsultation, Partizipation und Zustimmung alle drei gleichermaßen Grundbedingung des Rechtsschutzes für indigene Völker. Und wenn die „Zustimmung“ erforderlich ist, muss dies im Umkehrschluss heißen, dass ein Projekt nicht durchgeführt werden kann, wenn die betroffenen Gemeinschaften ihre Zustimmung nicht geben. Brasiliens Rechtssprechung hat dies aber bislang noch nicht entsprechend anerkannt.

FPIC in Brasiliens Rechtspraxis der vergangenen Jahre: Zwei eklatante Beispiele

Es war nicht alles gut, allein dadurch dass Brasilien die ILO-Konvention 169 unterzeichnet und ratifiziert hat. Denn bei der Rechtsauslegung des Wesensgehaltres von Gesetzen und Normen geht es immer auch um den Widerstreit verschiedener Interessen – und wie mächtig jemandes Interessen im Lande sind.

Eklatantestes Beispiel dafür waren die Anhörungen, die in der Xingu-Region anlässlich des Baus des Staudamms Belo Monte zur Zeit der Regierung Dilma Rousseffs von der brasilianischen Arbeiterpartei PT durchgeführt wurden. Die Informationen über die anberaumten Treffen in den Kreisorten erreichten nicht alle Betroffenen, die obendrein oft keine finanziellen Möglichkeiten zur Teilnahme hatten; Anwesenheit von Militärpolizisten sowie eine technische Sprache von Fachleuten, die auf die Bevölkerung einschüchternd wirkten sowie eine begrenzte Zahl von Treffen, die eher den Charakter einer Aussprache hatten; eine Abstimmung und somit die Möglichkeit eines Vetos war nicht vorgesehen. Hinzu kam das perfide Argument, dass indigene Völker vom Bau von Belo Monte ja nicht im Sinne der Brasilianischen Verfassung betroffen sein würden, da die Verfassung von 1988 Indigene nur dann als von Wasserkraftprojekten „Betroffene“ ansieht, wenn deren Ländereien geflutet werden. Im Fall Belo Monte gehe es aber „nur“ um eine Reduzierung der Wassermenge des Xingu-Flusses in der Volta Grande („Große Flussschleife“) um 80 Prozent.6

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (Inter-American Commission on Human Rights – IACHR) als Teil der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) mit Sitz in Washington, D.C, hatte im April 2011 die brasilianische Regierung offiziell aufgefordert, den Bau des Belo Monte Damm-Komplexes zu stoppen, solange die erforderlichen Konsultationen indigener Völker nicht erfolgt seien. Der Staudammbau würde negative Auswirkungen auf indigene und andere traditionelle Gemeinschaften des Xingu-Beckens haben, besonders auf diejenigen, die an dem hundert Kilometer langen Abschnitt der Volta Grande (Große Flussschleife) leben. Die IACHR-Empfehlungen stimmten mit den Klagen seitens des Ministério Público (in etwa: Bundesstaatsanwaltschaft) von Pará darin überein, dass sie die brasilianische Regierung auffordern, Anhörungen durchzuführen, so wie es die Verfassung vorsieht, und die Zustimmung zum Projekt zu erreichen. Die Rousseff-Regierung war empört über die Empfehlungen, wies diese als absurd7 zurück, stellte zwischenzeitlich die Geldzahlungen an die Organisation Amerikanischer Staaten ein, berief seinen entsandten Botschafter zurück und drohte unverhohlen mir einem potenziellen Austritt aus der OAS.8 Letztlich geschah: Nichts. Belo Monte wurde fertiggestellt, erst vor wenigen Monaten wurde die letzte Turbine in Gang gesetzt.

Auch beim Staudamm Teles Pires am gleichnamigen Fluss an der Grenze von Pará zu Mato Grosso entschied zunächst ein Gericht einen Betriebsstopp, da die betroffenen Indigenen nicht angemessen gehört wurden. Anfang Dezember 2015 wurde in einem von der Bundesstaatsanwaltschaft angestrengten Prozess in zweiter Instanz entschieden, dass das seit Ende 2015 in Betrieb befindliche Wasserkraftwerk Teles Pires die Rechte der vom Staudamm betroffenen Indigenen Kayabi, Munduruku und Apiaká verletzt. Das Gericht der 5ª Turma do Tribunal Regional Federal da 1ª Região (TRF1) ordnete an, dass die Indigenen gemäß der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (Free Prior and Informed Consent, FPIC) nach der Definition der ILO Konvention Nr.169 befragt und um Zustimmung gebeten werden müssten. Eine solche Befragung und das Einholen der erforderlichen Zustimmung sei weder durch die brasilianische Regierung noch durch den Betreiber des Wasserkraftwerks eingeholt worden, so das Gericht in zweiter Instanz, nachdem zuvor Brasiliens Bundesregierung und die Staudamm-Betreiberin gegen die gleichausgefallene, erstinstanzliche Verurteilung Widerspruch bei Gericht eingelegt hatten. Das Gericht erklärte zudem die durch die Umweltbehörde Ibama erteilte Baugenehmigung für rechtswidrig und folgte darin der Staatsanwältin Eliana Torelly, die in ihrem Plädoyer in der Gerichtsverhandlung der zweiten Instanz erklärt hatte, dass das Wasserkraftwerk Teles Pires „die Verringerung der Fischarten, die Verseuchung des Flusswassers, Abholzung [von Regenwald zur Folge gehabt] und die natürlichen Ressourcen in Mitleidenschaft gezogen“ habe. Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung zudem an, dass durch den Staudammbau und die Flutung von 150 Quadratkilometer Landschaft die Stromschnellen Sete Quedas zerstört wurden. Diese Stromschnellen von Sete Quedas am Fluss Teles Pires9 aber, so das Gericht, seien für die indigenen Munduruku, die Kayabi und Apiaká heilige Orte. Dort lagerten bis zur Flutung für den Bau des Staudamms Teles Pires im Jahr 2013 die heiligen Urnen der Ahnen der Munduruku, Kayabi und Apiaká.10 Nur zwölf der Urnen wurden gerrettet und im Museum der Kleinstadt Alta Florsta gelagert. Wegen der Unantastbarkeit heiliger, sakraler Stätten sei eine Befragung und Zustimmung nach den Regeln der ILO-Konvention 169 zur freien, vorherigen und informierten Zuistimmung (FPIC) unablässlich, so das Gericht in seiner Entscheidung vom Dezember 2015.

Das Urteil zum Betriebsstopp war zwar ab Dezember 2015 rechtskräftig, gleichwohl konnte der Betriebsstopp nie vollstreckt werden. Dies hängt mit der sogenannten „suspensão de segurança“ zusammen. Diese steht für den Verweis auf vermeintlich höherwertige, nationale Interessen. Die „suspensão de segurança“ basiert auf einem Gesetz noch aus der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur. Das Gesetz aus dem Jahre 1964 definiert, dass das Außerkraftsetzen eigentlich verfassungsrechtlich vorgesehener Prinzipien mit dem Verweis auf höherwertige nationale Interessen durch die Regierung durchgesetzt werden kann. Dazu muss nur ein Mitglied des Obersten Gerichtshof eine diesbezügliche Eingabe machen, so dass der Bau oder laufende Betrieb des betreffenden Projekts vorerst durch keine Gerichtsurteile behindert werden darf. Dennoch muss auch diese Rechtseingabe seitens des Obersten Gerichtshofs irgendwann rechtskräftig und abschließend entschieden werden. Doch wann, das regelt das Gesetz nicht. So wies der Bundesstaatsanwalt Felício Pontes Jr. in seinem Plädoyer im Dezember 2015 vor Gericht darauf hin, dass „wir in allen Instanzen gewonnen haben, dass der Staudamm nicht ohne die vorherige Konsultation der Indigenen gebaut werden darf. Aber das Bauvorhaben wurde dennoch zum Abschluss gebracht. Die Indigenen leiden unter Krankheiten, die sie zuvor nicht hatten. Und das alles infolge einer politischen Entscheidung im Sinne der suspensão de segurança, einem Rechtskonstrukt aus der Militärdiktatur, einem Rechtskonstrukt, das es in einem demokratischen Land nicht geben dürfte.“

Die Indigenen Munduruku, Kayabi und Apiaká protestieren weiter gegen die Staudammbauten am Teles Pires-Fluss, wo ihre heiligen Stätten durch die Wasserkraftwerke zerstört wurden. Es gab mehrere Baustellenbesetzungen des Wasserkraftwerks São Manoel, das in Nähe des Wasserkraftwerks Teles Pires liegt.11 Im Dezember 2019 besetzten 70 Munduruku das Museum der Kleinstadt Alta Floresta und entnahmen die dort lagernden zwölf heiligen Urnen ihrer Vorfahren, die letzten erhaltenen Urnen aus dem überschwemmten heiligen Ort der Stromschnellen von Sete Quedas und verbrachten die Urnen in ihr Territorium.12

Den Bau dieses umstrittenen Staudamms Teles Pires hatte übrigens die deutsche Münchener Rückversicherungsgesellschaft gegen Schäden rückversichert. Eine Vertreterin der brasilianischen Widerstandsbewegung Movimento Xingu Vivo para Sempre war deshalb 2015 eigens zur Hauptversammlung der Münchener Rück nach München gereist, um die Konzernvorstände auf die Verstrickung der Firma beim Staudamm Teles Pires am gleichnamigen Fluss anzusprechen. Ihr war es vorbehalten, die entscheidende Frage zu stellen: „Am Teles Pires haben die Baufirmen einen riesigen Wasserfall gesprengt: Dieser Wasserfall heißt Sete Quedas. Für die Indigenen Kayabi, Apyaka und Munduruku ist Sete Quedas ihr heiligster Ort. Wie würden Sie reagieren, wenn eine Baufirma daherkommt und die Münchener Frauenkirche mit Bulldozern einreißt?“13 Der damalige Vorstandsvorsitzende Nikolaus von Bomhard hatte darauf keine Antwort. Manchmal spricht Sprachlosigkeit dann doch Bände.

Wehrhafte indigene Gemeinden vor Ort: Selbst-Erarbeitung eigener Konsultationsprotokolle

Um dem rechtlich noch ungeklärten Graubereich einer ILO-Konvention-169-konformen Rechtssprechung Nachdruck zu verleihen, haben in Brasilien ab dem Jahre 2014 mehr und mehr indigene Völker eigenständig erarbeitete Verfahrensprotokolle erstellt, um dergestalt ein rechtsgültiges Dokument in der Hand zu haben, mittels dessen sie fordern, dass ihre Konsultation nach ihren Regeln ablaufen soll. Wichtige Elemente sind dabei oft die indigene Sprache, der Ort (in den Gemeinden selbst), die Zeit (wichtig wegen jahreszeitlichen Arbeiten wie Ernte oder religiösen Riten), die Zeitdauer (jede/r kann solange reden, wie er/sie will), die Entscheidung, wer überhaupt von den Nicht-Indigenen teilnehmen darf, die Notwendigkeit der Rückkoppelung mit dem Gemeinden, so nicht alle anreisen können sowie natürlich die Frage nach dem Veto-Recht.

Mittlerweile gibt es an ein Dutzend solcher niedergelegter Verfahrensprotokolle in Brasilien, sowohl von indigenen Gemeinden und Völkern, als auch von anderen traditionellen Völkern und Gemeinschaften (Quilombolas, Ribeirinhos, etc).14 Am Ende dieses Textes findet sich beispielhaft das von den indigenen Munduruku erarbeitete Verfahrensprotokoll zur Konsultation in deutschsprachiger Übersetzung.

Die Bedeutung dieser autonom von den indigenen Gemeinschaften und Völkern erstellten Verfahrensprotokolle zur Konsultation sollte nicht unterschätzt werden. 2017 hatte erstmals ein Gericht eine Baugenehmigung für ein Bergbauunternehmen in Brasilien auf Basis des Rechtsarguments entzogen, dass das von der betroffenen indigenen Gemeinschaft erstellte Dokument zum Protokollverfahren der Konsultation von der Firma nicht befolgt worden war.15 Als das bekannt wurde, begannen sich mehr und mehr indigene und andere traditionelle Völker und Gemeinschaften der Erstellung solcher Protokolle zu widmen, ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist.16

Bolsonaros Androhung der Kündigung der ILO-Konvention 169

Die Bolsonaro-Regierung jedenfalls gibt derzeit deutliche Anzeichen, dass sie die ILO-Konvention 169 – und auf deren Basis die eigenständige Erstellung von niedergelegten Protokollverfahren zur Konsultation indigener und anderen traditioneller Völker und Gemeinschaften – als Gefahr für ihre Anti-Indigenen-Rechte-Strategie ansieht und von daher einen Ausstieg Brasiliens aus der ILO-Konvention 169 androht. Als erste schickte die Bolsonaro-Regierung im März 2019 Brasiliens Botschafterin bei der UNO in Genf, Maria Nazareth Farani Azevêdo, vor, die öffentlich auf die Möglichkeit verwies, dass Brasilien die ILO-Konvention 169 verlassen könnte.17 Dann folgte im Oktober 2019 das direkt dem Präsidenten Brasiliens unterstellte Sicherheitskabinett GSI, das laut einem Pressebericht vom 4. Oktober 2019 die Bundesanwaltschaft AGU aufforderte, ein wegweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs STF aus dem Jahre 2006, das die Rechtsgültigkeit der von Brasilien 2002 ratifizierten ILO-Konvention 169 auch auf Quilombolas (Nachkommen der Sklaverei entflohener Schwarzer) bestätigte, auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Laut dem Pressebericht18 erinnert das GSI-Dokument auch an den nächstmöglichen Kündigungszeitraum, sollte Brasilien sich entscheiden, aus der ILO-Konvention 169 auszutreten: Dies könne, so das GSI-Dokument, zwischen dem 5.9.2021 und 5.9.2022 geschehen. Als Begründung für einen möglichen Austritt Brasiliens erwähnt das GSI-Dokument die „Auswirkungen der ILO-Konvention 169 auf die Entwicklung des Landes“. Das GSI-Dokument schlägt die Einrichtung einer Arbeitsgruppe vor, die einen neuen Vorschlag für ein Präsidaldekret erarbeiten solle, das den Modus Operandi der „vorherigen Konsultation indigener Völker und Stämme“ neu regeln soll. Auch hier liefert das mittlerweile mehrheitlich von Militärs dominierte GSI gleich eine Begründung: die bisherige Anwendung der ILO 169 beeinträchtige „Projekte mit nationalem Interesse“.

Diese Ankündigung sollten bei allen die Alarmglocken schrillen lassen.

Anhang:

Wie die Munduruku das Protokollverfahren zur Konsultation wollen

14.05.2017 | Übersetzung von Christian Russau

Die indigenen Munduruku vom Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós haben ein Grundlagendokument erstellt, in dem sie erklären, wie eine rechtlich korrekte Konsultation der Munduruku im Falle von Großprojekten wie Staudämmen auszusehen habe.

Quelle: Movimento Munduruku Ipereg Ayu, Associações: Da’uk, Pusuru, Wixaximã, Kerepo und Pahyhyp: Protocolo de Consulta Munduruku, Jan. 2016, unter: http://fase.org.br/pt/acervo/biblioteca/protocolo-de-consulta-munduruku/

Im Entstehensprozess des Dokuments, das in den indigenen Dörfern mit allen Munduruku 2015 gemeinsam debattiert und im Konsens verabschiedet wurde, war den Munduruku immer wichtig zu betonen, dass sie für sich selbst selbst reden und dass niemand Einzelnes ohne Weiteres für die Gruppe sprechen darf. Daher hier die Erklärung der Munduruku zum Protokollverfahren der Konsultation im Wortlaut:

Wir, das Volk der Munduruku,

wir wollen hören, was die Regierung uns zu sagen hat. Aber wir wollen keine Ausreden. Damit das Volk der Munduruku entscheiden kann, müssen wir wissen, was tatsächlich geschehen wird. Und die Regierung muss uns anhören. Zuallererst fordern wir die Demarkation des Indigenen Territoriums Sawré Muybu. Auf gar keinen Fall akzeptieren wir eine Umsiedlung. Wir fordern von der Regierung zudem, dass unsere isoliert in unserem Land lebenden Verwandten geschützt werden und dass das Recht auf Konsultation der anderen Völker, wie der Apiaká und der Kayabi, die auch durch diese Projekte bedroht sind, garantiert werde. Außerdem fordern wir, dass den durch die Staudämme im Tapajós betroffenen Gemeinden der Flussanwohner von Montanha-Mangabal, Pimental und São Luiz ihr Recht auf Konsultation angemessen und ihrer besonderen Realität angepasst gewahrt werde. Genauso wie wir haben die Flussanwohner das Recht auf eigene Konsultation.

Wer soll konsultiert werden?

Die Munduruku aller Dörfer – des Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós – müssen konsultiert werden, auch diejenigen aus indigenen Gebieten, die noch nicht demarkiert wurden.

Soll die Regierung nicht denken, wir seien gespalten:

Es gibt nur ein Volk der Munduruku“

Es sollen konsultiert werden:

  • die weisen Alten, die pajés, die Geschichtenerzähler, die Kenner traditioneller Medizin, die Kenner der Wurzeln und der Blätter, diejenigen, die die heiligen Orte kennen.
  • die Kaziken und Anführer, die Krieger und Kriegerinnen. Die Kaziken sind miteinander vernetzt und teilen die Informationen mit allen Dörfern. Es sind sie, die alle zusammenrufen, damit wir debattieren, was wir machen werden. Die Krieger und Kriegerinnen unterstützen den Kaziken, gehen mit ihm und schützen unser Territorium.
  • die Anführer, die Lehrer sind, und die, die für die Gesundheit zuständig sind, die also, die mit der ganzen Gemeinschaft arbeiten.
  • die Frauen, damit sie ihre Erfahrungen und Informationen weitergeben. Es gibt Frauen, die sind pajés, Hebammen und Kunsthandwerkerinnen. Sie bearbeiten das Feld, geben Ideen und Rat, bereiten das Essen zu, stellen medizinische Produkte her und verfügen über ein großes und breites traditionelles Wissen.
  • die Universitätsstudenten, die Erzieher der Munduruku, die Ibaorebu-Studenten, die Jugendlichen und Kinder müssen auch konsultiert werden, weil sie die zukünftige Generation sind. Viele Jugendliche haben Zugang zu Kommunikationsmedien, lesen Zeitungen, gehen ins Internet, sprechen portugiesisch und kennen unsere Realität und haben aktiven Anteil an dem Kampf unseres Volkes.
  • unsere Organisationen (Conselho Indígena Munduruku Pusuru Kat Alto Tapajós – Cimpukat, Da’uk, Ipereg Ayu, Kerepo, Pahyhy, Pusuru und Wixaximã) müssen auch konsultiert werden, aber sie dürfen niemals alleine konsultiert werden. Die Stadtverordneten Munduruku sprechen nicht für unser Volk. Die Entscheidungen des Volks der Munduruku werden kollektiv getroffen.

Wie soll der Prozess der Konsultation ablaufen?

  • Die Regierung darf uns nicht erst dann konsultieren, wenn alle Entscheidungen schon getroffen sind. Die Konsultation muss vor allem anderen stattfinden. Alle Treffen müssen in unserem Territorium stattfinden – in dem Dorf, das wir auswählen –, und nicht in der Stadt, nicht einmal in Jacareacanga oder Itaituba.
  • Die Treffen dürfen nicht zu Zeiten stattfinden, die die Aktivitäten unserer Gemeinschaft stören (also zum Beispiel nicht während der Feldarbeits-Saison des Feldfurchens oder des Pflanzens; nicht während der Zeit des Kastanien-Sammelns, nicht während der Zeit des Mehls, nicht während unserer Festtage; nicht am Tag des Indigenen). Wenn die Regierung in unser Dorf zur Konsultation kommt, dürfen sie nicht nur kurz einfliegen und am nächsten Tag wieder weggehen. Sie müssen in Ruhe mit uns Zeit verbringen.
  • Die Treffen müssen in der Sprache Munduruku abgehalten werden und wir entscheiden, wer übersetzen wird. In diesen Treffen muss unser Wissen genauso anerkannt werden wie dies der pariwat (nicht-indigener). Weil es sind wir, die wir die Flüsse kennen, den Wald, die Fische und das Land. Es sind wir, die wir die Treffen koordinieren, nicht die Regierung.
  • An den Treffen sollen die Partner unseres Volkes teilnehmen: Die Bundesstaatsanwaltschaft, die von uns ausgewählten Partnerorganisationen sowie Fachleute unseres Vertrauens, die wir auswählen. Die Unkosten unserer Anwesenheit und die unserer Partner während aller Treffen gehen auf Kosten der Regierung.
  • Damit die Konsultation wirklich frei sein wird, werden wir auf den Treffen unter keinen Umständen bewaffnete pariwat (Militärpolizei, Bundespolizei, Bundesstraßenpolizei, Heer, Nationaler Sicherheitskräfte, Brasilianischen Geheimdienst oder jedwede anderen staatlichen oder privaten Sicherheitskräfte) akzeptieren.
  • Wenn die Regierung mit Kameras ankommt, darf sie ohne unsere Autorisierung keine Aufnahmen machen. Zu unserer Sicherheit sollen die Treffen gefilmt werden und die Regierung muss uns die vollständigen Kopien der Aufnahmen übergeben.

Die von uns bisher angesprochenen Treffen teilen sich in folgende auf:

  • Treffen zum Beschluss über den Plan für die Konsultation: Die Regierung muss sich mit dem Volk der Munduruku treffen, damit wir eine Übereinkunft treffen, welchen Plan wir für die Konsultation festlegen. Dieser Plan für die Konsultation muss dieses Dokument hier in Gänze respektieren, da es erklärt, wie wir uns organisieren und wie wir unsere Entscheidungen treffen.
  • Informationstreffen: Die Regierung muss sich mit unserem Volk treffen, in jedem Dorf einzeln, um uns über ihre Vorhaben zu informieren und unsere Zweifel und Nachfragen zu beantworten. Neben uns sollen die Partner unseres Volkes an diesem Treffen jeweils teilnehmen.
  • Interne Treffen: Nach diesen Informationstreffen brauchen wir Zeit zum Diskutieren unter uns über die Vorschläge der Regierung. Wir werden Zeit brauchen, um den Vorschlag den Verwandten, die nicht an den Informationstreffen teilnehmen konnten, zu erläutern. Des Weiteren wollen wir uns mit den Flussanwohnern (beispielsweise mit denen von Montanha-Mangabal) treffen und beratschlagen. Wir werden unsere Partner zu unseren internen Treffen hinzuladen. Aber die Regierung darf dabei nicht anwesend sein. Sollten Unklarheiten oder neue Informationen aufkommen, dann muss die Regierung weitere Informationstreffen mit uns und unseren Partnern abhalten. Danach dann würden wir weitere Treffen mit unseren Partner, ohne die Regierung, machen, um die Unklarheiten zu klären und um zu debattieren. Egal wie viele Treffen dafür notwendig wären, damit das Volk der Munduruku sich vollständig informiert
  • Verhandlungstreffen: Wenn wir hinreichende Informationen haben und mit unserem ganzen Volk debattiert haben, wenn wir also eine Antwort an die Regierung haben, dann muss die Regierung sich mit uns, in unserem Territorium treffen. An diesem Treffen sollen auch unsere Partner teilnehmen. Die Regierung muss zuhören und auf unseren Vorschlag antworten, selbst wenn unser Vorschlag anders als der von der Regierung sei. Und wir mahnen: Wir akzeptieren nicht, dass die Regierung Rechte so einsetzt, wie die, die uns eigentlich zustehen, aber nie respektiert werden, um uns letztlich reinzulegen.

Wie treffen wir Munduruku unsere Entscheidungen?

  • Wenn ein Vorhaben uns alle betrifft, dann ist unsere Entscheidung eine kollektive. Die Regierung darf nicht nur einen Teil des Volks der Munduruku konsultieren (sie darf zum Beispiel nicht nur die Munduruku des Mittleren Tapajós oder nur die des Oberen Tapajós konsultieren).
  • Keine Vereinigung der Munduruku entscheidet für das Volk der Munduruku, keine Organisation redet für unser Volk. Die Entscheidungen unseres Volks werden auf der Vollversammlung getroffen, die durch unsere Kaziken einberufen wird. Es sind unsere Kaziken, die gemeinsam und zusammen Zeit und Ort der Generalversammlung festlegen und die Munduruku zur Teilnahme einladen. Auf diesen Versammlungen werden die Entscheidungen im Anschluss an die Debatte getroffen: Wir diskutieren und kommen zu einem Kosens. Wenn es nötig ist, diskutieren wir viel. Wir stimmen nicht ab. Wenn es keinen Konsens gibt, entscheidet die Mehrheit.

Was erwartet das Volk der Munduruku von dieser Konsultation?

Wir erwarten, dass die Regierung unsere Entscheidung respektiert. Wir haben Veto-Recht.

Sawe!!“

1Siehe hierzu ausführlich die Chronologie unter https://www1.folha.uol.com.br/poder/2019/08/bolsonaro-diz-que-errou-ao-insistir-em-demarcacao-de-terras-indigenas-pela-agricultura.shtml

2Siehe „Wir werden Widerstand leisten! SURARA! SAWÊ!“, unter: https://www.gegenstroemung.org/web/blog/wir-werden-widerstand-leisten-surara-sawe/

3Ratifiziert durch den Kongress durch das DECRETO LEGISLATIVO Nº 143, DE 2002, siehe https://www2.camara.leg.br/legin/fed/decleg/2002/decretolegislativo-143-20-junho-2002-458771-convencao-1-pl.html

4DECRETO Nº 5.051, DE 19 DE ABRIL DE 2004: Promulga a Convenção nº 169 da Organização Internacional do Trabalho – OIT sobre Povos Indígenas e Tribais, siehe http://www.planalto.gov.br/ccivil_03/_ato2004-2006/2004/decreto/d5051.htm

5Siehe hierzu ausführlich „Os protocolos de consulta“, in: „Protocolos de consulta prévia e o direito à livre determinação“. Hrsg. von Verena Glass et al, Rosa-Luxemburg-Stiftung São Paulo, 2019

6Siehe „Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne.“ Von Tina Kleiber und Christian Russau unter Mitwirkung von Heike Drillisch und Herbert Wasserbauer. GegenStrömung, Juli 2014. Unter: https://www.gegenstroemung.org/web/wp-content/uploads/2014/07/GegenStr%C3%B6mung_Belo-Monte-und-Europ-Konzerne_2014.pdf

7Siehe https://www.conjur.com.br/2011-abr-05/oea-brasil-suspenda-obras-belo-monte-proteger-indigenas

8Siehe http://global.org.br/programas/brasil-endossa-frente-de-enfraquecimento-do-sistema-interamericano-de-direitos-humanos/

9Nicht zu verwechseln mit den Wasserfällen Sete Quedas, die durch den Bau des Staudamms Itaipu an der Grenze zu Paraguay in den 1970er Jahren geflutet wurden.

10Siehe https://amazoniareal.com.br/o-valor-da-ancestralidade-para-os-munduruku-impresso-em-sete-quedas/

11Siehe hierzu https://www.kooperation-brasilien.org/de/themen/landkonflikte-umwelt/erklaerung-anklage-des-volkes-munduruku und https://www.gegenstroemung.org/web/blog/indigene-kayabi-munduruku-und-apiaka-protestieren-weiter-gegen-das-wasserkraftwerk-sao-manoel-am-fluss-teles-pires-in-amazonien/ und https://www.gegenstroemung.org/web/blog/besetzung-der-baustelle-des-wasserkraftwerks-sao-manoel-am-fluss-teles-pires/

12Siehe https://amazoniareal.com.br/povo-munduruku-resgata-12-urnas-funerarias-de-museu-no-mato-grosso/

13Siehe https://www.kritischeaktionaere.de/munich_re/1754/

14Siehe hierzu http://www.mpf.mp.br/atuacao-tematica/ccr6/documentos-e-publicacoes/protocolos-de-consulta-dos-povos-indigenas und „Os protocolos de consulta“, in: „Protocolos de consulta prévia e o direito à livre determinação“. Hrsg. von Verena Glass et al, Rosa-Luxemburg-Stiftung São Paulo, 2019, S. 109ff.

15Siehe Felício Pontes Jr, in: „Protocolos de consulta prévia e o direito à livre determinação“. Hrsg. von Verena Glass et al, Rosa-Luxemburg-Stiftung São Paulo, 2019, S. 15

16Siehe zusammenfassend „Protocolos de consulta prévia e o direito à livre determinação“. Hrsg. von Verena Glass et al, Rosa-Luxemburg-Stiftung São Paulo, 2019

17Siehe https://valor.globo.com/brasil/coluna/brasil-e-voto-isolado-na-oit-e-ameaca-deixar-convencao-sobre-povos-indigenas.ghtml

18Siehe https://www1.folha.uol.com.br/poder/2019/10/grupo-do-governo-articula-revisao-de-consulta-a-indios-sobre-grandes-obras.shtml

]]>
Neues Berggeschrey in indigenem Land https://www.gegenstroemung.org/web/blog/neues-berggeschrey-in-indigenem-land/ Fri, 14 Feb 2020 13:39:02 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2014 Bolsonaro macht ernst mit künftigem Bergbau in indigenen Territorien. Es war eines seiner großen Wahlversprechen, eines, das Panik bei indigenen Völkern Brasiliens und bei den sie unterstützenden Menschenrechtsverteidiger*innen auslöste, eines, das Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nun in Angriff nimmt und damit indigenes Land für die wirtschaftliche Ausbeutung freigeben will: Bergbau und andere wirtschaftliche Aktivitäten, wie großflächige, industrielle Landwirtschaft sollen nach Wunsch des Präsidenten Bolsonaro künftig in indigenen Territorien in Brasilien erlaubt sein.

Der von Jair Bolsonaro vorgelegte Gesetzesvorschlag liegt derzeit noch unter Verschluss, wurde der Presse selbst nicht übergeben, sondern nur an den brasilianischen Nationalkongress weitergeleitet. Die Bolsonaro-Gesetzesvorlage sieht laut Medienberichten im Falle der künftigen Ausbeutung des Bodens indigener Territorien durch Dritte die Zahlung einer finanziellen Entschädigung an die indigenen Völker vor, dies jedoch in einer Höhe, die unter den Werten liegen, die z.B. an Lizenzgebühren bezahlt werden (wie bspw. bisher üblich bei der Ölexploration). Dem Vorschlag zufolge würden bei künftiger Wasserkraftnutzung die Gemeinden 0,7% des Wertes der erzeugten Energie erhalten, im Falle von Erdöl, Erdgas und deren Derivaten würde dieser Wert bei 0,5% bis 1% des produzierten Wertes liegen. Im Falle von Bergbauaktivitäten soll die Ausgleichszahlung an die indigenen Gemeinden 50% des Wertes der finanziellen Entschädigung für die Ausbeutung von Mineralressourcen betragen. Es ist laut Medienberichten auch eine Entschädigung für die dann künftig durch diese neue Nutzung eingeschränkte Landnutzung durch die Indigenen vorgesehen, um die indigenen Völker für den Nutzungsausfall eines Teils des Landes zu entschädigen. Dieser Entschädigungssatz für die Fläche des Landes, die von der Nutzung durch den neuen Betrieb verhindert bzw. verändert werde, soll von der brasilianischen Bundesregierung auf der Grundlage des Umfangs der Beschränkung berechnet werden, wobei klare Berechnungsgrundlagen bisher nicht bekannt gemacht wurden.

Klar ist: Das Projekt gibt den indigenen Völkern wenig Autonomie, um selbst zu entscheiden, ob sie ihr Land ausbeuten lassen wollen oder nicht. Denn: Die Gemeinschaften werden zwar angehört, aber im Falle der Wasserkraft- oder Erdölexploration wird es nur eine Konsultation sein, ohne Vetorecht. Letztich kann der Präsident der Republik den jweiligen konkreten Explorationsantrag auf eine Lizenz zur Unterzeichnung weiterleiten. Die endgültige Genehmigung der Gesetzesvorlage werden die beiden Kammern des Kongress, Abgeordnetenkammer und Senat, treffen.

Das Vetorecht der indigenen Völker gilt also nicht, mit einer Ausnahme. Bolsonaros Gesetzesvorschlag sieht im Falle von Garimpos (Bergbauschürfen) ein Vetorecht vor. In solchen Fällen könnten die Indigenen die Ausbeutung des Landes (theoretisch) verhindern. Denn der Gesetzesvorschlag sieht im Falle der Ausbeutung durch Garimpo vor, dass die Indigenen selbst den Garimpo durchführen können oder Dritte beauftragen könnten, dies zu tun. Unklar ist, wie die Entscheidungen darüber ablaufen sollen, wenn es in den indigenen Völkern unterschiedliche Ansichten und Absichten darüber gibt. Der nun vorgeschlagene Gesetzestext sieht laut Medienberichten vor, dass die Entscheidungen über Aktivitäten in den Gemeinden von einem Beirat getroffen werden, deren Mitglieder von den betroffenen indigenen Völkern gebildet werden und deren Vertreter*innen von den Gemeinschaften „gemäß ihrer normalen Art und Weise, Anführer*innen und Delegierte zu wählen“ (so der Pressetext), ernannt werden. Angesichts unterschiedlicher Interessenslagen auch bei indigenen Völkern steht Streit und Zwist ins Haus, ein Umstand, den ein Jair Bolsonaro sehr wohl zu nutzen weiß… Es droht Übles in Brasilien.

// Christian Russau

]]>
Morddrohungen und Einschüchterungsversuche gegen indigene Menschenrechtsaktivistin in Santarém https://www.gegenstroemung.org/web/blog/morddrohungen-und-einschuechterungsversuche-gegen-indigene-menschenrechtsaktivistin-in-santarem/ Wed, 04 Dec 2019 15:11:11 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1982 Nach Morddrohungen und einem gezielten Einbruch in ihre Wohnung hat die indigene Menschenrechtsaktivistin Alessandra Korap Munduruku Santarém vorerst verlassen müssen.

Alessandra Korap Munduruku musste wegen Morddrohungen und einem offensichtlich der Einschüchterung ihrer Person geltenden Einbruch in ihre Wohnung mit ihrer Familie Santarém verlassen. Dies nur wenige Tage, nachdem sie die illegalen Aktivitäten von garimpeiros und Holzfäller öffentlich und auch die nach wie vor aktuellen Staudammpläne Brasílias für die Tapajós-Region angeprangert hatte. Alessandra Korap Munduruku war zusammen mit 50 anderen Indigenen am 20. November nach Brasília gefahren, um dort öffentlich das illegale Vorgehen der garimpeiros und Holzfäller in den indigenen Territorien anzuprangern. Dabei war sie gefilmt worden, dieses Video wurde in sozialen Medien geteilt, woraufhin Frau Korap Morddrohungen erhalten hat. Am vergangenen Samstag war die Familie außer Haus, nach ihrer Rückkehr stellten sie fest, dass in ihr Haus in Samtarém, Bundesstaat Pará, eingebrochen worden war. Die Einbrecher hatten Dokumente, ein Tablet, ein Handy und eine Speicherkarte einer Kamera mitgenommen, die Kamera aber selbst liegen gelassen. Der Fernseher wurde ebenfalls gestohlen, aber die Gasflasche, eines der am häufigsten gestohlenen Gegenstände in der Region, wurde zurückgelassen. Laut Frau Korap ereignete sich der Einbruch zwischen dem späten Nachmittag und dem frühen Abend dieses Samstags (30.11.).

Wegen des mutmaßlichen Zusammenhangs mit den Drohungen gegen ihre Person, hat Alessandra Korap Munduku zusammen mit ihrer Familie Santarém verlassen und bleibt zunächst bei Freundinnen. Am Sonntag hatte Frau Korap noch versucht, eine polizeiliche Anzeige auf der zuständigen Wache zu erstatten, wurde aber aufgefordert, am Montag zurückzukehren und es erneut zu versuchen während der regulären Dienstzeiten, die Wochenenddienstzeiten seien nur für Taten, bei den die Täterinnen in flagranti erwischt wurden.

Alessandra Korap Munduruku gibt der Regierung in Brasília seit langem eine Mitverantwortung für die Menschenrechtsverletzungen gegen Indigene, da der Hassdiskurs des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro die Gesellschaft vergifte, so Alessandra Korap Munduruku im Gespräch mit KoBra anlässlich ihres Besuchs in Berlin Ende September 2019. Dort sprach sie unter anderem vor 270.000 Menschen auf der Fridays for Future-Demo-Kundudgebung vor dem Brandenburger Tor.

// christianrussau

]]>
Offener Brief: Keine Equipment-Lieferung für Bergbauaktivitäten in Indigenen Territorien in Braslilien https://www.gegenstroemung.org/web/blog/offener-brief-keine-equipment-lieferung-fuer-bergbauaktivitaeten-in-indigenen-territorien-in-braslilien/ Mon, 02 Sep 2019 12:10:04 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1951 Berlin (29. August 2019): Wir haben uns mit einem offenen Brief an Siemens und Thyssen-Krupp gewandt, mit der Aufforderung sich nicht an Bergbauaktivitäten in Indigenen Territorien in Brasilien durch Equipment-Lieferungen zu beteiligen.

„Wir wenden uns an Sie vor dem Hintergrund, dass uns die neuesten Entwicklungen in Brasilien äußerst beunruhigen. „Die Lunge der Welt“ in Amazonien brennt in nie gekanntem Ausmaß. Die illegale Brandrodung ist größtenteils menschengemacht. Großgrundbesitzer, Bergbau-Konzerne und Rinderzüchter reißen die Territorien indigener Gruppen gewaltsam an sich. Gleichzeitig wird massiv Regenwald gerodet. Um 278% stieg die Fläche des gerodeten Waldes im Juli 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro trägt eine große Mitverantwortung für diese Zerstörung von Umwelt und Weltklima.
Bolsonaro kündigt an, die indigenen Territorien des Landes für industrielle Landwirtschaft und Bergbau freizugeben

Bolsonaro hat angekündigt, dass Land der Indigenen dem Agrobusiness und Bergbau zur Verfügung zu stellen. Er verkauft das als Wohltat, die den Indigenen zugutekomme. Doch in Wahrheit reißen bewaffnete Banden das Land gewaltsam an sich. Die indigenen Gemeinschaften leben in ständiger Angst vor dem nächsten brutalen Angriff auf ihr Land.
„Dieses Gerede über indigene Völker ist rückwärtsgewandt und behandelt uns respektlos, unsere Geschichte, unsere Abstammung!“, protestierten 200 indigene Frauen vom Unteren Tapajós-Fluss in Amazonien in einer gemeinsamen Erklärung bereits im Januar 2019. Ihr Urteil fällt harsch aus: „Der Präsident vergleicht uns mit Tieren im Zoo, die in einem Käfig gefangen sind. Er macht absurde Aussagen über unsere Lebensweise und über unsere Wünsche als Bürgerinnen.“ Auch die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte indigener Völker, Victoria Tauli-Corpuz, forderte die Regierung Bolsonaro explizit auf, die von Brasilien unterzeichneten internationalen Abkommen einzuhalten, die den Schutz indigener Völker und ihrer Territorien gewährleisten.

Angesichts der massiven Bedrohung der Integrität der indigenen Territorien durch die gezielte Öffnung für den Bergbausektor und das Agrobusiness fordern wir Sie als international tätiges Unternehmen auf:
• Erklären Sie öffentlich, dass Ihr Unternehmen keine Zulieferungen von Maschinen oder Dienstleistungen für den in Brasilien drohenden Bergbau in indigenen Territorien zur Verfügung stellen wird!
• Stellen Sie sicher, keine Produkte zu importieren, die aus Landraub in indigenen Territorien stammen!
• Bekennen Sie sich zu Menschenrechten und insbesondere zu den Rechten der Indigenen in Amazonien!

Die indigenen Gemeinden in Brasilien gehören zu den besten Verwaltern und Bewahrern großer Wälder und biologischer Vielfalt. Wenn ihre Rechte mit Füßen getreten werden, geht es allzu oft darum, weitere Inwertsetzungsspiralen durch klimaschädliche Abholzung in Gang zu setzen. Der Schutz indigener Landrechtsverteidiger ist daher nicht nur eine menschenrechtliche Notwendigkeit, sondern auch dringend erforderlich, um die Klimakrise zu mildern.

Hochachtungsvoll

Christian Russau, Vorstand Dachverband Kritische Aktionäre
Michael Reckordt, Koordinator AK Rohstoffe
Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Vorsitzender BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.)

Zum offenen Brief an Siemens

Zum offenen Brief an Thyssen Krupp

]]>
Offener Brief: Keine Equipment-Lieferung für Bergbauaktivitäten in Indigenen Territorien in Brasilien https://www.gegenstroemung.org/web/blog/offener-brief-keine-equipment-lieferung-fuer-bergbauaktivitaeten-in-indigenen-territorien-in-brasilien/ Thu, 29 Aug 2019 13:15:44 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1949 Heute haben wir uns mit einem offenen Brief an Siemens und Thyssen-Krupp gewandt, mit der Aufforderung sich nicht an Bergbauaktivitäten in Indigenen Territorien in Brasilien durch Equipment-Lieferungen zu beteiligen.

„Wir wenden uns an Sie vor dem Hintergrund, dass uns die neuesten Entwicklungen in Brasilien äußerst beunruhigen. „Die Lunge der Welt“ in Amazonien brennt in nie gekanntem Ausmaß. Die illegale Brandrodung ist größtenteils menschengemacht. Großgrundbesitzer, Bergbau-Konzerne und Rinderzüchter reißen die Territorien indigener Gruppen gewaltsam an sich. Gleichzeitig wird massiv Regenwald gerodet. Um 278% stieg die Fläche des gerodeten Waldes im Juli 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro trägt eine große Mitverantwortung für diese Zerstörung von Umwelt und Weltklima.

Bolsonaro kündigt an, die indigenen Territorien des Landes für industrielle Landwirtschaft und Bergbau freizugeben

Bolsonaro hat angekündigt, dass Land der Indigenen dem Agrobusiness und Bergbau zur Verfügung zu stellen. Er verkauft das als Wohltat, die den Indigenen zugutekomme. Doch in Wahrheit reißen bewaffnete Banden das Land gewaltsam an sich. Die indigenen Gemeinschaften leben in ständiger Angst vor dem nächsten brutalen Angriff auf ihr Land.

„Dieses Gerede über indigene Völker ist rückwärtsgewandt und behandelt uns respektlos, unsere Geschichte, unsere Abstammung!“, protestierten 200 indigene Frauen vom Unteren Tapajós-Fluss in Amazonien in einer gemeinsamen Erklärung bereits im Januar 2019. Ihr Urteil fällt harsch aus: „Der Präsident vergleicht uns mit Tieren im Zoo, die in einem Käfig gefangen sind. Er macht absurde Aussagen über unsere Lebensweise und über unsere Wünsche als Bürgerinnen.“ Auch die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte indigener Völker, Victoria Tauli-Corpuz, forderte die Regierung Bolsonaro explizit auf, die von Brasilien unterzeichneten internationalen Abkommen einzuhalten, die den Schutz indigener Völker und ihrer Territorien gewährleisten.

Angesichts der massiven Bedrohung der Integrität der indigenen Territorien durch die gezielte Öffnung für den Bergbausektor und das Agrobusiness fordern wir Sie als international tätiges Unternehmen auf:

  • Erklären Sie öffentlich, dass Ihr Unternehmen keine Zulieferungen von Maschinen oder Dienstleistungen für den in Brasilien drohenden Bergbau in indigenen Territorien zur Verfügung stellen wird!
  • Stellen Sie sicher, keine Produkte zu importieren, die aus Landraub in indigenen Territorien stammen!
  • Bekennen Sie sich zu Menschenrechten und insbesondere zu den Rechten der Indigenen in Amazonien!

Die indigenen Gemeinden in Brasilien gehören zu den besten Verwaltern und Bewahrern großer Wälder und biologischer Vielfalt. Wenn ihre Rechte mit Füßen getreten werden, geht es allzu oft darum, weitere Inwertsetzungsspiralen durch klimaschädliche Abholzung in Gang zu setzen. Der Schutz indigener Landrechtsverteidiger ist daher nicht nur eine menschenrechtliche Notwendigkeit, sondern auch dringend erforderlich, um die Klimakrise zu mildern.

Hochachtungsvoll

Christian Russau,
Vorstand Dachverband
Kritische Aktionäre

Michael Reckordt,
Koordinator AK Rohstoffe

Ernst-Christoph Stolper,
stellvertretender Vorsitzender BUND
(Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.)“

Weitere unterstützende Organisationen: siehe Brief.

Die Briefe finden Sie hier:

http://ak-rohstoffe.de/wp-content/uploads/2019/08/2019-08-29-Kein-Equipment-Bergbau-Brasilien_Siemens.pdf

http://ak-rohstoffe.de/wp-content/uploads/2019/08/2019-08-29-Kein-Equipment-Bergbau-Brasilien_ThyssenKrupp.pdf

// christian russau

]]>
Saubermann Siemens? Podiumsdiskussion zu den menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten des Münchener Großkonzerns https://www.gegenstroemung.org/web/blog/saubermann-siemens-podiumsdiskussion-zu-den-menschenrechtlichen-und-oekologischen-sorgfaltspflichten-des-muenchener-grosskonzerns/ Fri, 19 Jan 2018 10:59:48 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1661

Unternehmen sind verpflichtet, entlang ihrer gesamten Lieferkette menschenrechtliche und Umweltstandards einzuhalten. Das Münchner Weltunternehmen Siemens rühmt sich immer wieder, dies vorbildlich zu tun. Die Realität spricht oftmals eine andere Sprache. Ein international besetztes Podium diskutiert am Vorabend der jährlichen Hauptversammlung über die Ansprüche des aktuellen Sustainability Reports im Kontrast zu den tatsächlichen Verwicklungen des Konzerns in ökologisch und sozial katastrophale Projekte in Mexiko, Chile, Honduras und der Westsahara. Zudem blicken wir auf den Stand der Aufarbeitung von Korruptions- und Kartellskandalen.

foto: lapalabraylapluma.com

Wann? Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr

Wo? Kulturladen Westend, Ligsalzstr. 44, 80339 München (U4/U5 Schwanthalerhöhe)

Veranstaltende: Christliche Initiative Romero (CIR), Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre, FDCL, GegenStrömung, KulturLaden Westend, medico international, Ökubüro München

Themen und Referent*innen:

WSWR

Foto: WSWR

WESTSAHARA: Verträge gegen das Völkerrecht

Seit vier Jahrzehnten hält Marokko das Gebiet der Westsahara besetzt. Kein Staat der Welt erkennt Marokkos Anspruch auf Westsahara an. Mehr als 100 UN-Resolutionen fordern das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Westsaharas ein. Siemens aber scheint sich nicht um die Rechte der Bevölkerung Westsaharas zu scheren. Siemens-Windräder liefern heute fast den gesamten Strom für Marokkos Phosphatexport aus dem besetzten Gebiet. Das Phosphat wird von der im marokkanischen Staatsbesitz stehenden Firma OCP verkauft. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Gewinne aus diesen Unternehmungen hauptsächlich an den marokkanischen Staat fließen. Der Europäische Gerichtshof hat im Dezember 2016 ein eindeutiges Urteil gefällt: Marokko hat kein Recht, Verträge in Westsahara einzugehen, daher sind auch die Verträge von Siemens mit der marokkanischen Regierung in Westsahara als illegal anzusehen.

Kadhja Bedati (Sahraouische Jugend) hielt bei Milo Raus „General Assembly“ 2017 eine mitreißende Rede, in der sie auch Siemens ausführlich erwähnte und ist nun Podiumsgast in München.

CHILE: Saubere Energie?

Seit Jahren sorgt das Wasserkraftprojekt Alto Maipo in den Bergen um Santiago de Chile für Unruhe. Mitten in einem Naturschutzgebiet gelegen, soll es das Wasser mehrerer Flüsse in Tunnels umleiten, um Strom zu produzieren. Nicht nur das Naturschutzgebiet, auch die Wasserversorgung der chilenischen Hauptstadt sind von dem Projekt bedroht: Wegen Sprengungsarbeiten stieg die Schwermetallbelastung des Trinkwassers bereits auf ein Vielfaches der erlaubten Werte. Doch deutsche und europäische Unternehmen wie Strabag, Hochtief und das Siemens Joint Venture Voith Hydro beteiligen sich weiter an Alto Maipo, das von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau mitfinanziert wird.

Thilo F. Papacek (GegenStrömung) berichtet über die Verwicklungen dieser Unternehmen in das Projekt und die Widerstandsbewegung, die sich in Chile gegen Alto Maipo gebildet hat.

 

Quelle: Gaipe

HONDURAS: Lessons learned?

Am 2. März 2016 wurde die Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres in Honduras ermordet. Sie wurde Opfer eines Komplotts zur Beseitigung des friedlichen Widerstandes gegen das Wasserkraftwerk Agua Zarca. In dem Komplott agierten führende Mitarbeiter von Voith Hydros honduranischem Vertragspartner Desarollos Energéticos S.A. (DESA) als Hauptbeteiligte. Siemens war seit Anfang 2014 gewarnt und wusste spätestens im Frühjahr 2015, dass Agua Zarca weder internationalen Standards, noch eigenen internen Maßstäben genügte. Siemens wusste auch, dass Voith Hydro nicht nach diesen Standards handelte, sondern sich ganz offensichtlich auf Aussagen eines honduranischen Geschäftspartners verließ, der im Verdacht krimineller Praktiken stand. Nach dem Mord begrüßte Siemens zwar die Suspendierung der Turbinenlieferung, war aber offenbar nicht in der Lage, wirkungsvolle Schritte zu unternehmen, was die weiterbestehende skandalöse Geschäftsbeziehung Voith Hydro – DESA anging. Erst nach dem endgültigen Ausstieg der europäischen Entwicklungsbanken im Sommer 2017 wurde die bis dahin sakrosankte Vertragsbeziehung beendet.

Andrea Lammers (HondurasDelegation, Ökubüro) berichtet über die brisanten Erkenntnisse der Internationalen Expert*innenkommission über das Mordkomplott im Fall Berta Cáceres und fragt nach den Konsequenzen.

 

Foto: sinembargo.mx

MEXIKO: Zero Harm-Kultur?
Siemens brüstet sich damit, dass ein „zuverlässiges Stromnetz Berge versetzen kann“. Das Unternehmen bezieht sich damit auf die Lieferung eines Steuerungssystems für die Kupfermine Buenavista del Cobre des Bergbaukonzerns Grupo México. Genau diese Mine verursachte 2014 das schlimmste ökologische Desaster des Landes: Am 6. August traten durch ein Leck in der Mine 40.000 Kubikmeter Kupfersulfat aus und verschmutzten mehrere Flüsse der Region. In sieben Gemeinden mit 22.000 Einwohner*innen führte dies zu Krankheiten und Umweltschäden. Drei Jahre später hat der Verursacher weder Schäden behoben, noch eine zugesagte Kläranlage gebaut. Auch finanzielle Unterstützung zur medizinischen Versorgung bleibt bis heute aus. Siemens hat offensichtlich keine Probleme damit, weiter Geschäfte mit Grupo México abzuwickeln und hebt sogar noch die angebliche „Zero Harm-Kultur des höchst sicherheitsorientierten Minenkomplexes Buenavista del Cobre“ hervor.

Verena Bax ist bei der Christlichen Initiative Romero (CIR) in Münster zuständig für Kampagnenarbeit mit Schwerpunkt: Rohstoff-Abbau und –Konsum. Die CIR gab 2017 die Studie „Mexiko – Gewaltrohstoffe für Deutschlands Industrie?“ heraus.

Der spanische Windturbinenhersteller Gamesa fusionierte 2016 mit Siemens Wind Power, der Windenergiesparte von Siemens Energy. Turbinen von Gamesa produzieren auch in der Landenge Isthmus von Tehuantepec in mehreren großen Windparks Strom. Doch seit fast 20 Jahren gibt es dort einen Konflikt um mittlerweile zwei Dutzend Windkraftanlagen. Beim Bau der Anlagen wurden kollektive Landrechte, Landnutzungsansprüche und indigene Mitbestimmungsrechte verletzt, so z.B. im Falle der Anlage ‚Piedra Larga‘, für die Gamesa die Turbinen lieferte. In der ganzen Region kommt es immer wieder zu gewalttätigen Konflikten. Morddrohungen und, teils auch von staatlichen Behörden begangene Menschenrechtsverletzungen betreffen vor allem die Oppositionsbewegung gegen die Windenergieanlagen. Und auch im Isthmus von Tehuantepec sind staatliche Behörden mit der jahrzehntelang autoritär regierenden PRI („Partei der institutionalisierten Revolution“) und dem organisierten Verbrechen verwoben. Angesichts eines solchen konflikthaften Kontextes muss sich Gamesa/Siemens aus dem Isthmus von Tehuantepec zurückziehen.

Cristina Valdivia (ÖkuBüro) informiert über den aktuellen Zustand der Fusion Siemens-Gamesa in Mexiko und die entstehenden Konflikte in den mexikanischen Regionen.

 

Foto: Christian Russau

KORRUPTION & KARTELLE: „Oh wie schön ist Panama“

Jahrzehntelang führte Siemens weltweit schwarze Kassen. Damit wurde vor allem auch in Lateinamerika bestochen und geschmiert, wurden Kartelle gebildet, um an lukrative Aufträge zu kommen. In Brasilien ermitteln seit nahezu zehn Jahren infolge der Selbstanzeige von Siemens die Staatsanwaltschaft von São Paulo sowie die Bundesstaatsanwaltschaft. Dabei geht es um das so genannte Metro-Kartell, an dem neben Siemens Ltda und Alstom Brasil Ltda noch weitere multinationale Firmen beteiligt waren. Diese Firmen hätten wiederholt und bandenmässig das Straftatkriterium organisierten Verbrechens erfüllt – und müssten deshalb geschlossen werden, argumentiert die Staatsanwaltschaft von São Paulo. Im Zuge der so genannten. „Panama-Papers“ des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca erhielten die Ermittlungen neuen Aufwind.

Christian Russau (Dachverband Kritische Aktionäre, fdcl), Autor des Buches „Abstauben in Brasilien. Deutsche Konzerne im Zwielicht“ fasst alte und neue Skandale zusammen und gibt ein Resumé über die Rolle von Siemens als Zulieferer an weitere ökologisch und sozial katastrophale Projekten in Lateinamerika, Asien und Afrika sowie die Beteiligung am Bau der hochumstrittenen Transadriatischen Pipeline (TAP) von Aserbeidschan nach Italien.

 

Für den Inhalt dieser Ankündigung sind allein die Veranstaltenden verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbh und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit oder des LEZ Berlin wieder.

V.i.S.d.P. Andrea Lammers, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V., Pariser Str.13, 81667 München

Veranstalter

Kooperationspartner

Förderer

]]>
Brasilianische Wasserkraft (auch) für deutsche Schnitzel. Film „Belo Monte – After the Flood“ und Diskussion https://www.gegenstroemung.org/web/blog/brasilianische-wasserkraft-auch-fuer-deutsche-schnitzel-film-belo-monte-after-the-flood-und-diskussion/ Mon, 25 Sep 2017 16:00:06 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1563 Filmvorführung mit Vortrag und Diskussion

5. Oktober, 19:0020:30

Ort: Lateinamerika-Forum / Foro de las Américas Berlin e.V.
c/o SEKIS
Bismarckstraße 101
10625 Berlin

Folgen der Staudämme am Xingú und Tapajós (Amazonien) für die lokalen Gemeinschaften und die Natur. Mit Christian Russau (GegenStrömung)

Der Dokumentarfilm „Belo Monte – After the Flood“ des Regisseurs Todd Southgate (BRA 2017, 51 Min. OF Engl.) ist Ausgangspunkt unserer Veranstaltung.

„Der Kampf gegen den Bau des weltweit drittgrößten Wasserkraftwerks im Herzen des brasilianischen Amazonas ist verloren. Der Damm wurde trotz allen Widerstands gebaut, ein Wald geflutet und die Stromproduktion beginnt. Die Anwohner*innen am Fluss und in der Stadt Altamira, die Kleinbauern und Indigenen stehen nun vor den Scherben zerstörter Umwelt und erodierender Sozialstruktur. Und deutsche Turbinenlieferanten wie Siemens/Voith und Rückversicherer wie die Münchener Rück weisen noch immer jede Kritik an ihren Staudammgeschäften zurück.“ Der Film beleuchtet die aktuelle Situation.

In der auf den Film folgenden Diskussion erweitern wir den Blick über Belo Monte hinaus auf die Staudammproblematik in Brasilien insgesamt – und fragen, was dieselbe mit dem Schnitzel auf unserem Tisch zu tun hat. Eine Antwort weiß der Journalist Christian Russau.

Staudamm Belo Monte. Foto: Christian Russau
Staudamm Belo Monte. Foto: Christian Russau

]]>