Deutsche Bank – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Thu, 21 May 2020 07:53:47 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Bergbau-Tailings, Zerstörung Amazoniens: Fragen an die Deutsche Bank https://www.gegenstroemung.org/web/blog/bergbau-tailings-zerstoerung-amazoniens-fragen-an-die-deutsche-bank/ Thu, 21 May 2020 07:53:45 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2059 Die Deutsche Bank hielt am 20. Mai ihre alljährliche Hauptversammlung ab. Diesmal rein virtuell per Internet, aber wir mussten wiederum kritisch nachfragen und haben die Fragen vorab online eingereicht.

Vorab von Christian Russau (Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre) zur virtuellen Jahreshauptversammlung der Deutsche Bank AG am 20. Mai 2020 eingereichte Fragen zu TOP 2 und TOP 3:

Ein paar Blicke in Ihre Konzernbilanzen offenbart – leider wie jedes Jahr – in der Tat Erschreckendes. Seien es verantwortungslose Bergbauprojekte, die die Natur zerstören und die in nicht wenigen Fällen Menschen töten, seien es Anteile an oder Kredite für Fleischverarbeiter, die belegtermaßen an der illegalen Rodung und Landnahme in Amazonien ihren Anteil haben. Im Konkreten geht es mir heute um vor allem zwei Firmen: den brasilianischen Bergbaukonzern Vale und den brasilianischen Fleischverarbeiter JBS sowie um deren Connection zur Deutschen Bank.

Zu Vale: Bereits im vorvergangenen und im vergangenen Jahr haben wir Sie zusammen mit den brasilianischen Kolleg*innen bereits ausführlich gewarnt und auf die Bruchrisiken der Tailingdämme des brasilianischen Erzbergkonzerns Vale hingewiesen. Die Brüche von Mariana und Brumadinho sprechen hier Bände.

Fall 1: Der Bruch von Mariana. 19 Tote. Der Damm des Rückhaltebeckens der Firma Samarco (je 50% in Eigentum von Vale und BHP Billiton) brach, 19 Menschen starben und 680 Kilometer Flusslauf des Rio Doce wurden verseucht, so dass zeitweise mehr als zwei Millionen Menschen von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten waren und die über 1.500 Kleinfischerinnen und -fischer bis heute ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, weil der Fluss klinisch tot ist. Infolge des Dammbruchs von Mariana wurde bei Dutzenden von Kindern hohe Arsenrückstände im Körper medizinisch nachgewiesen. Diese Kinder sind über einen langen Zeitraum dem toxischen Schlamm ausgesetzt gewesen. Es gibt seitens der verantwortlichen Firmen keinerlei Ansatz eines Vorgehens, das eine reale Erfassung der Gesundheitssituation und der Kontamination durch das Wasser gewährleistet. Die Familien, die ihre Häuser in den Schlammmassen verloren haben, deren Häuser und Städte sind noch immer nicht wiederaufgebaut worden. Die gesamte soziale und Umwelt-Dimension dieses Desasters ist noch immer nicht vollkommen erfasst worden, so dass eine umfassende und adäquate Wiedergutmachung und Entschädigung verunmöglicht wird. Und dies alles viereinhalb Jahre nach dem Dammbruch von Mariana.

Fall 2: Der Bruch von Brumadinho. 270 Tote. Im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais brach 25. Januar 2019 in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho, rund 25 Kilometer südwestlich des Landeshauptstadt Belo Horizonte, ein Damm eines Rückhaltebeckens für die Erzschlammreste der Mine Córrego do Feijão. Vale erklärte, in dem gebrochenen Becken hätten sich 11,7 Mio. Kubikmeter Erzschlammreste befunden. Der Erzschlamm flutete ein ganzes Tal.

Obwohl ich Sie bereits im vor- wie auch im vergangenen Jahr darauf hingewiesen habe, steht die Deutsche Bank noch immer in Geschäftsverbindungen zu den verantwortlichen Firmen. Zwischen 2010 und 2017 stellte die Deutsche Bank der brasilianischen Vale 701 Mio. Euro und der anglo-australischen BHP Billiton 622 Mio. Euro an Krediten und Anleihen zur Verfügung. Außerdem hält die Deutsche Bank Aktien an den beiden Unternehmen in Höhe.

Ich frage Sie: zum Stichtag 30. März 2020 hielt die Deutsche Bank, inklusive Töchter, wieviele Bonds, Anteile an (auch multilateralen) Kredittranchen sowie an Assets der Firma Vale sowie der Firma BHP Billiton?

Zu JBS: JBS S.A. ist der weltgrößte Fleischproduzent der Welt. JBS steht für eine lange Kette von Umweltzerstörungen – direkt und indirekt, konkret wie symbolisch. Dazu kommen gravierende Verstöße beim Arbeitsrecht. Das Arbeitsministerium hat wiederholt Fälle von sklavenarbeitsähnlichen Zwangsverhältnissen der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Produktionskette von JBS aufgedeckt. Erinnern muss ich auch an den immensen Anteil, den die weltweite Viehwirtschaft am CO2-Ausstoß hat, nach Angaben der Vereinten Nationen nämlich derzeit rund 15 Prozent.

2017 haben die Besitzer von JBS eingestanden, mehr als 1.800 brasilianische Politiker*innen mit mehr als 150 Mio. US-Dollar bestochen zu haben.

Im August vergangenen Jahres wurde in so ziemlich allen Medien darüber berichtet, wie es in Amazonien zu einer massiven Zunahme der Brände kam. Die gezielt gelegten Brände haben sich allein Amazonien im Vergleich zum Vorjahr ersten Berechnungen zufolge verdoppelt. Sie müssen sich diesen Vorgang so vorstellen: Die Tropenholzmafia, die Fleisch- und Sojabarone, die illegalen Goldsucher, die bewaffneten Pistoleiros und die Auftragskiller sehen nun ihre Untaten als legitimiert an. Ihr Hauptmann, Jair Bolsonaro, sei já nun schließlich Präsident Brasiliens. Ein Präsident, der sich für jede verbale Ungeheuerlichkeit sofort hergibt und mit ur-reaktionären Verbalinjurien nur so um sich schlägt. Die genannten Gruppen wähnen sich im Auftrag ihres Präsidenten, den Indigenen, den Quilombolas (afrobrasilianischer Bewohnerinnen von Quilombo-Siedlungen, die damals von entflohenen Sklavinnen gegründet wurden), den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ihr Land und deren Ressourcen zu stehlen. In Amazonien werden die Brände gezielt gelegt, auch in indigenen Territorien, und zwar von diesem Mafia-Triumvirat des Tropenholzes, des Agrobusiness‘ und der Goldgräber. Der Vorgang läuft meist so ab: Erst verbale Morddrohungen durch gedungene Pistoleiros, dann fällt die Holzmafia in die Gebiete ein und macht die lukrativen Objekte ihrer Begierde aus. Diese werden mit schwerem Gerät und unter bewaffnetem Einsatz illegal herausgeholt, dann werden zwei große Caterpillar mit mehrfach gehärtetem Stahlseil im Abstand von 50 Meter aufgestellt, und die Caterpillar ziehen das gewundene Stahlseil, den Correntão. Dieser reißt alles, aber auch jeden noch so dicken Stamm mit allem Wurzelwerk aus. Das lässt man drei, vier Monate liegen und austrocknen, dann wird alles gezielt in Brand gesetzt. Nach nur einigen kurzen Wochen danach wird Saatgut für capim, also Gras, ausgebracht, und ein paar Wochen drauf stehen auf diesen illegal gebrandrodeten Flächen Rinder. 80 Prozent der in Amazonien illegal gebrandrodeten Flächen erfolgen für die Rindviehhaltung.

Hier die Zahlen, was die Viehhaltung in Amazonien bedeutet: 1970 galt ein Prozent Amazoniens als gerodet, heute liegt dieser Wert bei 20 Prozent. Gab es in Amazonien im Jahr 2000 noch 47 Millionen Rinder, so sind es heute 85 Millionen Rinder. Dies entspricht 40 Prozent aller 219 Millionen Rinder Brasiliens. Es gibt in Brasilien also mehr Rinder als Einwohner*innen.

Noch einmal ausführlicher zur Frage, was hat die JBS-Fleischproduktion mit Amazoniens Wäldern zu tun? JBS rühmt sich, (auf Druck großer Umwelt-NGOs hin) ein Abkommen unterzeichnet zu haben. Darin verpflichtet sich der Konzern JBS, ab Oktober 2009 kein Fleisch aus illegal gebrandrodeten Flächen zu beziehen. Doch JBS wurde erwischt. Rinderherden aus illegal gerodeten Flächen waren umdeklariert worden, wie die Investigativjournalist*innen von Repórter Brasil wiederholt herausgefunden haben. Für das Jahr 2016 hat die NGO Global Witness aufgedeckt, dass dies in 20 Prozent der Produktion von JBS der Fall war.

Solche Verbrechen galten den brasilianischen Umweltbehörden bereits in der Vergangenheit allenfalls als Vergehen, die mit lächerlichen Umweltstrafen belegt wurden. JBS hat diese aus der Portokasse beglichen. Unter einer Bolsonaro-Regierung wird dergleichen noch ungleich weniger verfolgt, meist geschieht sogar das Gegenteil. Es ist dieses Geschäftsmodell von JBS, das zu einem Großteil der illegalen Brandrodungen in Amazonien mitverantwortlich ist. Schon seit Jahren fordern Indigene einen Boykott des tödlichen brasilianischen Agrobusiness‘, weil es indigenes Blut an den Händen habe.

Und was hat das mit der DEUTSCHEN BANK zu tun?

JBS wird durch international agierende Banken mit großzügigen Krediten finanziert. Die gleichen Banken halten auch noch Aktienpakete an JBS. Stand April 2019 hatte die Deutsche Bank Anteile an JBS in Höhe von 11 Mio. US-Dollar gehalten und Kredittranchen in Höhe von 56,7 Mio. US-Dollar vergeben. Ich frage Sie: zum Stichtag 30. März 2020 hielt die Deutsche Bank, inklusive Töchter, wieviele Bonds, Anteile an (auch multilateralen) Kredittranchen sowie an Assets der Firma JBS?

Ein weiteres schwerwiegendes Argument, warum Sie als Deutsche Bank Firmen wie JBS weder Kredite geben sollten, noch Anteile dieser Firma kaufen sollten: JBS ist direkt und indirekt mitverantwortlich für den Skandal, die in Brasilien so dringend nötige Agrarreform gezielt zu verhindern. Das geschieht in einem Land, in dem eine extrem ungleiche Landverteilung herrscht, wo etwa 10% der Bevölkerung rund 80% des Landes besitzen und gleichzeitig 4,8 Mio. Familien dringend auf Land warten. In solch einem Land wie Brasilien wirkt sich weniges so fatal auf die Agrarreform aus wie ein übermächtiges System kapitalistischer Aufkäufer von Fleisch. Deren Fleischfabriken kontrollieren den Markt und diktieren den Preis , um die Kleinbäuerinnen und -bauern und Kleinproduzent*innen gezielt schlechter zu stellen und sie aus dem Markt zu drängen. Dies geschieht über Verträge mit den Großproduzenten, die sich oft das Land historisch schon lange angeeignet haben – sei es durch gezielte Drohungen, Landtitelfälschungen oder durch schlichte Marktmacht. Ein Konzern wie JBS zementiert in solch einem auf Latifundien beruhenden Aufkaufsystem den Status Quo der ungerechten Landverteilung. Wenn es ein Symbol der gegen jedwede Agrarreform gerichteten reaktionären Wirtschaftselite in Brasilien gibt, dann ist dies JBS.

Die Deutsche Bank sollte ihre Policy endlich an grundlegenden menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten ausrichten. Solange dies nicht geschieht, verweigern wir Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung.

Antworten der Deutschen Bank:
Die Deutsche Bank erwiderte, die Bank bekenne sich „voll und ganz, unsere Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte zu achten, wir arbeiten aber auch kontinuierlich daran, uns zu verbessern.“ Menschenrechtsregeln würden explizit in Investitionsentscheidungen integriert. Bei Tailings im Besonderen: Seit 2011 verfüge die Deutsche Bank über „umfassende Regeln, die die Zuständigkeiten und Verfahren zum Erkennen, Bewertung und Entscheidung in Bezug auf Umwelt- und soziale Risiken festlegen“, diese gelte auch für industrielle Großprojekte.

Zu Geschäftsbeziehungen (Anteile, Kredite, Bonds, Anleihen etc) zu Vale, zu AngloAmerican, zu BHP Billiton: Unsere gesetzlichen Verpflichtungen erlauben uns nicht, zu Geschäftsbeziehungen Stellung im Einzelnen zu beziehen. Mit Erlaubnis unseres Kunden (Vale) hatten wir auf der Jahreshauptversammlung 2019 zu unseren Geschäftsbeziehung damals Auskunft gegeben. (Fragen Russau 2019). Am neuen „Global Tailing Review“ sei die Deutsche Bank nicht direkt beteiligt, würde sich aber regelmäßig darüber informieren.

Zu JBS: „Ja, wir sind uns der Risiken einer fortschreitenden Entwaldung sehr bewusst. Deshalb finanziert die Deutsche Bank keine Geschäfte, bei denen Primär-Wälder, Gebiete mit erhöhtem Schutzstatus oder Moorgebiete umgewandelt werden. Außerdem finanzieren wir keine Geschäfte, die nachweislich mit illegaler Abholzung oder dem unkontrollierten oder illegalen Einsatz von Feuer in Verbindung stehen. Wir haben Leitlinien für Unternehmen eingeführt, die eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion fördern sollen. Wir überprüfen regelmäßig, ob sich unsere Kunden an unsere Vorgaben halten. Wenn wir dabei auf Probleme stoßen, sprechen wir unsere Kunden darauf an.“

// christian russau

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„Wie kann es sein, dass Sie nach den Dammbrüchen Vale als Kreditnehmerin sowie deren Aktien halten?“ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/wie-kann-es-sein-dass-sie-nach-den-dammbruechen-vale-als-kreditnehmerin-sowie-deren-aktien-halten/ Fri, 24 May 2019 10:11:54 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1916 GegenStrömung dokumentiert die Rede von Christian Russau auf der Deutsche Bank-HV am 23. Mai 2019 in Frankfurt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Christian Russau, ich bin Vorstandsmitglied des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Wir müssen reden über Ihre moralische Mitverantwortung für verantwortungslose Bergbauprojekte, Bergbauprojekte, die die Natur zerstören und die in nicht wenigen Fällen Menschen töten. Konkret geht es mir heute – wie im vergangenen Jahr übrigens, als ich Sie zusammen mit den brasilianischen Kolleginnen und Kollegen der Bewegung der Staudammbetroffenen MAB bereits ausführlich gewarnt und auf die Bruchrisiken der Tailingdämme des brasilianischen Erzbergkonzerns Vale hingewiesen hatte und Sie dennoch untätig geblieben sind – um Ihre moralische Mitverantwortung. Es geht um die Verbindung der Deutschen Bank mit den Bergbaukonzernen Vale und BHP Billiton. Zwischen 2010 und 2017 stellte die Deutsche Bank der brasilianischen Vale 701 Mio Euro und der anglo-australischen BHP Billiton 622 Mio. Euro an Krediten und Anleihen zur Verfügung. Außerdem hält die Deutsche Bank Aktien an den beiden Unternehmen in Höhe.

Ich frage Sie: zum Stichtag 30. März 2019 hielt die Deutsche Bank, inklusive Töchter, wieviele Bonds, Anteile an (auch multilateralen) Kredittranchen sowie an Assets der Firma Vale?

Bereits im letzten Jahr legte ich Ihnen den Fall Ihrer Geschäftspartnerin Vale vor, Ihre Mitarbeiter sprachen mich hinterher an und baten um genauere Informationen, die habe ich Ihnen noch einmal gegeben. Und trotzdem: Machen Sie einfach so weiter.

Und dass, obwohl bereits am 5. November 2015 der Damm des Rückhaltebeckens der Firma Samarco (je 50% in Eigentum von Vale und BHP Billiton) gebrochen war, 19 Menschen starben und 680 Kilometer Flusslauf des Rio Doce verseucht wurde, so dass zeitweise mehr als zwei Millionen Menschen von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten waren und die über 1.500 Kleinfischerinnen und -fische bis heute ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, weil der Fluss klinisch tot ist.

Infolge des Dammbruchs von Mariana wurde bei Dutzenden von Kindern hohe Arsenrückstände im Körper medizinisch nachgewiesen. Diese Kinder sind über einen langen Zeitraum dem toxischen Schlamm ausgesetzt gewesen. Es gibt seitens der verantwortlichen Firmen keinerlei Ansatz eines Vorgehens, das eine reale Erfassung der Gesundheitssituation und der Kontamination durch das Wasser gewährleistet. Die Familien, die ihre Häuser in den Schlammmassen verloren haben, deren Häuser und Städte sind noch immer nicht wiederaufgebaut worden. Die gesamte soziale und Umwelt-Dimension dieses Desasters ist noch immer nicht vollkommen erfasst worden, so dass eine umfassende und adäquate Wiedergutmachung und Entschädigung verunmöglicht wird. Und dies alles dreieinhalb Jahre nach dem Dammbruch von Mariana.

Und am 25. Januar dieses Jahres ist wieder ein Damm von Vale gebrochen. Der Dammbruch von Brumadinho kostete 300 Menschen das Leben. Etliche der Toten wurde noch immer nicht geborgen, deren sterbliche Überreste sind unter teils meterhohen Erzmuränen begraben.

Wir wissen, dass die Deutsche Bank auf europäischer Ebene der zweitgrößte Finanzier der Bergbauindustrie ist und dass sich darunter Firmen befinden wie u.a. Anglo American und BHP Billiton, die in Verbindung stehen mit Dammbrüchen bei Rückhaltebecken und bei Erz-Pipelines, Dammbrüche infolge von Vernachlässigung von Umweltauflagen, so dass es zu einer Reihe von ungelösten sozialen Problemen vor Ort kommt.

Des Weiteren ist die Deutsche Bank eine der großen Kreditgeberinnen der Firma Vale SA. Leider schlummern in Ihren Büchern eine ganze Reihe solch menschenrechtlich-zombiesker Unternehmen, in aller Kürze sehe ich mich gezwungen, allein kurz noch auf Chevron einzugehen.

Denn die Deutsche Bank ist einer der Großaktionäre bei Chevron. Chevron ist nicht nur ein chronischer climate-crisis-denier und Umweltverschmutzer, sondern stellt auch eine große Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat dar.

Worum geht es?

Im ecuadorianischen Amazonasgebiet leiden nach wie vor Zehntausende von Betroffenen unter schweren gesundheitlichen Folgen verbrecherischer Erdölförderung. Die Krebsrate in den verschmutzten Regionen liegt 8 bis 10 Mal höher als im Vergleich mit dem nationalen Durchschnitt. Im Boden befinden sich mehr als 880 mit Rohöl gefüllte Gruben, die teilweise gar nicht gereinigt wurden, Flüsse im dortigen Amazonasgebiet, eine der an biologischer Vielfalt reichsten Regionen der Welt, sind weiterhin mit Kohlenwasserstoffsedimenten gefüllt und durch Ölverschmutzungen verunreinigt. Seit mehr als 40 Jahren werden diese Auswirkungen nicht behoben. Die vom Konzern verursachte kriminelle Umweltverschmutzung bleibt weiterhin bestehen.

In dem Prozess zwischen Ecuador und Chevron hat das Schiedsgericht von der Ecuadorianischen Regierung verlangt, dass sie in Ecuador und anderen Ländern verhindern, dass das Urteil zugunsten der Einwohner*innen von Amazonien in Ecuador und anderen Ländern vollstreckt wird. Dazu müsste die Ecuadorianische Regierung ihre eigene Verfassung sowie die Rechte ihrer Bürger verletzen! Dies bedeutet einen Eingriff in die richterliche Gewalt und stellt somit einen gefährlichen Präzedenzfall dar. Ein Schiedsgreicht darf sich nicht über nationale Gerichte stellen. Im Übrigen haben sich mehr als 260 Organisationen, die über 280 Milionen Personen vertreten, unlängst in einer gemeinsamen Erklärung an die Seite der Betroffenen gestellt und sich somit klar gegen Chevron positioniert. Nicht schön, wenn man Millionen Menschen auf sich wütend macht.

Die Deutsche Bank ist Unterzeichnerin der Equator-Principles und versucht die Ansprüche des Global Compact zu erfüllen. Dies würde aber in der Praxis eigentlich eine Überprüfung der Anlage- und Kreditvergabepolitik der Deutschen Bank erfordern. Eine Überprüfung der Geschäftspartner wie Vale oder Chevron z.B., eine Überprüfung deren sozialer und Umweltimpakte, die die Firmen auslösen, dies würde zutage bringen, dass die Firma zum wiederholten Male die Prinzipien der freien, vorherigen und informierten Befragung (FPIC), wie sie von der IFC beispielsweise gefordert werden, missachtet wurden.

Das Hochkommissariat für Menschenrechte fordert, dass Firmen – wie Sie, die Deutsche Bank – ihre Anlage- und Kreditpolitik einer genauen Überprüfung unterziehen, um dergestalt sicherzustellen, dass Menschenrechtsklauseln greifen und dass interne Mechanismen geschaffen werden, die eine Identifizierung von Risiken in diesen Bereichen ermöglichen. Wie kann es sein, dass eine Firma wie Vale einfach den Betrieb wie business as usual weiterführt und Sie, die Deutsche Bank weiterhin Vale als Kreditnehmerin sowie deren Aktien halten, ohne irgendeine Garantie, dass sich so etwas wie der Dammbruch nicht wiederholt und ohne dass zuvor die Betroffenen vollständig entschädigt wurden? Wie kann das sein?

Ich fürchte, Sie und ich und alle hier im Saal kennen die Antwort: Es geht Ihnen um Profit. Um den Umsatz, den Gewinn, die Dividende und Ihre Boni. Es geht Ihnen nicht um Menschenrechte. Die sind Ihnen komplett sekundär.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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Der Dammbruch bei Brumadinho: Welche Verbindungen und Mitverantwortung gibt es seitens deutscher Konzerne? https://www.gegenstroemung.org/web/blog/der-dammbruch-bei-brumadinho-welche-verbindungen-und-mitverantwortung-gibt-es-seitens-deutscher-konzerne/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/der-dammbruch-bei-brumadinho-welche-verbindungen-und-mitverantwortung-gibt-es-seitens-deutscher-konzerne/#comments Tue, 29 Jan 2019 08:42:23 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1851 Im Fokus bisher: TÜV SÜD, Thyssen, Allianz, Deutsche Bank

Von Christian Russau

Der Dammbruch von Córrego do Feijão bei Brumadinho, Minas Gerais
Im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais ist am 25. Januar dieses Jahres in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho, rund 25 Kilometer südwestlich des Landeshauptstadt Belo Horizonte, ein Damm eines Rückhaltebeckens für die Erzschlammreste der Mine Córrego do Feijão gebrochen. Die Betreiber- und Eigentümerfirma von Mine und Rückhaltebecken, die brasilianische Bergbaufirma Vale, erklärte, in dem gebrochenen Becken hätten sich11,7 Millionen Kubikmeter Erzschlammreste befunden. Nachdem der Damm des ersten Rückhaltebeckens gebrochen war, flutete der Erzschlamm den zweiten Damm des nächstgelegenen Rückhaltebeckens und überflutete dieses. Jüngste Meldungen sprechen von 65 Toten und 279 Vermissten. Die Erzschlammwelle hatte unter anderem ein Betriebskantine mit sich gerissen, in der gerade viele Arbeiter*innen zu Mittag aßen, Busse, in denen Arbeiter saßen, die von oder zur Betriebsschicht fuhren, mindestens ein Dorf wurde zerstört, auch kleine indigene und Quilombola-Territorien sind derzeit noch akut von der Schlammwelle bedroht.

Die Eigentümer der Mine und wer sie gebaut hat
Die Mine und das Rückhaltebecken gehören dem brasilianischen Bergbaukonzern Vale S.A. Die Mine Córrego do Feijão samt Rückhaltebecken wurde 1956 von der Companhia de Mineração Ferro e Carvão in Betrieb genommen, 1973 wurde sie in die Thyssen-Tochterfirma Ferteco Mineração integriert, bevor sie 2003 von Vale S.A. übernommen wurde. Den nun gebrochenen Damm gebaut hat im Jahr 1976 die Thyssentochter Ferteco Mineração.

Wer hat den Damm auf Sicherheit geprüft?
TÜV SÜD aus München, namentlich die brasilianische Tochterfirma TÜD SÜD do Brasil, hat im Auftrag von Vale und – so erklärt TÜV SÜD auf der Homepage – „auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben (DNPM 70.389/2017) eine Periodic Review of Dams (Dokument vom 18. Juni 2018) und eine Regular Inspection of Dams Safety (Dokument vom 26. September 2018) durchgeführt. Aufgrund der laufenden Ermittlungen können wir zurzeit keine weiteren Auskünfte geben. Bitte wenden Sie sich direkt an die Ermittlungsbehörden vor Ort. Wir werden die Ermittlungen vollumfänglich unterstützen und den Ermittlungsbehörden alle benötigten Unterlagen zur Verfügung stellen.“

Die dubiose Rolle der Umweltbehörden von Minas Gerais
Der vor wenigen Tagen gebrochene Damm galt zuvor als ein Damm der Risikoklasse 6, nach brasilianischer Einstufung also ein Damm, der unter besonderer Beobachtung stand und an dem daher alle vom Bergwerksbetreiber vorgesehenen Ausbauarbeiten jeweils dem dreistufigen behördlichem Genehmigungsverfahren unterliegen müssten. Also Einholen der vorläufigen Baugenehmigung, nach deren Bewilligung dann die Baugenehmigung, indem wieder neue Prüfungen und Sicherheitstest hätten durchgeführt werden müssen, bevor dann erst – nach erneuter Sicherheitsprüfung – die endgültige, erneuerte Betriebsgenehmigung erteilt worden wäre. Die Betreiberfirma Vale wollte die Mine und somit auch die Rückfangbecken für die Erzschlammreste bis 2032 um 88 Prozent ausbauen. Auf der entscheidenden Sitzung der zuständigen Umweltbehörde des Landes Minas Gerais, im Dezember 2018, wurde aber behördlich, gleichsam mit einem Kugelschreiberstrich, wie Beobachter der Sitzung monierten, die Risikoklasse des Damms von 6 auf 4 reduziert – damit entfiel das vorgeschriebene dreistufige Genehmigungsverfahren. Alles wurde im Sinne der Firmen vereinfacht – und einen Monat später ist der Damm gebrochen.
Vieles deutet zum jetzigen Zeitpunkt daraufhin, dass seitens der Behörden und verantwortlichen Firmen hier die Sicherheit und das Vorsorgeprinzip vernachlässigt wurden, um den Firmen größere Gewinne zu ermöglichen.
Vale jedenfalls hat seinen Angestellten mittlerweile untersagt, sich öffentlich zu äussern.

Forderung der brasilianischen Bewegung der von Staudämmen Betroffenen MAB
Die brasilianische Bewegung der von Staudämmen Betroffenen (MAB) verlangt von TÜV SÜD eine sofortige öffentliche Erklärung über die beiden Vorortprüfungen seitens des TÜV SÜD. „Wir vom MAB und die Betroffenen wollen sofort und umgehend von TÜV SÜD erfahren, ob die Runterstufung der Risikoklasse von 6 auf 4 etwa mit dem TÜV SÜD-Gutachten zu tun hat!“, verlangt Tchenna Maso von MAB im Gespräch mit GegenStrömung. „Wir verlangen eine klare Ansage seitens TÜV SÜD!“, so Maso.
Vieles deutet derzeit darauf hin, dass hier wer schlampig gearbeitet hat: Entweder ließ die TÜV-SÜD-Prüfung zu wünschen übrig – oder aber es wurde bereits bei der Konstruktion des Unterbau des Dammes im Jahre seiner Errichtung, 1976, durch Thyssen-Ingenieure geschludert. Oder aber Vale hat seine Sorgfaltspflichten in den letzten Jahren vernachlässigt. Jedenfalls gab es in den Tagen vor dem Dammbruch keine bis dato erkennbaren äußeren Einflüsse wie Starkregen oder stärkere Erdbeben in der Region, die für den nun erfolgten Dammbruch verantwortlich sein könnten.

INFOKASTEN zu den Skandalen des TÜV SÜD
Leider reihen sich bei TÜV Süd die Skandale: 2008 deckte die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation International Rivers auf, dass beim Bau des chinesischen Staudamm Xiaoxi 7.500 Menschen vertrieben wurden und dass der Zertifizierer für die Nachhaltigkeit des Projektes, eben die deutsche TÜV Süd, zuvor attestiert hatte, die umgesiedelten Menschen hätten durch das Projekt keine sozialen Nachteile erlitten. Die Recherchen der NGO vor Ort aber ergaben, dass es vor Ort „gewaltsame Vertreibungen gab, keine Wiederherstellung der Einkommenssituation, willkürliche Entschädigungshöhen, einen Mangel an Rechtsberatung für diejenigen, die Verluste erlitten, und kein unabhängige Umweltfolgenstudienerstellung“.
Bei einem anderen von TÜV SÜD als sozial verträglich eingestuften Staudamm – ebenfalls in China – wollte ein unabhängiger schwedischer Radioreporter wissen, wie TÜV SÜD beim Staudamm Tongwan an die Interviews mit den Betroffenen rangekommen ist, die alle ausgesagt hatten, das Projekt sei gut, und die Entschädigungen angemessen. Denn dem Reporter selbst war es nicht gelungen, bei seinen Recherchen vor Ort selbst mit den Menschen zu reden. Dann kam raus: Der TÜV Süd-Mitarbeiter wurde bei seiner Feldstudie vor Ort von Polizeikräften zu den Menschen begleitet. Wenn Menschen durch anwesende Polizisten eingeschüchtert werden, erklärt dies, warum alle sagten, sie seien rundum zufrieden.
Im Rahmen des Kyoto Clean Development Mechanism (CDM) können Firmen in Projekte in sogenannten Entwicklungsländern investieren, wenn diese Treibhausgase nachweislich einsparen helfen und erhalten dafür im Gegenzug CO2-Gutschriften, die sie weiter handeln könnten. Allein im Jahr 2010 ging es dabei um einen 33 Milliarden US-Dollar-Markt und TÜV Süd war damals an einem Fünftel aller CDM-Zertifizierungen beteiligt. Aber: TÜV Süd musste für mehrere Monate von diesem UN-Mechanismus für CDM-Zertifizierungen ausgeschlossen werden. Denn: TÜV Süd habe offenbar Projekte genehmigt, deren Wirksamkeit nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte und auch an der Qualifikation und Berufserfahrung von TÜV-Mitarbeiter/innen gab es Zweifel. Nach sechs Monaten legte der TÜV Süd neue Arbeitsweisen und überarbeitete Strukturen und auch neue Belege über die Qualifikationen der Mitarbeiter/innen vor, sodass TÜV Süd wieder als Zertifizierer bei dem UN-Gremium zugelassen wurde. D.h. im Umkehrschluss aber auch: zuvor waren die Standards des TÜV SÜD unzureichend für diesen UN-Mechanismus.
Beim  Wasserkraftwerk Taijiang Yanzhai in China erledigte TÜV SÜD erst eine Machbarkeitsstudie, ob sich das Projekt denn als klimaschonendes Projekt eignen würde – um dann nach der Bejahung sich gleich das Projekt der Zertifizierung selbst zu schnappen. Dabei hatte der TÜV SÜD dann aber übersehen, dass es bei dem Staudammbau zu Vertreibung der Anwohner kam, was nach den Kriterien der Weltstaudammkommission eigentlich verboten ist. Das Projekt hätte also nie die CDM-Freigabe erhalten dürfen.

Forderung nach Klärung der Verantwortung von ThyssenKrupp
1976 wurde der Damm gebaut – und zwar von Thyssen, denn von 1973 bis 2003 gehörte die Mine der Thyssen-Tochter Ferteco Mineração. Der nun geborstene Damm Córrego do Feijao wurde von Thyssen-Ingenieuren im Auftrag von Thyssen errichtet und gehörte jahrelang Thyssen. Daher wird der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre am Freitag, dem 1. Februar, auf der Thyssen-Krupp-Hauptversammlung in Bochum fordern, dass Thyssen umgehend die Bauskizzen, Pläne und Risikoanalysen aus den 1970er Jahren offenlegen muss, als sie diesen Damm bauten, damit es eine unabhängige Untersuchung geben kann. Zum jetzigen Zeitpunkt kennt niemand die genaue Ursache für diesen Bruch, daher braucht es dringend absolute Transparenz.

Die Banken und die Versicherer
Die Allianz führt laut Meldungen ein Konsortium an, das den brasilianische Bergbaukonzern Vale gegen Haftpflichtschäden rückversichert. Der Münchner Versicherer ist deshalb an den Schäden bei Brumadinho beteiligt. Über die Höhe der Haftpflichtversicherung gibt es widersprüchliche Angaben. Schätzungen am Versicherungsmarkt oszilieren zwischen 500 Millionen und zwei Milliarden Dollar. Zusätzlich hat Vale eine Versicherung gegen Schäden an eigenen Einrichtungen und Betriebsunterbrechungen, also eine Versicherung gegen sogenannte „entgangene Gewinne“. Dieses Modell hatte auch Samarco, deren Dammbruch 2015 einen mehrere Milliarden teuren Schaden bei Dritten und bei der Umwelt verursachte, einen Schaden, der zum weitaus größten Teil bis heute nicht beglichen, noch entschädigt wurde, aber Samarco selbst für entgangene Gewinne selbst bis zu zwei Milliarden Reais (umgerechnet rund 500 Millionen Euro) ausgezahlt bekam, namentlich unter anderem von Allianz, Münchener Rück und Hannover Rück. Die Antwort der Versicherer damals, über die Art der Versicherungspolice entscheide jedenfalls der Kunde. Die Sachpolice für den nun gebrochenen Damm bei Brumadinho soll Chubb führen.
In der Kritik steht auch die Deutsche Bank. Denn die hat, wie die Kritischen Aktionäre bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit MAB, Misereor und Facing Finance auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in Frankfurt monierten, dass die Deutsche Bank der brasilianischen Vale zwischen 2010 und 2017 insgesamt Kredite in Höhe von 701 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Joceli Andrioli von der brasilianische Bewegung der Staudammbetroffenen –MAB, erklärte bereits damals: „Für uns ist es unfassbar verantwortungslos, dass die Deutsche Bank zwei Jahre nach dem Dammbruch von Mariana noch neue Kredite ohne Entschädigungsauflagen an den Mitbetreiber Vale vergeben hat.“ Und Misereor-Bergbauexpertin Susanne Friess erklärte: „Die Deutsche Bank ignoriert seit Jahren unsere Warnungen in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen im Rohstoffsektor.“

Wie kann – oder besser: wie sollte es weitergehen?
Thyssen muss die Baupläne von damals offenlegen, der TÜV SÜD muss das gleiche tun. Auch Vale muss alles offenlegen. – Sollte es irgendwo zu Schlampereien und Unregelmässigkeiten gekommen sein, müssen die verantwortlichen Firmen Entschädigungen zahlen, auch straf- und zivilrechtliche Haftungsprozesse gegen die verantwortlichen Personen sind laut brasilianischer Gesetzgebung möglich. Und die Versicherer müssen endlich aufhören, solch gefährliche Dämme wie die von Brumadinho – gebaut als Upstream-Dämme für Tailings, deren Bruchrate 10 Mal höher als bei Staudämmen liegt, aber die eben deutlich billiger sind – zu versichern, um so das Ende dieser Dammbauart einzuleiten. Die Versicherer und die Banken müssen endlich anfangen, sich konkrete menschenrechtliche und umweltbezogene Kriterien geben, die es wert sind, als solche bezeichnet zu werden. Den Banken und Versicherern fehlt noch immer ein umfassender Ansatz zur menschenrechtlichen Sorgfalt. Deutsche Konzerne im allgemeinen müssen schnellstens dafür Sorge tragen, dass endlich ein für alle einfach zugänglicher Beschwerdemechanismus geschaffen wird. Allgemein brauchen wir in Deutschland und in der EU dringend robuste gesetzliche Regelungen für die Einhaltung ökologischer und menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten deutscher Firmen im Ausland. Es kann und darf halt einfach nicht sein, dass sich deutsche Firmen im Ausland an weniger starke Standards bei Menschenrechten und Umweltschutz halten müssen als hier in Deutschland.

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Rede von Joceli Andrioli von der brasilianischen Bewegung der Staudammbetroffenen (MAB) auf der Jahreshauptversammlung der Deutsche Bank am 24. Mai 2018 in Frankfurt https://www.gegenstroemung.org/web/blog/rede-von-joceli-andrioli-von-der-brasilianischen-bewegung-der-staudammbetroffenen-mab-auf-der-jahreshauptversammlung-der-deutsche-bank-am-24-mai-2018-in-frankfurt/ Fri, 25 May 2018 19:02:50 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1737 GegenStrömung dokumentiert die deutschsprachige Übersetzung der Rede von Joceli Andrioli von der brasilianischen Bewegung der Staudammbetroffenen (MAB) auf der Jahreshauptversammlung der Deutsche Bank am 24. Mai 2018 in Frankfurt

– ES GILT DAS GESPROCHENE WORT –

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Joceli Andrioli. Ich bin von der brasilianischen Bewegung der Staudammbetroffenen (MAB). Unsere Bewegung setzt sich für die Rechte derjenigen ein, die für den Bau von großen Energie- und Staudammprojekten vertrieben oder zwangsumgesiedelt werden oder deren Menschenrechte aufgrund von Dammbrüchen verletzt wurden.

Warum bin ich aus Brasilien hierher – zur Hauptversammlungversammlung der Deutschen Bank – gereist? Es geht um die Verbindung der Deutschen Bank mit den Bergbaukonzernen Vale und BHP Billiton: zwischen 2010 und 2017 stellte die Deutsche Bank der brasilianischen Vale 701 Mio. Euro und der anglo-australischen BHP Billiton 622 Mio. Euro an Krediten und Anleihen zur Verfügung. Außerdem hält die Deutsche Bank Aktien an den beiden Unternehmen.

Die beiden Kreditnehmer der Deutschen Bank, Vale und BHP Billiton, sind Eigentümer der Firma Samarco, die für das größte Bergwerksunglück aller Zeiten verantwortlich ist. Am 5. November 2015 brach der Damm eines Rückhaltebeckens für Minenschlämme der Firma Samarco und zerstörte das Flusstal des 580 km langen Rio Doce. 19 Personen starben, mehr als eine Million Menschen sind betroffen – sei es, , dass die riesige Schlammwelle ihre Häuser oder ihr Land unter sich begraben hat, sei es, dass ihr Trinkwasser mit Schwermetallen verseucht ist, sei es, dass sie ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage als Landarbeiter oder Fischer verloren haben oder dass sie von den giftigen Schlämmen aus dem Bergbaurückhaltebecken krank geworden sind. Es war eine Katastrophe mit Ansage – schon 6 Monate vor dem Dammbruch war dem Unternehmen Samarco bekannt, dass der Damm brechen könnte und dass die Folgen verheerend sein würden. Doch das Unternehmen hat nichts getan, um die Katastrophe zu verhindern.

In den zweieinhalb Jahren seit dem Dammbruch wurden mehrere Beschwerden bei der Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Menschenrechte“ der Vereinten Nationen eingereicht. Dennoch waren die verantwortlichen Firmen – die Ihre Bank, die Deutsche Bank – weiterhin mit großzügigen Krediten bedient – noch nicht einmal in der Lage, in diesen zweieinhalb Jahren die genaue Zahl der betroffenen Menschen zu ermitteln – von der Zahlung einer angemessenen Entschädigung und umfassenden Wiedergutmachung, wie es internationale Menschenrechtsstandards vorschreiben, ganz zu schweigen.

Es gibt Dutzende Kinder, bei denen Arsenwerte im Körper nachgewiesen wurden, die zum Teil um das Hundertfache über den zulässigen Höchstwerten der Weltgesundheitsorganisation liegen. Diese Kinder waren über einen langen Zeitraum dem toxischen Schlamm ausgesetzt. Es gibt jedoch seitens der verantwortlichen Firmen keinerlei Maßnahmen, um die bedrohliche Gesundheitssituation zu untersuchen oder gar die De-Kontamination von Boden und Wasser zu gewährleisten.

Die Menschen, die ihre Häuser und Dörfer unter den Schlammmassen verloren haben, sind bis heute nicht umgesiedelt worden. Bei Demonstrationen und Protesten der betroffenen Bevölkerung, die sich gegen das Gebaren der Firma richten, wird die Militärpolizei eingesetzt, um die Proteste zu unterdrücken.

Ein Entschädigungsprogramms, das von der brasilianischen Justiz als illegal erklärt worden war, wird trotz seiner zahlreichen Defizite fortgesetzt.

Die Deutsche Bank hat der Firma Vale auch nach dem Dammbruch noch Kredite gewährt, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon verschiedene Beschwerden gegen die Firma Samarco bei den Vereinten Nationen und bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission eingereicht worden waren.

Der Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra’aad Al Hussein, hat betont, welch wichtige Rolle internationale Finanzinstitute in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte haben. Demnach müsste die Deutsche Bank ihre Anlage- und Kreditpolitik einer genauen Überprüfung unterziehen, um sicherzustellen, dass Menschenrechtsklauseln greifen und dass effiziente interne Mechanismen geschaffen werden, die eine vorherige Identifizierung möglicher menschenrechtlicher Risiken ermöglichen. Wie kann es sein, dass eine Firma wie Samarco – mit Mitteln der Vale – den Betrieb wieder aufnimmt, ohne irgendeine Garantie, dass sich so etwas wie der Dammbruch nicht wiederholt und ohne dass zuvor die Betroffenen vollständig entschädigt wurden?

Ich frage Sie:

Werden Sie Kredite, die Sie den Firmen Vale und BHP Billiton zur Verfügung stellen, und die Aktienanteile, die Sie an den Firmen Vale und BHP Billtion halten, einer grundsätzlichen, menschenrechtlichen Überprüfung unterziehen?

Werden Sie zukünftige Finanzierungszusagen an Vale oder BHP Billiton an die Bedingungen knüpfen, dass die Opfer des Dammbruchs entschädigt und die Umweltschäden beseitigt werden?

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

// Übersetzung: Christian Russau

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