Laos – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Sat, 27 Oct 2018 11:50:53 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Nam Theun 2 – knapp ein Jahr danach https://www.gegenstroemung.org/web/blog/nam-theun-2-knapp-ein-jahr-danach/ Sat, 27 Oct 2018 11:50:53 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1797 Im Dezember 2017 übergab die Weltbank der Regierung von Laos den Nam Theun 2-Staudamm. Nun, knapp ein Jahr danach, lohnt es sich, zurückzublicken und zu schauen, welche Folgen der Damm in der Tat hatte – war doch Nam Theun 2 von der Weltbank stets als „Modellprojekt“ gehypt worden.

Als der Scheidepunkt im Staudamm-Engagement der Weltbank – hin zum Besseren – wird der rund 1,3 Milliarden US-Dollar teure Nam Theum 2 Damm in Laos bezeichnet, allerdings vor allem von der Weltbank selbst. Im Jahr 2005 erklärte die Weltbanktochter MIGA die Förderung für das 1.075 MW Staudammprojekt; zunächst bewilligte sie neun Millionen US-Dollar zur Versicherung politischer Risiken, später ergänzte die MIGA die Teilversicherung um 50 Millionen US-Dollar und die Weltbanktochter International Development Association (IDA) gab einen Kredit über weitere 20 Millionen US-Dollar. Hauptkreditgeber ist die belgische Fortis Bank NV. Daneben sind Electricité de France International (EDFI), Australia and New Zealand Banking Group Limited, BNP Paribas, The Bank of Tokyo-Mitsubishi Ltd., Crédit Agricole Indosuez, ING Bank N.V., KBC Bank N.V., Société Générale Asia Limited, Standard Chartered Bank sowie die Asian Development Bank.

Die Mekong-Region eignet sich nach Ansicht der Regierungen der Region sowie nach Meinung der Firmen und Institutionen wie der Weltbank sehr für Stromgewinnung durch Wasserkraft, daher ist das Mekong-Einzugsgebiet derzeit einer der hot-spots des weltweiten Staudammbusiness. Beim Nam Theum 2-Damm wird das Wasser des Nam Theun-Flusses – einem Zufluss des Mekong – umgeleitet in den Xe Bang Fai Fluss. Dort wird bei einem Gefälle von 350 Meter ein 1.070 Megawatt-Wasserkraftwerk mit Staumauer und -see errichtet. Von der Weltbank wird dieser Damm als „Modell-Investment“ im Staudammgeschäft stilisiert.

Früh war vor den Folgen gewarnt worden. Die Weltbank reagierte und versprach, alles dergestalt in die Wege zu leiten, dass bei den Umsiedlungen auf die Achtung der Rechte der Betroffenen und darauf, dass sie keine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen erlitten, besonderen Wert gelegt werde, auch werde der Umwelt und Natur möglichst geringer Schaden zugefügt, so die Weltbank.

Damals erklärten sich dann mehrere Nichtregierungsorganisationen bereit, bei der Umsiedlung der betroffenen 6.000 Menschen an den südlichen Rand des neuen Stausees begleitend mitzuwirken. In dem neuen Wohngebiet sollten die communities gemeinschaftliche Agroforstwirtschaftspraktiken anwenden, um ihr Auskommen zu sichern. Was wurde daraus?

Diese Frage haben nun die Feldforschungen von Kritikern vor Ort beantwortet. Die Autoren des Buchs “Dead in the Water: Global Lessons from the World Bank’s Model Hydropower Project in Laos” und die Nichtregierungsorganisation International Rivers haben die Situation vor Ort analysiert und beklagen massive Verschlechterung der Situation für Mensch und Natur vor Ort.

Der Stausee überflutete Ackerland, was bedeutete, dass ein großer Teil des Viehbestands der Gemeinde bald verhungerte und die Menschen nicht mehr auf deren Erträge rechnen konnten. Der Verein, der den Wald gemeinschaftlicht bewirtschaftete, fiel größtenteils auseinander, dem lokalen Sägewerk droht die Schließung. All dies war nicht überraschend für Glenn Hunt, den das Internetportal Devex zum Fall Nam Theun 2 interviewte. Hunt hat zuvor jahrelang in der Region gearbeitet und eine frühe Bewertung des sozialen Entwicklungsplans des Projekts durchgeführt. Die Gemeinschaftsforstwirtschaft habe in Laos nie funktioniert, sagte er, und bei diesem dieses Experiment war es nicht anders: „Für eine der Säulen, die die Haupteinnahmequelle sein sollte, war es eine totale Katastrophe.“

Die Bewohnerinnen und Bewohner wurden in neue Häuser umgesiedelt, die zwar nun über neue Straßen zugänglich sind, und die Weltbank feierte die neu dort hingebauten Kliniken, Toiletten, die Elektrizität und die Wasserpumpen. Aber ohne Einkommen, das das wirtschaftliche Überleben der Gemeinden garantiert, was sollen die Bewohnerinnen und Bewohner tun? Da die Agroforstwirtschaftsidee sich als nicht durchführbar erwies und die vormaligen landwirtschaftlich genutzten Flächen überschwemmt wurden, so die Berichte der Buchautoren, bliebe nun nur noch der Fischfang im Stausee-Reservoir. Aber der ist für viele Familien auch aus der weiteren Umgebung die einzige Einkommensquelle, so dass die Konkurrenz immer weiter ansteigt. Den Studien zufolge weichen die Bewohner so dann auch vermehrt auf illegale Tätigkeiten aus, um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern. Sie dringen in die geschützten Gebiete ein, um dort illegal zu roden oder seltene, bedrohte Tierarten zu jagen.

Vor all diesen Folgen war schon lange zuvor gewarnt worden: Peter Bosshard und Josh Klemm (Peter Bosshard and Josh Klemm: „Does the World Bank’s „Success Story“ on Dams Still Hold Water? in: Huffington Post, October 2, 2015) haben die Argumente der Weltbank beim Nam Theun 2-Damm untersucht und sie – im Vergleich zu früheren Behauptungen der Weltbank inbezug auf vorherige Staudammvorhaben – auf ihre Konsistenz hin geprüft und als Mythen entlarvt.

Mythos 1: Nam Theun 2 trägt zur Linderung der Armut in Laos bei
Realität: 95 Prozent des Stroms wird nach Thailand exportiert. Die Regierung verweist auf die Einnahmen durch den Stromverkauf, die zur Armutsreduzierung eingesetzt werden sollten. Selbst die Weltbank gibt aber zu, dass der Verbleib von mehr als 50 Prozent der Einnahmen ungeklärt ist.

Mythos 2: Den umgesiedelten Gemeinden wird es besser als vor dem Projekt gehen
Realität: Die Umsiedlungen für den Bau von Nam Theun 2 wurden mit 40 Mio. US-$ veranschlagt und stellen somit das vielleicht ambitionierteste Umsiedlungsprojekt in der Geschichte der Bank dar. Umgesiedelte Familie hätten, so Bosshard und Klemm, zwar nun eine bessere lokale Infrastruktur mit Zugang zu Elektrizität, Straßen und Schulen. Aber die Umgesiedelten kämpfen mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen, vor allem dem Anbau von Gemüse und Viehzucht, da die neuen Landflächen zu klein und von schlechter Bodenqualität sind. Ob es den Familien langfristig besser oder schlechter gehen wird, hänge davon ab, ob sie an dem neuen Ort ihre Lebensgrundlage erwirtschaften können.

Mythos 3: Die negativen Auswirkungen flussabwärts des Damms werden bewältigt
Realität: Der Damm hat enorme Auswirkungen auf 120.000 Menschen, die flussabwärts des Damms leben. Sie leiden unter sinkenden Reisernten und dramatischen Rückgängen im Fischfang, die die Grundpfeiler ihrer lokalen Lebensgrundlage gebildet hatten. Das Programm der Weltbank, um die Auswirkungen zu lindern, wurde der laotischen Regierung etwa drei Jahre nach Inbetriebnahme des Damms ausgehändigt und wurde vorzeitig, nachdem die Mittel aufgebraucht waren, beendet.

Das „Modell-Investment“ der Weltbank Nam Theun 2 Dam in Laos: Verpasst, aus den eigenen Fehlern zu lernen?
Nam Theun 2 sollte anders sein, ein positives Modell für das Management der Risiken, die große Staudämme für Umwelt und Gemeinden darstellen. Heute, da die Weltbank wieder in große Staudammprojekte mit dem Versprechen von „nachhaltiger Wasserkraft“ als vermeintlichem Rettungsanker gegen den Klimawandel investiert, ist es fraglich, ob sie aus ihren Fehlern gelernt hat. Nam Theun 2 jedenfalls ist kein „Modellprojekt“, in dem Sinne, wie es die Weltbank propagiert hat. Nam Theun 2 ist ein menschliches Desaster und zerstörerisch für die Natur.

// Christian Russau

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„Pak Beng“-Staudamm verschärft den Streit zwischen Vietnam und Laos wegen Staudammbauten am Mekong https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pak-beng-staudamm-verschaerft-den-streit-zwischen-vietnam-und-laos-wegen-staudammbauten-am-mekong/ Mon, 29 May 2017 10:37:14 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1466

In Vietnam zeigt man sich extrem besorgt über Laos‘ Staudammpläne am Mekong. Vietnams Minister für natürliche Ressourcen und Umwelt und Vorsitzender der Vietnam Mekong River Commission, Tran Hong Ha, kritisierte am 12. Mai auf einem Workshop mit zivilgesellschaftlichen Vertretern aus Universitäten, dass vor allem die gegenwärtig seitens Laos‘ Regierung in Angriff genommenen Bautätigkeiten für den „Pak Beng“-Staudamm am Unteren Mekong eine Bedrohung für die zu erhaltenen Lebenswelten der betroffenen Flussanwohner darstelle. Der Minister wies daraufhin, dass die bisher abgehaltenen Konsultationen der betroffenen Bevölkerung und die diesbezüglich geforderten Infomationen unzureichend seien. Zudem gebe es noch immer keine Untersuchungen über die kumulativen Aspekte mit den flussaufwärts in Laos – wie Xayabury und Don Shahong – bereits im Bau befindlichen Dämme sowie den weiteren anderen acht Groß-Staudämmen, die von Laos, Myanmar und China am Mekong geplant sind. Des Weiteren, so kritisierte der vietnamesische Umweltminister, gebe es für die Dämme noch immer keine Klimawandelfolgenstudie und auch keine Analyse, welche Wirkungen der Bau dieser Staudämme für die Grenzanrainer haben könnte. Zudem stützten sich die bisher vorgelegten Umweltfolgenstudien auf veraltete Daten, kritisierte der Minister.

Auf dem Workshop wurde zudem bemängelt, dass der Bau des „Pak Beng“-Dammes bereits begonnen wurde, obwohl die Konsultationsphase der Betroffenen noch gar nicht vollends durchgeführt worden sei. Le Anh Tuan von der Can Tho Universität forderte einen Baustopp, solange die wissenschaftlichen Studien noch nicht abgeschlossen seien. Er wies auch darauf hin, dass die chinesische Firma sich an Baupläne aus den 1960er und 1970er Jahren stütze, so der Pressebericht von Vietnam Net. Nguyen Ngoc Tran, vormaliger Vorsitzender des National Assembly’s Committee for Science and Technology, warnte vor künftig zunehmenden Überschwemmungen und Landverlusten am Mekong-Delta, sollte die Sedimentfracht durch die Staudammprojekte entlang des Mekong behindert werden.

Der „Pak Beng“-Dam ist der nördlichste von elf Dämmen, die in Laos am Mekong-Fluss geplant sind. Pak Beng soll in der Provinz Oudomxay, im Norden von Laos, mit 912 MW jährlich 4.700 GWh Strom erzeugen, von denen 90% nach Thailand verkauft werden und die restlichen 10% an Laos staatlichen Stromversorger, Electricité du Laos.

Laut der staudammkritischen Nichtregierungsorganisation International Rivers zeichne sich die für den Dammbau vorgesehene Gegend als „außergewöhnlich schöner Abschnitt des Mekong-Flusses“aus, es sei eine „üppige, bergige Gegend“, in der die Flussanwohner ihren Lebensunterhalt durch Flussufer-Landwirtschaft, durch die Fischerei und die Viehzucht bestreiten. Die Wasserschnellen und Lagunen bilden ein komplexes Flussökosystem und machen den Mekong zu einem wichtigen Lebensraum für Fisch und Wassertiere. International Rivers warnt davor, dass bis zu 25 Dörfer in Laos und zwei Dörfer in Thailand direkt vom Bau des Pak-Beng-Staudamms betroffen sein werden und dass durch den Bau schätzungsweise 6.700 Menschen umgesiedelt werden müssten.

Im Jahr 2007 hatte die China Datang Overseas Investment (Datang) ein Memorandum of Understanding mit der Regierung von Laos unterzeichnet, um den „Pak Beng“-Damm zu errichten. Datang erhielt im März 2014 die Umweltgenehmigung von der laotischen Regierung für das Wasserkraftprojekt und verkündete, dass es die vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie die vorgeschriebene Konsultation der Betroffenen – wie im Mekong-Abkommen von 1995 zwischen Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam vereinbart – durchführen werde. Gleichwohl planen neben Laos und China auch die anderen Mekong-Anrainer-Staaten derzeit massiv, in den Bau von Staudämmen und Wasserkraftanlagen zu investieren. Der Mekong-Fluss durchquert und schneidet die Länder China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam und ist mit über 4.000 Kilometer Länge einer der weltweit längsten Flüsse, an dem Millionen von Menschen leben, deren Nahrungsmittelsouveränität zu einem Großteil von Fisch abhängt.

// Christian Russau

Mehr Informationen zum weltweiten Geschäft mit der Wasserkraft, ihren ökologischen Folgen und den Verbindungen zu europäischen Konzernen finden sie in in unserer aktuellen Studie.

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Chinas Staudämme verändern massiv die jahreszeitlichen Wassermengen des Mekong https://www.gegenstroemung.org/web/blog/chinas-staudaemme-veraendern-massiv-die-jahreszeitlichen-wassermengen-des-mekong/ Thu, 12 Jan 2017 08:15:37 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1325 Von Christian Russau

Eine neue Studie der finnischen Aalto University zeigt, wie Chinas Staudämme die jahreszeitlichen Wassermengen des Mekong-Flusses in Südostasien massiv verändern. Die Studie wird von phys.org zitiert. Die Analyse hätte ergeben, dass seit dem Jahr 2011 die Wassermenge flussabwärts der in China gebauten Dämme in der Trockenzeit sich erhöht und in der Regenzeit vermindert hätte. Zudem sei die Wassermenge in den Trockenzeiten noch größeren Schwankungen ausgesetzt. Der Studie zufolge waren die Auswirkungen ab dem Jahr 2014, nach Fertigstellung des 5,85 GW-Nuozhadu-Dammes, am ausgeprägtesten. Die veränderten Wassermengen machten sich bis ins 2.000 Kilometer entfernte Kambodscha bemerkbar. „Die Änderungen im Wasserfluss, so steht zu befürchten, könnten die ökologische Produktivität des Flusses und somit der Lebenswelten, Wirtschaft und Ernährungssicherheit der flussabwärts lebenden Bevölkerung bedrohen“, so der finnische Forscher und Autor der Studie, Timo Räsänen. Vor allem die Auswirkungen auf die Fischerei seien besorgniserregend, so Räsänen. Diese spiele die hauptsächliche Rolle in der lokalen und regionalen Wirtschaft und sichere das Überleben und die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln.
Der Forscher weist auch daraufhin, dass auch die flussabwärts liegenden Staaten derzeit massiv in den Bau von Staudämmen und Wasserkraftanlagen investierten. Er fordert daher weitergehende Analysen und vor allem auch grenzüberschreitende Untersuchungen und Kooperation, um die Gefahren und Risikien besser zu verstehen, abzumildern und verhindern zu können. Der Mekong-Fluss durchquert und schneidet die Länder China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam und ist mit über 4.000 Kilometer Länge einer der weltweit längsten Flüsse, an dem Millionen von Menschen leben, deren Nahrungsmittelsouveränität zu einem Großteil von Fisch abhängt.

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