Regenwald – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Sat, 12 Jan 2019 14:49:31 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Neue Studie: Großstaudämme in tiefgelegenen tropischen Regenwälder bedrohen Ökosysteme und die Biodiversität https://www.gegenstroemung.org/web/blog/neue-studie-grossstaudaemme-in-tiefgelegenen-tropischen-regenwaelder-bedrohen-oekosysteme-und-die-biodiversitaet/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/neue-studie-grossstaudaemme-in-tiefgelegenen-tropischen-regenwaelder-bedrohen-oekosysteme-und-die-biodiversitaet/#comments Sat, 12 Jan 2019 14:49:31 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1821 Eine neue Studie von Wissenschaftler*innen der University of Stirling, Großbritannien, weist explitit auf die Gefahren hin, die Großstaudämme in tiefgelegenen tropischen Regenwälder für Ökosysteme und die Biodiversität darstellen. Anhand des brasilianischen Staudamms Balbina in Amazonien legten die Forscher*innen dar, wie durch das großflächige Staureservoir die höher gelegenen Gebiete zu kleinen Inseln im Stausee werden und die dort verbliebene ursprüngliche Vegetation durch die Isolationslage weniger widerstandsfähig wird und es zu vermehrten Aussterben einzelner Baumarten kommt. Dies hänge zum einen mit dem geringeren Genpool der endemischen Baumarten zusammen, zum anderen führen längere Trockenzeiten bei deutlich niedrigerem Wasserstand zum Ausbreiten von Großfeuerereignissen, das dann die ohnehin schon anfälligeren Bauminseln unter Stress setzt und reduziert. Hinzu kämen bei Staureservorirs wie Balbina die bereits bekannte Gefahr der massenhaften Freisetzung von Methan durch im Wasser sich zersetzende Biomasse, die nicht zuvor angemessen gerodet und entfernt wurde.

Die Untersuchung der Wissenschaftler*innen der University of Stirling wurde an 89 permanenten Waldvermessungsflächen auf 36 Inseln im Balbina-Stausee sowie an drei benachbarten zusammenhängenden Waldgebieten auf dem Festland durchgeführt. Im Jahr 2012 wurden die großen Baumarten vor Ort untersucht, im Jahr 2014 die Auswirkungen auf junge Baumsprößlinge. Die für die Untersuchung mitverantwortliche Dr. Isabel Jones erklärte: „Unsere Forschung ergab, dass die Inseln im Balbina Hydroelectric Reservoir im Vergleich zum herkömmlichen Wald auf dem angrenzenden Festland wesentlich geringere Dichten von ausgewachsenen Bäumen und jungen Baumsprößlingen aufweisen.“ Mit anderen Worten, auf diesen Inseln geht Baum-Biomasse verloren. Dies ist wichtig, um zu die CO2-Emissionen zu errechnen, die mit dem Verlust und der Degradierung tropischer Wälder verbunden sind. „Außerdem unterschied sich die Artenzusammensetzung der Setzlinge signifikant von denen der erwachsenen verbliebenen Bäume auf den Inseln, was darauf hindeutet, dass zukünftige Baumgemeinschaften auf Inseln sich sehr von denjenigen unterscheiden werden, die ursprünglich vorhanden waren, als der Wald durchgehend war.“
Dr. Jones erklärte des Weiteren: „Wir haben auch gezeigt, dass die Gesamtzusammensetzung der Baumgemeinschaften auf Inseln anders ist als im zusammenhängenden Wald auf dem Festland. Dies bedeutet, dass sich die Inselbaumgemeinschaften aufgrund der Isolierung innerhalb des Reservoirs verändern.“ Dieser Verlust von Baumarten und Biomasse innerhalb dieser verbleibenden Baumgemeinschaften werde aber in Umweltverträglichkeitsprüfungen weitestgehend ignoriert. Die neue Studie wolle nun zeigen, dass die Zerstörung von Restbaumgemeinschaften auf Inseln eine zusätzliche Auswirkung von Staudämmen darstellt und bei der Planung und Genehmigung zukünftiger Staudammkonstruktionen explizit berücksichtigt werden muss, so Dr. Jones.

Diese Erkenntnisse decken sich mit einer vergleichbaren Studie eines Teams von Wissenschaftlern anhand der Langzeituntersuchung eines Staudamms in Thailand (GegenStrömung berichtete), der vor 31 Jahren gebaut worden war und dessen Auswirkungen auf die einheimischen Vogelarten unter die Lupe genommen wurde. Das Ergebnis: Die Studie belegte die Gefährdung einheimischer Vogelarten durch den Staudammbau in Regenwaldgebieten. Das Portal phys.org bezieht sich auf das Studienabstract in der Fachzeitschrift Global Ecology and Conservation, in dem die Autor*innen darlegten, wie in der Umgebung des in Thailand gelegenen Staudammreservoirs Chiew Larn Reservoir, das selbst eine Größe von 165 Quadratkilometern hat, sich ein 61 Quadratkilometer großes mittlerweile trockenes, größtenteils niedergebranntes oder gerodetes Regenwaldgebiet gebildet hat – meist durch Straßenbau und infolgedessen weitere Landnutzungsänderungen durch Siedlungen und Landwirtschaft. Das zuvor an Biodiversität reiche Regenwaldgebiet habe der Untersuchung der Wissenschaftler*innen zufolge einen enormen Verlust der Artenvielfat hinnehmen müssen. Die Untersuchung fokussierte auf die im Gebiet lebenden Vögel.
Mehr als die Hälfte der Vögel, die das Forschungsteam untersucht habe, bestehe nach dem Staudammbau aus nur einer Handvoll und eher störungsresistenterer Arten. Zu diesen Vögeln gehören der Gelbbrusttimalie und der dunkelhalsige Strichelschneidervogel sowie bambusliebende Arten wie der Bambuslaubsänger, der indo-chinesische Blaufliegenschnäpper, der Rotscheitel-Bambusspecht und der Weißbrauenpiculet. Die vom lokalen Regenwald jedoch stark abhängigen Vögel nahmen hingegen deutlich ab, vor allem die Dschungelbälger. Einige Arten verschwanden vollständig, darunter der Rallenflöter, der Malayische Spiegelpfau, der Gelbscheitelbülbül, der mit weltweit nur noch 250 bis 500 lebenden Exemplaren zu den seltensten Storchenarten der Welt zählende Höckerstorch sowie die weltweit größte unter den bekannten Spechtarten, der Puderspecht. Die meisten dieser Arten sind vom Aussterben bedroht.
Somit zeigten sich beim Staureservoir Chiew Larn auch die erschreckenden Auswirkungen von Staudammbauten auf die Biodiversität in tropischen regenwaldgebieten. Bereits 2013 hatte eine Langzeitstudie von Wissenschaftler*innen anhand desselben Stausees aufgezeigt, welche unwiederbringbaren Folgen der Staudammbau für die Biodiversität zeitigte: Denn durch das Fluten des Reservoirs wurden mehr als 100 kleine Inseln gebildet. Auf 16 dieser Inseln haben die Wissenschaftler*innen eine mehrjährige Studie, 25 Jahre nach Staudammbau, durchgeführt und festgestellt, dass der Großteil der dort vorher lebenden Säugetiere vor Ort ausgestorben waren, da die Inseln zu klein für deren Überleben als Population waren. Luke Gibson von der National University of Singapore, der die Studie leitete, sagte: „Es war wie ein ökologisches Armageddon. Niemand hätte gedacht, dass wir solch katastrophales lokales Aussterben sehen würden.“

//christianrussau

]]>
https://www.gegenstroemung.org/web/blog/neue-studie-grossstaudaemme-in-tiefgelegenen-tropischen-regenwaelder-bedrohen-oekosysteme-und-die-biodiversitaet/feed/ 1
Neue Studie belegt Gefährdung einheimischer Vogelarten durch Staudammbauten in Regenwaldgebieten https://www.gegenstroemung.org/web/blog/neue-studie-belegt-gefaehrdung-einheimischer-vogelarten-durch-staudammbauten-in-regenwaldgebieten/ Sat, 08 Dec 2018 14:26:36 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1813 Eine neue Studie eines Teams von Wissenschaftlern hat anhand der Langzeituntersuchung eines Staudamms in Thailand, der vor 31 Jahren gebaut worden war, dessen Auswirkungen auf die einheimischern Vogelarten unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die Studie belegt die Gefährdung einheimischer Vogelarten durch den Staudammbau in Regenwaldgebieten. Das Portal phys.org bezieht sich auf das Studienabstract in der Fachzeitschrift Global Ecology and Conservation, in dem die Autor*innen darlegen, wie in der Umgebung des Staudammreservoirs Chiew Larn Reservoir, das selbst eine Größe von 165 Quadratkilometern hat, sich ein 61 Quadratkilometer großes mittlerweile trockenes, größtenteils niedergebranntes oder gerodetes Regenwaldgebiet gebildet hat – meist durch Straßenbau und infolgedessen weitere Landnutzungsänderungen durch Siedlungen und Landwirtschaft. Das zuvor an Biodiversität reiche Regenwaldgebiet habe der Untersuchung der Wissenschaftler*innen zufolge einen enormen Verlust der Artenvielfat hinnehmen müssen. Die jetzige Untersuchung fokussierte auf die im Gebiet lebenden Vögel.
Mehr als die Hälfte der Vögel, die das Forschungsteam untersucht habe, bestehe jetzt aus nur einer Handvoll und eher störungsresistenterer Arten. Zu diesen Vögeln gehören der Gelbbrusttimalie und der dunkelhalsige Strichelschneidervogel sowie bambusliebende Arten wie der Bambuslaubsänger, der indo-chinesische Blaufliegenschnäpper, der Rotscheitel-Bambusspecht und der Weißbrauenpiculet. Die vom lokalen Regenwald jedoch stark abhängigen Vögel nahmen hingegen deutlich ab, vor allem die Dschungelbälger. Einige Arten verschwanden vollständig, darunter der Rallenflöter, der Malayische Spiegelpfau, der Gelbscheitelbülbül, der mit weltweit nur noch 250 bis 500 lebenden Exemplaren zu den seltensten Storchenarten der Welt zählende Höckerstorch sowie die weltweit größte unter den bekannten Spechtarten, der Puderspecht. Die meisten dieser Arten sind vom Aussterben bedroht.
Somit zeigen sich beim Staureservoir Chiew Larn die erschreckenden Auswirkungen auf die Biodiversität. Denn bereits 2013 hatte eine Langzeitstudie von Wissenschaftler*innen anhand dieses Stausees aufgezeigt, welche unwiederbringbaren Folgen der Staudammbau für die Biodiversität zeitigte: Denn durch das Fluten des Reservoirs wurden mehr als 100 kleine Inseln gebildet. Auf 16 dieser Inseln haben die Wissenschaftler*innen eine mehrjährige Studie, 25 Jahre nach Staudammbau, durchgeführt und festgestellt, dass der Großteil der dort vorher lebenden Säugetiere vor Ort ausgestorben waren, da die Inseln zu klein für deren Überleben als Population waren. Luke Gibson von der National University of Singapore, der die Studie leitete, sagte: „Es war wie ein ökologisches Armageddon. Niemand hätte gedacht, dass wir solch katastrophales lokales Aussterben sehen würden.“

//christianrussau

]]>
Wie ein Staudammbau am Mekong-Zufluss die Waldrodung in der Region befördert https://www.gegenstroemung.org/web/blog/wie-ein-staudammbau-am-mekong-zufluss-die-waldrodung-in-der-region-befoerdert/ Mon, 28 Aug 2017 14:21:08 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1551 Im Nordosten von Kambodscha, in der Provinz Stung Treng, wird seit fünf Jahren an einem der künftig größten Wasserkraftwerke Kambodschas gebaut. Neue Presseberichte zeigen, wie die für Staudammbauten gesetzliche legale Rodung der Waldgebiete genutzt wird, um illegal geschlagenes Holz als legal zu deklarieren und so dem Raubbau am Regenwald Kambodschas vorantreibt.

Von Christian Russau

Am linksseitigen Mekong-Zufluss des Sesan, dort, wo der Srepok-Fluss mit dem Sesan zusammenfließt, entsteht derzeit der „Lower Sesan II“-Damm, Kambodschas künftig größtes Wasserkraftwerk. Investoren aus Kambodscha, China und Vietnam bauen dort einen Staudamm mit 75 Meter Höhe, der Kambodscha künftig mit 400 MW-Kapazität mit Strom versorgen soll – und dessen Strom auch in großem Stil ins benachbarte Ausland exportiert werden soll. 816 Millionen US-Dollar soll das kosten, die zum Großteil aus China als Kredite investiert werden.

Aber nicht alle sind froh über das Projekt. Schätzungen gehen von 5.000 Personen aus, die für den Bau insgesamt zwangsumgesiedelt wurden bzw. noch werden, und rund 40.000 Menschen, die entlang der Sesan- und Srepok-Flüsse auf den Fluss- und Sandbänken leben und vom Dammbau indirekt in Mitleidenschaft gezogen werden, da sie ihr Einkommen größtenteils aus dem durch den Dammbau bedrohten Fischfang beziehen (siehe Bericht von GegenStrömung vom 10. März 2017).

Nun aber werden von Anwohner*innen neue Anschuldigungen erhoben: Der Staudammbau fördere die Rodung des tropischen Regenwaldgebiets, in dem eigentlich der Holzeinschlag nur in geringem Maße, für die Bewohner*innen zur Eigenversorgung, gestattet ist. Und das funktioniert so: „Vorher fällten wir einige Bäume“, sagt der Anwohner Vann Oun der Presse. „Dieses Holz war für unsere Häuser, aber nie dafür, dass es nach Vietnam oder China verkauft werden sollte.“

Nun aber hat sich mit dem Staudammbau die Sachlage geändert. Die Abholzung nimmt in der ganzen Region zu, wegen des Baus des „Lower Sesan II“-Damm. Und diese in den allermeisten Fällen illegalen Rodungen werden durch einen simplen Trick legalisiert. Denn in dem Gebiet, das als Baukonzession für den Staudammbau und für die Flutung des Reservoirs vergeben wurde, ist durch diese Baumaßnahme die Rodung legal. Und dieses dort dann legal geschlagene Holz darf weiter verkauft werden. Da es aber vor Ort keine behördlichen Kontrollen gibt, wird illegal geschlagenes Holz aus der ganzen Region in das Konzessionsgebiet des „Lower Sesan II“-Damms verbracht, dort als „frisch vor Ort geschlagenes Holz“ deklariert und so steht es dem legalen Holzexport ins Ausland zur Verfügung. Dem Pressebericht bei NPR zufolge geschieht dies seit Baubeginn vor fünf Jahren. „Die Firma sagt, sie würden nur das Gebiet des Flutungsbeckens roden, aber das stimmt nicht“, so ein Anwohner gegenüber den Medien. „Da kommen Leute aus der ganzen Provinz hierher zum Staudammkonzessionsgebiet und bringen Holz aus der gesamten Region hierher.“ Die Baufirmen und die verantwortlichen künftigen Staudammbetreiberfirmen (die chinesische Lancang Hydropower International hält einen Anteil von 51 Prozent an dem Projekt, die kambodschanische Royal Group hält 39 Prozent und die vietnamesische EVN International hält 10 Prozent der Anteile) wiesen gegenüber NPR die Vorwürfe zurück. Der Medienbericht bei NPR resümiert: „A lot of people are already making money from cutting down Cambodia’s forests to sell its luxury hardwood abroad. Some indigenous villagers here say the new dam is helping hasten their forests‘ destruction.“

Die vom Staudammbau betroffenen Anwohner*innen leben vor Ort an dem Zusammenfluss der Sesan- und Srepok-Flüsse, betreiben Reisfeldanbau, Gemüsegärten, Fisch- und Viehzucht. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben eine Videostory erstellt, in der sie von ihrer Angst um ihre angestammte Lebenswelt berichten und sich gegen den Dammbau aussprechen. Zudem werfen die Bewohnerinnen und Bewohner den Betreibern, Bauherren, den Behörden und der Regierung vor, sie wären nie angemessen konsultiert worden, obwohl die ILO 169 ihnen als indigene Bevölkerung dies eigentlich garantieren müsste.

Die internationale Nichtregierungsorganisation International Rivers berichtete, dass eine im Jahr 2012 für die Proceedings of the National Academy of Sciences erstellte Studie feststellte, dass der Bau des Lower Sesan II-Damms einen Rückgang der Fischbestände um 9,3 Prozent vor Ort hätte, da rund 50 Fischarten in ihrem Bestand bedroht würden. Die Auswirkungen des Damm wären in Zukunft aber auch entlang des Mekong-Flusses, flussauf- wie auch flussabwärts zu spüren, sogar bis nach Vietnam, Laos und Thailand.

Kambodscha gewinnt derzeit 61 Prozent seiner Elektrizität aus sechs in Betrieb befindlichen Dämmen, die restlichen 39 Prozent kommen aus Biomasse- und Kohlebetriebenen Kraftwerken sowie durch Strom, der aus dem Nachbarland Vietnam importiert wird. Das Dammprojekt Lower Sesan II wurde 2012 von der Regierung Kambodschas bewilligt, obwohl die Umweltfolgenstudie den „Best Practice“-Test nicht bestand. Ende 2016 war das „Lower Sesan II“-Dammprojekt laut Betrieberangaben zu 80 Prozent fertiggestellt, die erste Turbine soll im Oktober 2015 in Betrieb genommen werden, bis Ende 2018 sollen alle geplanten acht Turbinen laufen.

Der Mekong-Fluss durchquert und schneidet die Länder China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam und ist mit über 4.000 Kilometer Länge einer der weltweit längsten Flüsse, an dem Millionen von Menschen leben, deren Nahrungsmittelsouveränität zu einem Großteil von Fisch abhängt. Gleichzeitig gilt das Mekong-Becken aktuell als einer der weltweit größten Hot Spots des Staudammbusinesses.

]]>