Tapajós – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Tue, 21 Jan 2020 12:57:27 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 ERKLÄRUNG: Anklage des Volkes Munduruku https://www.gegenstroemung.org/web/blog/erklaerung-anklage-des-volkes-munduruku/ Tue, 21 Jan 2020 12:57:25 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=2001 Vom 14. bis zum 17. Januar 2020 fand in der aldeia Piraçu in der Terra Indígena Capoto Jarina im Munizip São José do Xingu im zentralbrasilianischen Bundesstaat Mato Grosso das Treffen von über 600 Indigenen von 47 indigenen Völkern statt, um eine gemeinsame Position gegenüber den gezielten Angriffen der Bolsonaro-Regierung auf die verfasstheit der Indigenen territorien in Brasilien zu entwickeln. Dies mündete unter anderem in einer großen Abschluss-Erklärung, die auch von größeren medien aufgegriffen wurde. Auf dem Treffen wurde von den anwesenden Munduruku ebenfalls eine Erklärung verlesen, die auf die besonderen akuten bedrohungen des Munduruku-Volkes hinweist. GegenStrömung dokumentiert in deutschsprachiger Übersetzung diese Munduruku-Erklärung.

Anklage des Volkes Munduruku

Wir, das Munduruku-Volk vom Mittleren und Oberen Tapajós haben uns einmal mehr zusammengeschlossen, um unsere gemeinsame Position zu entwickeln und gemeinsam Anklage zu erheben gegen die Invasoren, die in unser Territorium einfallen: Goldschürfer, Holzfäller, Touristen und Palmherzen-Fäller. Die pariwat (Munduruku für: Die Weißen) bringen schweres Gerät in unser Territorium und wir müssen verschmutztes Wasser trinken und durch Schlamm und Wquecksilber verseuchte Fishe essen. Deshalb stellen wir den Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro, an den Pranger,, denn es ist er, der diesen Genozid, Ethnozid und Ökozid an uns befördert und vorantreibt, indem er die Holzfäller und Goldschürfer ermutigt, in unsere Territorien einzufallen und in unseren Flüssen voranzudringen, was das Leben unserer Kinder, Alten, Kaziken, Frauen, Krieger, Schamanen und auch der Tiere unseres Waldes bedroht.

Wir sind hier, um zu sagen, dass dieser Präsident uns immer mehr umbringt und uns unsere Rechte nimmt, die in der Bundesverfassung von 1988 festgehalten wurden. Jair Messias Bolsonaro ermutigt unseren Tod durch Bergbau, Landtitelfälscher (die Auftragsmörder anheuern, um uns zu töten), durch Wasserkraftwerke, Eisenbahnen (siehe die geplante Soja-Bahnlinie Ferrogrão) und die Verpachtung von indigenem Land. Die Regierung nimmt den Ureinwohnern, die so hart für die Eroberung des Landes gekämpft haben, ihre Gesundheit weg. Diese Regierung will die Gesundheit der indigenen Bevölkerung auf kommunaler Ebene verankert sehen- SESAI, indem sie die indigene Bevölkerung in die Stadt bringt, um vor Krankenhäusern in der Warteschlange zu sterben, die nicht einmal die sterbenden Pariwat (Weißen) aufnehmen können. Wir wissen, dass dieser Präsident ethnophobisch ist, da er öffentlich erklärt hat, dass er keinen Zentimeter Land für die indigene Bevölkerung demarkieren wird. Dennoch sind wir hier, um zu sagen, dass wir fordern, dass unser Gebiet als Sawre Muybu-Territorium (bekannt als Daje, Kapap Eypi), das Sawre Bapin-Territorium und andere indigene Gebiete demarkiert werden, die in der Region in des Mittleren Tapajós liegen, bei den Gemeinden Itaituba und Trairão, im Bundesstaat Pará, Die Verfassung von 1988 schreibt dies ebenso vor, wie dies die internationalen Abkommen tun, die von der brasilianischen Regierung unterzeichnet wurden. Die Regierung hat ein Interesse daran, uns aus unseren territorien zu vertreiben, um den Bau großer Vorhaben wie Ferrogrão, Wasserkraftwerke, Wasserstraßen und Häfen zu ermöglichen, um dadurch große Mengen an Sojabohnen und Mais nach China und Europa zu transportieren. Die multinationalen Unternehmen haben dazu beigetragen, die Invasionen in unsere Territorien und das Vergießen von indigenem Blut zu verstärken, indem sie Sojabohnen, Fleisch, Holz und Mineralien gekauft haben, die illegal aus indigenen Gebieten gewonnen wurden.

Dieselben Länder, die sich selbst als entwickelt betrachten, beuten die natürlichen Ressourcen der indigenen Territorien aus, exportieren Turbinen in Wasserkraftwerke, die auf unseren Territorien gebaut werden, töten unsere Fische und versperren unseren Fluss, der unsere Straßen und die Hauptquelle unserer Existenz und unseres Überlebens ist. Deshalb fordern wir, dass im Flussbecken des Tapajós, wie Chacorão, Jatobá, São Luís Tapajós und am Jamaxim-Fluss, neben den anderen dort geplanten Großvorhaben, die uns das Leben kosten werden, kein Wasserkraftwerk gebaut wird. Wir haben bereits unter den Auswirkungen und der Zerstörung unserer heiligen Stätten Deko ka’a (Affenhügel), Karobixexe (sieben Wasserfälle) gelitten, und wir leiden, seit diese Dämme gebaut wurden. Es wurden uns unsere ITIG’A (Urnen) gestohlen, die die Mutter der Fische, Jabuti-Schildkröte, Affen und anderer ist. Die Schamanen waren gezwungen, die ITIG’A Ende 2019 zu retten und unsere ITIG’A (Urnen) an den traditionellen Ort zu bringen, von wo aus sie während des Baus des Wasserkraftwerks Teles Pires gebracht wurden. Unsere ITIG’A (Urnen) wurden im historischen Mseum von Alta Floresta aufbewahrt. Wir litten und verloren unsere Frauen wegen der Geister und der Schändung durch die Mutter der Fische, als sie die Wasserkraftwerke São Manoel und Teles Pires bauten. Wir fordern, dass Ihr aufhört, Überseehäfen zu bauen, in denen dieser agrotoxische Sojastaub auf unsere Dörfer und in den Fluss fällt, weil er unsere Flüsse und den Fisch, den wir essen, verunreinigt.

Wir wollen auch das Vorgehen von Forschern anprangern, die von brasilianischen und internationalen Unternehmen finanziert werden, um den Bergbau in den indigenen Gebieten zu legalisieren. Diese Regierung, die mit diesen Unternehmen verbündet ist, respektiert das Konsultationsprotokoll des Munduruku-Volkes nicht und erklärt auch, dass die indigenen Völker kein Vetorecht haben und NEIN sagen können, und dass sie stattdessen in unsere Lebenswelt einfallen und diese zerstören können. Ihr seid schuldig am Tod der Eingeborenen, Ihr, diese Regierung, diese Unternehmen und Länder akzeptieren ihrerseits keine Migration, aber Ihr vertreibt uns aus unseren Territorien. Es sind über 520 Jahre, in denen wir Widerstand leisten, und wir werden nicht jetzt aufhören! Wir werden weiterhin für die Verteidigung unseres Territoriums kämpfen!

SAWE!SAWE!SAWE!

Übersetzung: Christian Russau

Link zum Originaldokument hier.

Zum Weiterlesen:

Offener Brief: Keine Equipment-Lieferung für Bergbauaktivitäten in Indigenen Territorien in Brasilien

Munduruku-Frauen vom Mittleren Tapajós: „Wir haben beschlossen, Widerstand zu leisten“

„Wir werden Widerstand leisten! SURARA! SAWÊ!“

Tapajós-Broschüre online

Brief vom III. Treffen der Munduruku-Frauen

Indigene Kayabi, Munduruku und Apiaká protestieren weiter gegen das Wasserkraftwerk São Manoel am Fluss Teles Pires in Amazonien

Staudamm, Schiene, Schnitzel

Besetzung der Baustelle des Wasserkraftwerks São Manoel am Fluss Teles Pires

Wie die Munduruku das Protokollverfahren zur Konsultation wollen

Nur wichtig mit Papieren rumfuchteln reicht nicht

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Morddrohungen und Einschüchterungsversuche gegen indigene Menschenrechtsaktivistin in Santarém https://www.gegenstroemung.org/web/blog/morddrohungen-und-einschuechterungsversuche-gegen-indigene-menschenrechtsaktivistin-in-santarem/ Wed, 04 Dec 2019 15:11:11 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1982 Nach Morddrohungen und einem gezielten Einbruch in ihre Wohnung hat die indigene Menschenrechtsaktivistin Alessandra Korap Munduruku Santarém vorerst verlassen müssen.

Alessandra Korap Munduruku musste wegen Morddrohungen und einem offensichtlich der Einschüchterung ihrer Person geltenden Einbruch in ihre Wohnung mit ihrer Familie Santarém verlassen. Dies nur wenige Tage, nachdem sie die illegalen Aktivitäten von garimpeiros und Holzfäller öffentlich und auch die nach wie vor aktuellen Staudammpläne Brasílias für die Tapajós-Region angeprangert hatte. Alessandra Korap Munduruku war zusammen mit 50 anderen Indigenen am 20. November nach Brasília gefahren, um dort öffentlich das illegale Vorgehen der garimpeiros und Holzfäller in den indigenen Territorien anzuprangern. Dabei war sie gefilmt worden, dieses Video wurde in sozialen Medien geteilt, woraufhin Frau Korap Morddrohungen erhalten hat. Am vergangenen Samstag war die Familie außer Haus, nach ihrer Rückkehr stellten sie fest, dass in ihr Haus in Samtarém, Bundesstaat Pará, eingebrochen worden war. Die Einbrecher hatten Dokumente, ein Tablet, ein Handy und eine Speicherkarte einer Kamera mitgenommen, die Kamera aber selbst liegen gelassen. Der Fernseher wurde ebenfalls gestohlen, aber die Gasflasche, eines der am häufigsten gestohlenen Gegenstände in der Region, wurde zurückgelassen. Laut Frau Korap ereignete sich der Einbruch zwischen dem späten Nachmittag und dem frühen Abend dieses Samstags (30.11.).

Wegen des mutmaßlichen Zusammenhangs mit den Drohungen gegen ihre Person, hat Alessandra Korap Munduku zusammen mit ihrer Familie Santarém verlassen und bleibt zunächst bei Freundinnen. Am Sonntag hatte Frau Korap noch versucht, eine polizeiliche Anzeige auf der zuständigen Wache zu erstatten, wurde aber aufgefordert, am Montag zurückzukehren und es erneut zu versuchen während der regulären Dienstzeiten, die Wochenenddienstzeiten seien nur für Taten, bei den die Täterinnen in flagranti erwischt wurden.

Alessandra Korap Munduruku gibt der Regierung in Brasília seit langem eine Mitverantwortung für die Menschenrechtsverletzungen gegen Indigene, da der Hassdiskurs des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro die Gesellschaft vergifte, so Alessandra Korap Munduruku im Gespräch mit KoBra anlässlich ihres Besuchs in Berlin Ende September 2019. Dort sprach sie unter anderem vor 270.000 Menschen auf der Fridays for Future-Demo-Kundudgebung vor dem Brandenburger Tor.

// christianrussau

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Brief der I. Vollversammlung der Munduruku-Frauen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/brief-der-i-vollversammlung-der-munduruku-frauen/ Thu, 11 Jul 2019 10:03:41 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1937 Vom 5. bis 7. Juli 2019 haben 300 Frauen vom Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós im Dorf Nova Trairão die I. Vollversammlung der Munduruku-Frauen abgehalten. Dies ist die deutschsprachige Übersetzung des Abschlussdokuments.

I. Vollversammlung der Munduruku-Frauen vom Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós. Nova Trairão, 7.7.2019
Foto mit herzlicher Genehmigung: Marquinho Mota

Wir bemalen uns wie die Kriegerin Wakoborun, Wir Munduruku-Frauen vom Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós, zusammen mit unseren Verwandten Kumaruara, Arapiuns, Borari, Tupinambá, Guarani und Kaiowa, haben wir die I. Vollversammlung der Munduruku-Frauen im Dorf Nova Trairão vom 5. bis 7. Juli 2019 abgehalten. Fast dreihundert Menschen waren anwesend, fünfundvierzig Dörfer vom Mittleren und vom Oberen Tapajós waren vertreten, darunter der Kazike Arnaldo Kaba sowie Vertreter der Verbände Pariri, Wuyxaxima und Cimat. Wir haben diesen wichtigen Moment geschaffen, um den Widerstand von Kriegerinnen, Schamanen, Kriegern und Häuptlingen fortzusetzen. Wir werden immer über unseren Kampf sprechen und uns um unsere Gebiete kümmern, die jetzt krank sind von Invasionen, vom Quecksilber, werden sprechen über die Verseuchung und Vergiftung unserer Kinder und Flüsse. Und wir werden standhaft bleiben, ohne jemals über unser Territorium, unser Leben und die Zukunft unseres Volkes zu verhandeln.
Wir fordern von den Unternehmen und der Regierung, dass sie unsere Lebensweise und unsere Entscheidungen respektieren, wie es im Protokoll über die Konsultation mit dem Munduruku-Volk steht. Sie haben bereits die Dämme in unserem Gebiet auf dem Fluss Teles Pires gebaut und unsere heiligen Stätten Karobixexe und Dekoka’a zerstört. Wir werden nicht aufgeben, von der Regierung und den Unternehmen, die die Häuser unserer Geister zerstört haben, zu verlangen, dass sie unsere heiligen Urnen in unser Gebiet zurückbringen, sonst werden wir auch unter diesen Folgen leiden.
Wir haben diesen Moment des Widerstands geschaffen. Wir planen Projekte, um mehr und mehr Autonomie für unseren Kampf zu schaffen. Wir arbeiten zusammen bei der Erstellung unseres Lebensplans, in Gruppen, in denen wir uns gegenseitig austauschen, um die Zukunft unserer Generationen zu sichern, indem wir unser Handwerk, die Agrarökologie und die Rechte unserer Lehrerinnen und Lehrer stärken, die für unsere indigenen Schulen neue Grundlagen brauchen, damit wir dort mehr Autonomie haben, um mit und in unserer Kultur und unserer Identität zu arbeiten.
Es war ein sehr starker Moment für uns alle in der Vollversammlung, vor allem der Erfahrungsaustausch mit den Verwandten der Guarani und Kaiowa, die uns von ihrem Kampf in Mato Grosso do Sul erzählten, wo ihr Land von den Großbauern gestohlen wurde. Der Mut der Verwandten hat uns sehr berührt, und wir sind sehr geschockt über die Gewalt, die sie durch die Bauern, die Regierung und die Polizei erleiden, wenn sie für die Rückeroberung ihres Landes kämpfen. Wir haben gesehen, dass unser Kampf ein einziger ist und dass wir indigene Völker ohne Kampf nichts erreichen.
Jetzt wollen sie einen anderen heiligen Ort plattmachen: Daje kapap Eipi. Wir werden immer weiter für die Abgrenzung unseres Landes Sawre Maybu, Sawre Jaybu, Sawre Apompu und anderer Gebiete kämpfen. Wir leiden unter diesen Gesetzen des Todes, die uns von unseren Wurzeln reißen wollen.
Unsere in der Verfassung verbrieften Rechte sind das Ergebnis eines langen Kampfes derer, die vor uns kämpften. Wir werden weiterhin für unsere Rechte kämpfen, für unsere Kinder und Enkelkinder. Wir bauen Lebensweisen auf, und wir werden nicht aufhören, auch nicht mit unter dieser aktuellen Regierung, die uns hasst und unseren Tod will. Wir werden weiter für unser Territorium, für unsere Wälder, für unseren Fluss kämpfen, der wie das Blut ist, das in unserem Körper fließt, das unserem Volk Kraft gibt, sich zu wehren. Sawe!
Aldeia Nova Trairão, 7. Juli 2019

Carta em português:

Carta da I Assembleia das Mulheres Munduruku
Pintamos como a mulher guerreira Wakoborun, nós mulheres munduruku do alto, médio e baixo Tapajós, junto com os parentes Kumaruara, Arapiuns, Borari, Tupinambá, Guarani e Kaiowa tivemos a I Assembleia de Mulheres Munduruku, na aldeia Nova Trairão, de 05 a 07 de julho 2019. Contou com a presença de quase trezentas pessoas, quarenta e cinco aldeias do médio e alto Tapajós, incluindo a presença do cacique geral Arnaldo Kaba, representações das associações Pariri, Wuyxaxima, Cimat. Construímos esse momento importante para continuar a resistência das mulheres guerreiras, pajés, guerreiros e caciques. Nós sempre vamos falar da nossa luta e cuidar dos nossos territórios, que agora ele está doente pelas invasões, pelo mercúrio, contaminando e envenenando as nossas crianças e os nossos rios. E vamos continuar firmes, sem negociar jamais o nosso território, a nossa vida e o futuro do nosso povo.
Exigimos que empresas e o governo respeitem nosso modo de vida, nossas decisões, como está no protocolo de consulta do povo Munduruku. Já construíram as barragens no nosso território no Teles Pires, e destruíram os nossos locais sagrados Karobixexe e Dekoka’a. Nós não vamos desistir de exigir que o governo e as empresas que dinamitaram a morada dos nossos espíritos, devolvam ao nosso território nossas urnas sagradas, senão nós vamos sofrer também com essas consequências.
Nós construímos esse momento para resistência. Pensamos em projetos para construirmos cada vez mais autonomia para nossa luta. Trabalhamos juntos na construção do nosso plano de vida, com grupos de trocas para garantir o futuro das nossas gerações, fortalecendo o nosso artesanato, a agroecologia, os direitos de nossos professores e professoras que precisam de regularização das escolas indígenas para terem mais autonomia para trabalhar com a cultura e com nossa identidade.
Um momento muito forte para todos nós, na Assembleia, foi a troca de experiência com as parentes Guarani e Kaiowa, que nos contaram da sua luta no Mato Grosso do Sul, onde as suas terras foram roubadas para os fazendeiros. Ficamos muito emocionados com a coragem das parentes e a violência que sofrem com os fazendeiros, o governo, a polícia, nas retomadas de terras. Vimos que a nossa luta é uma só, e que sem luta, nós indígenas não conseguimos nada.
Agora querem acabar com mais um local sagrado: Daje kapap Eipi. Nós vamos sempre continuar na luta pela demarcação das nossas terras Sawre Maybu, Sawre Jaybu, Sawre Apompu e outros territórios, que nós sofremos com essas leis de morte querendo arrancar a nossas raízes.
Os nossos direitos que estão na Constituição são resultado de muita luta dos que vieram antes de nós. Vamos continuar lutando por eles, pelos nossos filhos e netos. Estamos construindo caminhos de vida, e não vamos parar, mesmo com esse governo que nos odeia e quer a nossa morte. Nós vamos continuar lutando pelo nosso território, pelas nossas florestas, pelo nosso rio que é como o sangue que corre no nosso corpo, que dá força para o nosso povo resistir. Sawe!
Aldeia Nova Trairão, 7 de julho de 2019

// Übersetzung: christian russau

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Munduruku-Frauen vom Mittleren Tapajós: „Wir haben beschlossen, Widerstand zu leisten“ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/munduruku-frauen-vom-mittleren-tapajos-wir-haben-beschlossen-widerstand-zu-leisten/ Fri, 15 Feb 2019 11:53:03 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1860 GegenStrömung dokumentiert die deutschsprachige Übersetzung des Offenen Briefs des 3. Treffens der Munduruku-Frauen vom Mittleren Tapajós.

Wir, die Munduruku-Frauen vom Mittleren und Oberen Tapajós haben vom 30. Januar bis zum 2. Februar 2019 unser drittes Frauentreffen in der aldeia Sawre Muybu (Território Daje Kapap Eipi) abgehalten. Wir haben beschlossen, Widerstand zu leisten, das Leben unserer Kinder zu verteidigen, den Weg ohne Gewinnstreben, ohne Krankheiten, ohne Bedrohungen unseres Volkes vorzuleben. Wir werden das Leben unserer Kinder nicht im Austausch gegen Wasserkraftwerke hergeben, gegen Bergbau, Häfen, Waldnutzungslizenzen, Eisenbahnlinien und Wasserstraßen. Die Regierung und die Firmen fahren derweil darin fort, unsere Mutter Erde zu töten. Sie haben bereits die Mutter unserer Fische – Karobixexe (Wasserfälle Sete Quedas, Anm. d.Übersetzers) und Dekoka’a (der Morro dos Macacos, Anm. d. Übersetzers) – getötet. Die neue Regierung handelt dabei nicht anders, sie sind der ewig alte gleiche Pariwat-Feind („pariwat, Munduruku für Weiße, Anm. d. Übersetzers) der indigenen Völker.

Wir senden hiermit diese klare Botschaft: Das Leben unseres Volkes geben wir gegen nichts im Tausch her und darüber verhandeln wir nicht! Jeden Tag, jede Minute versucht die Bolsonaro-Regierung, unsere Rechte, unser Territorium, unserer Bildung, unsere Gesundheit zu untergraben und abzuschaffen. Bei der Gesundheit unternehmen sie beispielsweise den alten versuch, diese unter kommunale Hoheit zu stellen und dadurch das indigene Gesundheitswesen abzuschaffen – und dergestalt das Leben unserer Kinder zu beenden.

Die Regierung hat noch nie unsere Rechte, auf und mit unserem Land zu leben, respektiert, immer stehen sie auf der Seite des Gewinnstrebens. Wir lehnen die Regierungsmaßnahme MP 870 sowie alle Dekrete ab, die sich gegen die indigenen Völker richten und unser Land bedrohen, indem sie die Demarkationshoheit dem Agrarministerium übertragen, also genau in die vom indigenen Blut schmutzigen Hände der Großfarmer, die den Wald verschlingen und die Zuckerrohr und giftiges Soja produzieren. Solle wir jetzt also als Bittstellerinnen bei Agrarministerium und bei der Agrarreformbehörde Incra auflaufen, um unser Land demarkiert zu bekommen? Diese Maßnahme akzeptieren wir auf keinen Fall, da sie unser Leben schwer beeinträchtigen wird, und dies ohne, dass wir indigenen Völker gefragt worden wären. Die Regierung zerreißt die Konvention 169 der Intrenatinalen Arbeitsorganisation ILO, zerreisst unser Konsultationsprotokoll und erklärt uns indigenen Völkern den Krieg.

Des Weiteren stellen sich die Politiker und Firmenchefs taub, sobald wir den Erhalt unseres Awaidip (Munduruku für Wald, Anm. d. Übersetzers) einfordern. Wir aber lauschen dem Wald, und wir wissen, dass mit jedem neu gebauten Wasserkraftwerk ein weiterer Zeh des Tatus, die die Welt zusammenhalten, abgeschnitten wird. Darum geht es bei all diesem Ungleichgewicht, diesen Toten, diesen Tragödien. Hervorgerufen werden sie von den pariwat und wir alle müssen leiden. Wir solidarisieren und mit unseren Verwandten Pataxó Hãe Hãe Hãe und Krenak, die das Sterben ihrer Flüsse (Paraopeba und Rio Doce, durch die zwei Dammbrüche von Brumadinho, Jan. 2019, und Mariana, Nov. 2015, Anm. d Übersetzers) miterleben mussten. Und wir solidarisieren uns mit all jenen, die Opfer der von den Bergbaufirmen begangenen Verbrechen wurden. Auch wir werden durch Bergbaufirmen bedroht, so zum Beispiel am Rio Vermelho, wo unsere heiligen Orte und viele andere bereits zerstört werden, wir sind bedroht durch viele weitere Bergbauschürfanfragen bei der Bergbaubehörde. Und wir wissen sehr genau, dass die Regierung diese für uns tödlichen Bergbaulizenzen sehr gerne bewilligen möchte, auch in indigenen Territorien. Aber das werden WIR NICHT ZULASSEN!

Daher wollen wir – wie unsere Vorfahren es getan haben – den Kopf dieser Regierung! Wir werden weiter die Auto-Demarkation unseres Territoriums machen, unsere Frauen-Treffen und dergestalt unseren Kampf und unsere Autonomie stärken, dies zusammen mit den pajés (Wissenden, Heilenden, Anm. d. Übersetzers), den Kriegern und Kaziken.

Wir werden weiter das haus unserer Vorfahren verteidigen, unser Volk der Munduruku, damit künftige Generationen, unsere Kinder und Enkelkinder ebenfalls ein geschütztes Territorium haben, und dort nach unserer Lebensweise leben und unser Gutes Leben kultivieren können. SAWE.

// Übersetzung: Christian Russau
// Link zum Originaldokument: hier

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„Wir werden Widerstand leisten! SURARA! SAWÊ!“ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/wir-werden-widerstand-leisten-surara-sawe/ Tue, 22 Jan 2019 14:08:52 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1835
Treffen indigener Frauen am Unteren Tapajós. Foto Courtesy: CIMI
Treffen indigener Frauen am Unteren Tapajós. Foto Courtesy: CIMI

[Zur Originalquelle bitte hier]

GegenStrömung dokumentiert die deutschsprachige Übersetzung des Offenen Briefs der indigenen Frauen vom Unteren Tapajós.

Offener Brief der indigenen Frauen vom Unteren Tapajós:

Aldeia Novo Gurupá, Rio Arapiuns, Santarém-Pará, 12. Januar 2019

Wir, die indigenen Frauen vom Unteren Tapajós-Fluss der Völker Arapium, Apiaká, Arara Vermelha, Borari, Jaraqui, Kumaruara, Maytapu, Munduruku, Munduruku Cara Preta, Tapajó, Tapuia, Tupayú und Tupinambá haben unser erstes großes Treffen vom 9. zum 13. Januar 2019 im indigenen Dorf Novo Gurupá, am Fluss Arapiuns im Munizip Santarém-Pará, abgehalten. Wir haben uns hier mit ungefähr 200 Frauen versammelt, um unsere Widerstandsstrategien, die Verteidigung unserer Territorien sowie die Durchsetzung der Rechte der indigenen Frauen gemeinsam zu besprechen, um dergestalt unsere Erfahrungen auszutauschen sowie unsere Kultur und Spiritualität zu stärken. Im Verlauf der Tage unseres Treffens haben wir Rituale durchgeführt und Kunsthandwerk, Hausmittel gegen Krankheiten, Reinigungsmittel hergestellt und haben unsere Körper mit Jenipapo bemalt und uns um unsere Schönheit gekümmert. Etwas gemeinsam zu machen, dies ist für uns unsere Art zu existieren und Widerstand zu leisten. Es sind dies unsere Prinzipien der Kollektivität und der Erkenntnisweitergabe an jüngere Generationen. Auf diese Art und Weise haben wir seit Jahrtausenden unsere Territorien, Gebräuche und Traditionen verteidigt. Auf dass wir unsere Beziehung zu und mit dem Wald und den Flüssen bewahren mögen! Wir hängen von der Natur ab, um physisch und spirituell weiter existieren zu können! Die verzauberten Geister, die uns schützen und dem Leben Kontinuität gewähren, hängen vom Wald und von den Flüssen ab. Wenn sie die Flüsse und den Wald töten, dann sterben sie und unsere Völker sterben mit. Deshalb sind wir äußerst besorgt über den alarmierend voranschreitenden Abbau indigenistischer Politik durch den jüngst inthronisierten Präsidenten der Republik, Jair Messias Bolsonaro. Wir wollen keine Waldrodungen! Wir wollen keine Ausbeute unserer natürlichen Ressourcen! Wir wollen keinen Sojaanbau und keine Weideviehwirtschaft auf unserem Land! Wir wollen keinen Bau von Wasserkraftwerken und Häfen an unseren Flüssen!

Gegenwärtig sind wir mehr als siebentausend Indigene. Wir leben in 64 Dörfern in 18 indigenen Territorien, alle in den Munizipien Santarém, Belterra und Aveiro, im Westen des Bundesstaats Pará. Unsere Groß-,Ur- und Ururgroßeltern erzählen uns Geschichten der Alten, die in der Region des Unteren Tapajós lebten. Wir wissen, dass unsere Vorfahren bis heute in unseren Territorien leben. Die Orte, wo sie leben, sind für uns heilig und wir hegen den höchsten Respekt für diese Orte. Wir hängen von ihnen ab, um unserer spirituellen und kulturellen Existenz Kontinuität zu geben. Unsere Ältesten haben uns gelehrt, Mutter Erde und Mutter Wasser zu respektieren und zu bewahren. Jeder Ort hat eine Mutter, und es ist sie, die ihn bewacht und sich um ihn kümmert. Dieses Wissen geben wir an unsere Söhne und Töchter weiter. Dergestalt erhalten wir uns lebendig und geschützt gegen alle Gewalttaten, die uns angetan werden.

Wir lassen uns nicht durch die zunehmenden Bedrohungen durch Vertreter des Staates oder von Privatleuten einschüchtern. Auf allen Ebenen gibt es Versuche, die unsere Existenz zu delegitimieren versuchen und unser angestammtes Recht auf unsere Territorien verneinen wollen. Hier nur einige Beispiele aus den muniziaplen, landesstaatlichen und bundesstaatlichen Ebenen. Die Munizipalverordnetenversammlung von Santarém hat im Dezember 2018 eine Sonderkommission zur Untersuchung der indigenen Territorien und der ethnischen Völker eingesetzt – unter der Devise, dass es in der Region „falsche Indigene“ gäbe. Dies ist eine absolute Mißachtung unserer Herkunft und Erinnerung und stellt eine schwere Verletzung des verfassungsmässig garantierten Rechtes der ethnischen Selbstbestimmung dar. Im gleichen Monat hat der Bürgermeister von Santarém den Munizipalrahmenplan verabschieden lassen, in Mißachtung der Entscheidung der Munizipalkonferenz von rund 700 Bürgerinnen und Bürgern von Santarém. Unter den vorgenommenen Änderungen der von der Konferenz verabschiedeten Beschlüssen befindet sich die Einstufuung des Gebiets des Lago do Maicá als Hafenzone. In dieser Region leben Indigenas, Quilombolas und Ribeirinhos. Die Abstimmung zu diesem Punkt war die umstrittenste und heftigste, und die Bevölkerung beschloss, den Bau von Häfen an dem Lago von Maicá wegen des großen Widerstands nicht zuzulassen. Der genannte See ist ein ökologisches und sozioökonomisches Erbe der Region. Hunderte von Familien sind auf den Maica-See angewiesen, um ihren Lebensunterhalt und ihren finanziellen Lebensunterhalt aufrechtzuerhalten, vor allem durch die Fischerei. Außerdem befindet sich in der Region Maicá das indigene Territorium Munduruku-Apiaká des Santareno-Plateaus, zu dem die Arbeitsgruppe zur Identifizierung des indigenen Landes von der Bolsonaro-Regierung gestoppt wurde. Diese Region des Santareno-Plateaus wird vom Agrobusiness für die Monokultur von Sojabohnen begehrt. Die SIRSAN (Sindicato Rural de Santarém), Vertreter der landwirtschaftlichen Farmer in der Santarém-Region, beauftragt Kräfte, die Führer der indigenen und der Quilombola-Bewegung zu verfolgen.

In Bezug auf die Zuständigkeiten der Landesregierung weisen wir auf den kompletten Mangel an Investitionen in die Schulbildung indigener Schulen hin, der zu prekären Arbeitsbedingungen für Lehrer, zu schlechter Qualität und zu wenig Schulmahlzeiten und zu keiner differenzierten Bildung führt. Die Regierung des Bundesstaates Pará führt keine öffentlichen Maßnahmen für die indigenen Völker des Unteren Tapajós durch. In vielen Fällen erteilt es die Erlaubnis, natürliche Ressourcen in unseren Gebieten zu nutzen, ohne uns zu konsultieren.

Wie wir bereits erklärt haben, koordiniert die Bolsonaro-Regierung mit nur 13 Tagen im Amt einen beschleunigten Abbau der indigenistischen Politik. Am ersten Tag des Mandats, am 1. Januar 2019, wurde die vorläufige Maßnahme Nr. 870 veröffentlicht, die unter anderem dem Ministerium für Agrobusiness – unter der Leitung von Tereza Cristina, die besser unter dem Name „Muse des Giftes“ bekannt ist – die Entscheidungshoheit über das Eingrenzen, Abgrenzen und Registrieren von indigenen Gebieten und die Verantwortung für die Umweltlizenzierung von Projekten, die sich auf indigene Gebiete auswirken, überträgt. Durch diese Tat ist unser Land einem hohen Risiko ausgesetzt. Deshalb bitten wir um die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, um brasilianische Agrobusiness-Produkte zu boykottieren!

Die Indigenenbehörde FUNAI wurde nicht nur geschwächt – dass sie die Hoheit über Entscheidung zu solch für uns elementar wichtigen Fragen für die Wahrung unserer Rechte abgeben musste – , sondern die FUNAI wurde an das von Damares Alves kommandierte Ministerium für Frauen, Familie und Menschenrechte übertragen. Diese ist evangelikale Pfarrerin, Verfechterin der sogenannten „Schule ohne Partei“ und der Bekämpfung der sog. Geschlechterideologie. Sie entspricht also einem Profil, das völlig anders ist als das, was wir uns unter einem/-r Fachmann/-frau vorstellen, der/die mit Standards für Menschenrechte, für ethnische, rassische und geschlechtliche Minderheiten arbeitet. Die Rede von Bolsonaro und seinem Team über indigene Völker ist rückwärtsgewandt und behandelt uns respektlos, unsere Geschichte, unsere Abstammung, und mißachtet unser politisches-bürgerliches Handeln in Bezug auf den brasilianischen Staat. Der Präsident verglich uns mit Tieren im Zoo, die in einem Käfig gefangen seien, wenn er es mit dem Leben in unseren traditionellen Territorien vergleicht. Er macht absurde Aussagen über unsere Lebensweise und über unsere Wünsche als brasilianische Bürgerinnen. Ja, wir sind Brasilianerinnen! Wir sind Indigene! Wir wissen, was wir wollen, und wir verlangen das Recht, vom Staat zur Ausarbeitung und Umsetzung öffentlicher Richtlinien konsultiert zu werden! Wir wollen die Gesundheit indigener Frauen fördern! Wir möchten, dass in unseren Dörfern öffentliche Bildung, mit spezifischer und differenzierter Qualität angeboten wird! Wir wollen Autonomie bei der Umwelt- und Territorialbewirtschaftung unserer Länder! Wir möchten, dass unsere Kultur, Tradition und Spiritualität respektiert werden! Wir wollen, dass unsere Gebiete demarkiert sind! Unser Land ist keine Ware! Wir werden Widerstand leisten! SURARA! SAWÊ!“

Übersetzung: christianrussau

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„Brief vom III. Treffen der Munduruku-Frauen“, 13. Juli 2018

BROSCHÜRE JETZT ONLINE:
Ausschlachtung für den Weltmarkt. Wie Amazoniens Staudämme mit deutschen Schnitzeln zusammenhängen

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Tapajós-Broschüre online https://www.gegenstroemung.org/web/blog/tapajos-broschuere-online/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/tapajos-broschuere-online/#comments Tue, 22 Jan 2019 11:19:46 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1828

Ein indigener Munduruku beobachtet die Bauarbeiten am Staudamm São Manoel am Teles Pires, einem Nebenfluss des Tapajós, in der brasilianischen Amazonas Region


BROSCHÜRE JETZT ONLINE:
Ausschlachtung für den Weltmarkt
Wie Amazoniens Staudämme mit deutschen Schnitzeln zusammenhängen

Kurzinhalt:

Am Tapajós-Flusssystem in Amazonien plant die brasilianische Regierung den Bau von 43 Großstaudämmen und über 70 Kleinwasserkraftwerken. Die Erfahrung mit bereits fertiggestellten Staudämmen in der Region lassen Schlimmes befürchten. Die negativen Folgen für die lokale Bevölkerung – Indigene, Kleinbäuerinnen und -bauern und andere traditionelle Gemeinschaften – wären enorm. Ihnen drohen Umsiedelung und Verlust ihrer Lebensgrundlage. Zudem würden riesige Waldflächen überflutet und die Flussökologie des Amazonasgebietes empfindlich gestört. Doch Staudämme dienen nicht nur dazu, Energie zu erzeugen. Am Tapajós sollen sie auch Stromschnellen überfluten, um Flüsse schiffbar zu machen. Sie sollen die Ausfuhr von Rohstoffen – vor allem Soja und Mineralien – aus Zentralbrasilien erleichtern. So würden die geplanten Staudämme die Expansion von Bergbau und der Agrarindustrie in Amazonien erleichtern, was zu weiterer Zerstörung des Regenwaldes führen würde. Dies wiederum gefährdet den Wasserhaushalt des gesamten Kontinents: Katastrophale Dürren drohen in ganz Südamerika, mit möglicherweise globalen Auswirkungen, sollte diese Entwicklung anhalten.

All dies findet weit entfernt von Deutschland statt, hat aber viel mit unserer Lebensweise zu tun. Denn Europa ist einer der wichtigsten Importeure von südamerikanischen Mineralien und Soja, wo sie in der Industrie und als Futtermittel in der Massentierhaltung genutzt werden. Die subventionierte Fleischproduktion in der EU finanziert so indirekt die Zerstörung des amazonischen Regenwaldes. Die vorliegende Broschüre informiert fundiert über die Staudammpläne am Tapajós, die zu erwartenden Folgen; und wie dies mit unserem Konsumverhalten in Deutschland zusammenhängt.

Die Broschüre kann nun hier frei heruntergeladen werden: TAPAJOS_online

 

 

 

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https://www.gegenstroemung.org/web/blog/tapajos-broschuere-online/feed/ 1
Brief vom III. Treffen der Munduruku-Frauen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/brief-vom-iii-treffen-der-munduruku-frauen/ Fri, 13 Jul 2018 09:45:50 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1757 GegenStrömung dokumentiert die deutschsprachige Übersetzung der Abschlußerklärung der Mundurukufrauen von ihrem dritten Treffen.

Wir haben uns vom 8. bis zum 11 Juli 2018 im Dorf Patauazal in der Terra Indígena Munduruku versammelt, um über die gegen uns gerichteten Bedrohungen und die Diskriminierungen zu diskutieren, die wir erleiden, und um über die Projekte zu sprechen, die die Regierung der pariwat [Weiße, in Munduruku, Anm.d.Übersetzers] auf unserem Land errichten will, wie: Staudämme, Wasserstraßen, Eisenbahntrassen, Häfen, Bergbau, Waldkonzessionsvergaben (Flona Itaituba I und II sowie Flona Crepori), Invasion der illegalen Holzfäller und Goldwäscher, also all derer, die das Leben von uns Frauen, der Männer, der Jugend und der Kinder Munduruku bedrohen.

Wir sind fest entschlossen, aus unserer gemeinsamen Allianz im Kampf der Assoziationen Associação Wakoborun, Associação Pariri, Associação Da’uk und der Bewegung Movimento Munduruku Ipereg Ayu gestärkt hervorzugehen, weil wir es nie aufgeben werden, für unseren Fluss und für unser Territorium – frei von diesen Projekten des Todes – zu kämpfen. Wir verteidigen den Fluss, der für uns ist wie die Muttermilch, die wir jeden Tag unseren Kindern geben. Das Land ist unsere Mutter, für die wir tiefen Respekt empfinden und über die wir niemals verhandeln werden.

Wir werden mit unserer Bewegung Movimento Ipereg Ayu weitermachen – mit unseren Gruppen von Kriegerinnen und Kriegern – und wir werden weiter für unser Land kämpfen, so wie es unser Gott Karosakaybu gegeben hat und unsere Vorfahren instruiert hat. Wir werden weiter den Weg der Autonomie unseres Volkes gehen, um unser Territorium in Freiheit zu behalten, um es den kommenden Generationen zu übergeben.

Wir sind auf dem Weg, unseren eigenen Lebensplan zu entwerfen, indem wir unter uns Frauen über das Gute Leben diskutieren, über unsere eigene Bildung reden, über unsere Autonomie. Wir Frauen zeigen unsere Arbeit in der Praxis. Wir kennen unseren Weg und werden ihn ohne Gift und ohne Gewinnstreben weitergehen!

Wir lehnen es ab, dass die Regierung uns nur Projekte des Todes bringt, wir wollen, dass unser Leben wertgeschätzt wird, unsere Arbeit und unsere Produktion. Wir sind nicht wie Ihr pariwat, die Ihr ohne Grund den Wald rodet. Wir sind Kriegerinnen und Krieger der Munduruku und wir werden mit der Auto-Demarkation unserer Territorien, mit der Ausbildung und Fortbildung unserer Jugend, mit den Treffen unserer Frauen und mit unseren Munduruku-Märkten fortfahren.

Wir wissen, dass wir nicht alleine sind, wir haben Bündnisse mit anderen Völkern und Gemeinden an den Flüssen, die ihren eigenen Weg sehr gut kennen. Aus all diesen Gründen werden wir unser Territorium der Regierung nicht überlassen.

Wir werden immer für uns selbst entscheiden, für unser Territorium, für unseren Fluss!

Wir sind der Keim des Widerstands der Munduruku!

Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun

Associação Pariri

Associação Da’uk

Movimento Munduruku Ipereg Ayu

Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018
Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018

Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018
Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018

Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018
Foto: III Encontro das Mullheres Munduruku, Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018

 

// Übersetzung: christian russau

Hier das portugiesischsprachige Original:

Carta do III Encontro das Mullheres Munduruku

Nós, reunidos na aldeia Patauazal na Terra Indígena Munduruku, durante os dias 08 a 11 de julho de 2018, nos encontramos para discutir sobre as ameaças e discriminações que estamos sofrendo e os projetos que o governo pariwat tenta impor para nosso território como as barragens, hidrovia, ferrovia, portos, mineração, concessão florestal (Flona Itaituba I e II e Flona Crepori) invasão de madeireiros e garimpos, que impactam a vida das mulheres, dos homens, dos jovens e das crianças Munduruku.

Estamos decididos continuar fortalecidos em aliança de luta com a Associação Wakoborun, Associação Pariri, Associação Da’uk e Movimento Munduruku Ipereg Ayu pois nunca vamos parar de lutar pelo nosso rio e pelo nosso território livre dos projetos de morte. Estamos defendendo o rio que é como nosso leite materno que damos todos dias para nossos filhos. A terra é nossa mãe, temos respeito (Ipi Wuyxi Ibuyxin Ikukap) e nunca vamos negociar.

Vamos continuar com o nosso Movimento Ipereg Ayu – com nossos grupos de guerreiras e guerreiros – e continuar lutando pela nossa terra, como deixou o nosso Deus Karosakaybu e nos orientou os nossos antepassados. Vamos seguir o caminho da autonomia do nosso povo para manter o nosso território livre para nossas futuras gerações.

Estamos caminhando na construção do nosso plano de vida, discutindo com as mulheres sobre o nosso bem viver, sobre a nossa educação própria, sobre a nossa autonomia. Nós mulheres mostramos nosso trabalho na prática. Nós sabemos seguir o nosso caminho sem veneno e sem ganância!

Não queremos que o governo traga só projeto de morte, queremos que valorizem a nossa vida, nosso trabalho e nossa produção. Não somos iguais vocês pariwat, que desmatam a floresta sem necessidade. Somos guerreiras e guerreiros Munduruku e vamos continuar fazendo a autodemarcação dos nossos territórios, capacitação dos jovens, formação e encontro das mulheres e nossa Feiras Munduruku.

Sabemos que não estamos só, temos nossas alianças com outros povos e comunidades ribeirinhas que sabem seguir o seu próprio caminho. Por isso, não vamos entregar nosso território para o governo.

Vamos sempre decidir por nós, pelo nosso território, pelo nosso rio!

Nós somos a semente da resistência Munduruku!

Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun

Associação Pariri

Associação Da’uk

Movimento Munduruku Ipereg Ayu

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Staudamm Jatobá am Rio Tapajós soll voranschreiten https://www.gegenstroemung.org/web/blog/staudamm-jatoba-am-rio-tapajos-soll-voranschreiten/ Thu, 11 Jan 2018 16:53:59 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1656 Nationale Energieagentur Aneel hat die eingereichten Machbarkeitsstudien akzeptiert, obwohl diese ohne zureichende freie, vorherige und informierte Konsultation der betroffenen Indigenen und Flussanwohnerinnen erstellt worden waren.

Entgegen der in der vergangenen Woche von hohen Regierungsbeamten und Politikern geäußerten Ansicht, das Ende von Großstaudämmen in Amazonien sei nahe, hat die Nationale Energieagentur Aneel die Machbarkeitsstudien für das Wasserkraftwerk Jatobá am Tapajós-Fluss, zwischen Itaituba and Jacareacanga gelegen, akzeptiert. Damit kann die Regierung, so sie den politischen Willen dafür hat, das Projekt weiter vorantreiben.

Der Sozialwissenschaftler Mauricio Torres wies aber mit Nachdruck darauf hin, dass die Feldstudien für diese Machbarkeitsstudie im Jahr 2013 in den betroffenen Gemeinden durchgeführt wurden, wo er als kritischer Beobachter vor Ort war und feststellen konnte, in welcher Form diese Studie durchgeführt wurde: „Der schockierenste Moment war, als die Datenerhebung vor Ort in den comunidades durchgeführt wurde und dazu mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten als Begleitung engagiert worden waren.“ Die Forscher hätten zudem die Bewegungsfreiheit der Anwohner eingeschränkt, um an die Daten zu kommen, wodurch deren Tagesrhythmus des Jagens und Fischens schwer beeinträchtigt wurde“, so Mauricio Torres, der im Oktober vergangenen Jahres in Berlin die Problematik der Staudämme am Tapajós auf Veranstaltungen dargelegt hatte.

Der Wissenschaftler Philip Fearnside wies in diesem Zusammenhang auf die politisch-wirtschaftlichen Interessen im Zusammenhang mit dem Bau der Staudämme am Tapajós hin. Denn alleine der geplante 12-Gigawattstaudamm von Jatobá wird ein Reservoir von 64.600 Hektar Land fluten, dadurch würde ein großer See entstehen und genau dies, so Fearnside, läge im Interesse der Politik – und der Unternehmer – in Brasilien. Denn durch mehrere solcher in Reihe geschaltete Staudämme und -seen würde der Tapajós-Fluss schiffbar gemacht und dies würde dann in Zukunft den um 41-Prozent kostengünstigeren Transport von Soja hin zu den Weltmärkten ermöglichen. „Es gibt da also diesen enormen Druck, das umzusetzen, weil das Soja ist ja das Hauptprodukt unseres brasilianischen Bruttoinlandsprojekts. Die ganze Fraktion der Großfarmer macht ja 40 Prozent unseres Kongresses aus, und der Agrarminister ist der größte Sojaproduzent des Landes. Es existiert da also eine wahnsinnig starke politische Front, die diese Projekte vorantreiben will“, so Fearnside.

// Christian Russau

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Brasilianische Wasserkraft (auch) für deutsche Schnitzel. Film „Belo Monte – After the Flood“ und Diskussion https://www.gegenstroemung.org/web/blog/brasilianische-wasserkraft-auch-fuer-deutsche-schnitzel-film-belo-monte-after-the-flood-und-diskussion/ Mon, 25 Sep 2017 16:00:06 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1563 Filmvorführung mit Vortrag und Diskussion

5. Oktober, 19:0020:30

Ort: Lateinamerika-Forum / Foro de las Américas Berlin e.V.
c/o SEKIS
Bismarckstraße 101
10625 Berlin

Folgen der Staudämme am Xingú und Tapajós (Amazonien) für die lokalen Gemeinschaften und die Natur. Mit Christian Russau (GegenStrömung)

Der Dokumentarfilm „Belo Monte – After the Flood“ des Regisseurs Todd Southgate (BRA 2017, 51 Min. OF Engl.) ist Ausgangspunkt unserer Veranstaltung.

„Der Kampf gegen den Bau des weltweit drittgrößten Wasserkraftwerks im Herzen des brasilianischen Amazonas ist verloren. Der Damm wurde trotz allen Widerstands gebaut, ein Wald geflutet und die Stromproduktion beginnt. Die Anwohner*innen am Fluss und in der Stadt Altamira, die Kleinbauern und Indigenen stehen nun vor den Scherben zerstörter Umwelt und erodierender Sozialstruktur. Und deutsche Turbinenlieferanten wie Siemens/Voith und Rückversicherer wie die Münchener Rück weisen noch immer jede Kritik an ihren Staudammgeschäften zurück.“ Der Film beleuchtet die aktuelle Situation.

In der auf den Film folgenden Diskussion erweitern wir den Blick über Belo Monte hinaus auf die Staudammproblematik in Brasilien insgesamt – und fragen, was dieselbe mit dem Schnitzel auf unserem Tisch zu tun hat. Eine Antwort weiß der Journalist Christian Russau.

Staudamm Belo Monte. Foto: Christian Russau
Staudamm Belo Monte. Foto: Christian Russau

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Staudamm, Schiene, Schnitzel https://www.gegenstroemung.org/web/blog/staudamm-schiene-schnitzel/ Mon, 31 Jul 2017 12:42:13 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1528 Wie Staudämme und Wasserstraßen am Tapajós mit Bergbau und Soja in Mato Grosso und dem billigen deutschen Schnitzel zusammenhängen

Von Christian Russau
Lateinamerika Nachrichten, Juli/August 2017
Dossier „Wasserkraft in Lateinamerika“, Lateinamerika Nachrichten/GegenStrömung

Die von Politik und Unternehmen geplanten Staudämme am Tapajós-Fluss in Amazonien sollen Strom erzeugen, aber auch die Wasserstände der dortigen Flüsse regulieren, so dass diese durchgehend schiffbar werden. Diese Vorhaben bedrohen das Überleben der Wälder und Flüsse Amazoniens. Doch auch das hiesige Konsumverhalten und deutsche Schweinemastanlagen stehen mit der drohenden Zerstörung im Zusammenhang.

Den indigenen Munduruku ist schon früh klar geworden, dass der Politik nicht zu trauen ist. Zu oft hatten Regierungsbeamte ihr Wort gebrochen. So nahmen sie stattdessen die Dinge lieber selbst in die Hand. Die Munduruku begannen im Oktober 2014, Fakten zu schaffen: Sie fingen an, die Sawré Muybu – so bezeichnen sie das Gebiet, das sie bewohnen – selbst als indigenes Territorium zu demarkieren, um es zu schützen.
Die Gefahr, die dem Sawré Muybu droht, ist die Zerstörung durch Staudämme. Wie schon so viele andere indigene Territorien in Amazonien soll es für ein Wasserkraftwerk überflutet werden. Denn Amazonien stand und steht im Fokus des Interesses, Staudämme zu errichten. Staatlichen Berechnungen zufolge hat Brasilien ein Gesamtpotenzial für Wasserkraft in Höhe von 260.000 MW Kapazität, von denen 40,5 Prozent allein in Amazonien liegen. Im Mai 2016 sind die ersten Turbinen des größten Wasserkraftwerks in Amazoniens, Belo Monte am Xingu-Fluss, in Betrieb genommen worden, bis 2019 soll es fertiggestellt werden. Nun will Brasília die weiter westlich gelegene Region von Pará in Angriff nehmen.
Im Visier der Wasserkraft steht dabei das Flussbecken des Tapajós. An den beiden Quellflüssen, Teles Pires und Juruena, aus deren Zusammenfluss sich der Tapajós bildet, sowie an all deren kleineren Zuflüssen, sollen Wasserkraftwerke entstehen. Für das Tapajós-Becken sind insgesamt 43 große Staudämme sowie über 70 kleine Wasserkraftwerke (unter 30 MW) geplant.
Der größte der geplanten Staudämme im Tapajós-Becken ist der São Luiz do Tapajós-Damm mit über 8 GW Kapazität. Mit geplanten Kosten von etwa zehn Milliarden Euro wäre der Damm am Tapajós fast ebenso teuer wie der Belo-Monte-Staudamm. Zwischen 2011 und 2016 wurde die Planung des São Luiz do Tapajós-Damm von der Regierung in Brasília massiv vorangetrieben. Doch es gab Widerstand, insbesondere von den Indigenen der Munduruku.
„Die Regierung und die FUNAI sind nie hierhergekommen, um über die Demarkation unseres Territoriums, über Gesundheit oder Bildung zu reden. Sie kommen hier nur her, um über Staudämme zu reden“, erklärte 2011 Floriano Munduruku, in seiner Aussage gegenüber der Bundesstaatsanwaltschaft in Pará. Das machte die indigenen Munduruku so wütend, dass sie mehrmals von Brasília entsandte Anthropolog*innen, Biolog*innen und Feldvermesser*innen festsetzten und nur gegen die Zusage, die Staudammpläne ad acta zu legen, wieder freiließen. Doch die Pläne gingen immer weiter. „Für uns Indigene Völker gibt es keine Kompensation, um uns für den Verlust unserer Kultur und unserer traditionell indigenen Lebensweise zu entschädigen. Die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder steht auf dem Spiel“, erklärten 2016 die indigenen Gruppen der Xerente, Apinajé, Krahô, Kayabi und Juruna in einer gemeinsam Erklärung.
Um ihre Zukunft zu schützen, fingen die Munduruku an, selbst ihr Territorium zu demarkieren. Sie begannen, Daten darüber zu erheben, welche Gebiete in welcher Form von den Indigenen genutzt werden. Dies war keine einfache Aufgabe, denn die Population der über 10.000 Munduruku lebt zerstreut in zahlreichen kleinen Gruppen.
Mit dieser Selbst-Demarkierung ihres Territoriums solidarisierten sich viele zivilgesellschaftliche Gruppen im In- und Ausland. Dieser massive öffentliche Druck bewog die brasilianischen Behörden, erst einmal einzulenken. Im April 2015 entschloss sich die Umweltbehörde Ibama dazu, die Umweltverträglichkeitsprüfungen für den Staudamm São Luiz do Tapajós neu zu überarbeiten: ein schwerer Schlag für die Staudammbefürworter*innen.
Doch die weltweite Solidaritätsarbeit für die Menschen am Tapajós nahm nicht ab. Im Frühjahr 2016 unterstützte das deutsche Hilfswerk Misereror in ihrer Fastenaktion die Flussanwohner*innen, Kleinbäuer*innen und Munduruku am Tapajós zwischen den Orten Itaituba und Jacareacanga. Eine entsprechende Petition, die die Wahrung der Rechte der Bevölkerung am Tapajós einforderte, wurde von über 50.000 Menschen unterschrieben. Verschiedene internationale Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace gaben den Munduruku technische Unterstützung bei der Selbstdemarkation der Sawré Muybu als Indigenes Territorium. Mitte 2016 war der Prozess abgeschlossen: Die Munduruku bauten die offiziellen Schilder zur Außenkennzeichnung Indigener Territorien – wie sie normalerweise die Indigenenbehörde FUNAI produziert – einfach nach. Öffentlichkeitswirksam hängten sie diese an den Außengrenzen von Sawré Muybu auf. Die Bilder von der Aktion gingen um die Welt.
Und dann kam es im August 2016 zur Überraschung vieler zu einem wichtigen Etappensieg für die Indigenen und die Flussanwohner*innen der Region: Die Umweltbehörde IBAMA stoppte das ganze Genehmigungsverfahren für den Staudamm São Luiz do Tapajós. Doch die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass solche Pläne jederzeit wieder aus den Schubladen der Behörden hervorgeholt werden können.
Zudem ging es Brasília in der Tapajós-Region nie nur um Energieproduktion. Mit den Staudämmen sollen auch Transportwege ausgebaut werden: Sie sollen dazu beitragen, den Flusslauf zu regulieren und ihn so schiffbar zu machen. Dadurch sollen Wasserstraßenrouten für den Transport von Rohstoffen aus dem Bundesstaat Mato Grosso geschaffen werden. Die Staumauern würden dafür sorgen, dass Stromschnellen überflutet werden. Vier Schleusen sollen am Tapajós entstehen, sechs am Teles Pires. Dann können auch größere Schiffe diese Regionen erreichen. Dazu sollen die Häfen in Santarém, Mirituba, Itaituba, Santana und Barcarena ausgebaut werden. So würden die Infrastrukturprojekte nicht nur Energie liefern, sondern auch den kostengünstigen Transport von Rohstoffen bis an den Atlantik ermöglichen. Dabei geht es um den Transport von mineralischen Bodenschätzen und Agrarrohstoffen wie Soja, Mais und Weizen. Die ganze Region soll an den Weltmarkt angeschlossen und für die expandierenden Bergbau- und Agrarindustrien massiv erschlossen werden.
In Mato Grosso wurden erst Anfang der 2010er Jahre Vorkommen mit 450 Millionen Tonnen Phosphat sowie elf Milliarden Tonnen Eisenerz entdeckt. Brasília will diese Erze unter anderem über die schiffbar zu machenden Flüsse des Tapajós-Beckens transportieren lassen. Eine andere Möglichkeit wäre der Bau einer Eisenbahn.
„Ferrogrão“ –„Eisengetreide“ heißt einer der geplanten Süd-Nord-Bahnkorridore von Sinop in Mato Grosso nach Miritituba in Pará am Tapajós. Von dem dortigen Hafen aus können die Rohstoffe dann über den Amazonas bis zum Atlantik gebracht werden. „Ferrogrão“ soll den Planer*innen zufolge dem Transport von Soja und Getreide aus Mato Grosso dienen, aber auch für Erzzüge nutzbar sein. Weitere Pläne sehen den Bau einer Ost-West-Bahntrasse vor: Zu diesen Plänen zählt auch die Idee der sogenannten bi-ozeanischen Eisenbahntrasse zwischen dem brasilianischen Hafen Santos in São Paulo und dem peruanischen Pazifikhafen Ilo. Dieses „Jahrhundertprojekt“, an dem sich auch Deutschland beteiligen will, soll Zentralbrasilien und Bolivien mit Häfen am Atlantik und Pazifik verbinden und dadurch an die Märkte in Europa und Asien anschließen.
Für die Bergbaukonzerne gibt es zur Schiffbarmachung von Flüssen oder zum Bau von Bahntrassen keine Alternativen: Erze und deren Derivate lassen sich nicht kostengünstig auf LKW über hunderte von Kilometer transportieren. Aber auch aus Sicht der Soja-Farmer*innen aus Mato Grosso spricht vieles für den Bau des „Ferrogrão“ und der Wasserstraßen.
Bislang ist die Boomregion für Sojaanbau im Bundesstaat Mato Grosso nur über LKW an den Weltmarkt angeschlossen. Über die insgesamt 3.467 Kilometer lange Bundesstraße BR 163 konnten die Sojafarmer*innen ihre Produkte entweder in Richtung Norden nach Miritituba und Santarém oder in Richtung Süden zum Hafen von Santos verschicken. Die Farmer*innen in Mato Grosso beklagen immer wieder die hohen Kosten der mehrtägigen LKW-Fahrten auf der BR-163 gen Südosten. Zudem komme es oft zu Staus bei der Entladung des Sojas in den Häfen von Santos oder Paranaguá: Die Atlantikhäfen sind häufig völlig ausgelastet, denn dort wird auch das Soja aus Südbrasilien und Paraguay ausgeschifft. Manchmal stehen die LKW und Fahrer*innen mehrere Wochen still.
Auch die BR-163 nach Norden sei immer viel befahren, klagen die Farmer*innen aus Mato Grosso. Die derzeitigen Kapazitäten des Hafens Mirituba seien nahezu ausgeschöpft. Deshalb befürworten sie auch die Pläne, die Soja-Terminals an den Häfen am Amazonas massiv auszubauen: Die Kapazität des Hafens von Santarém bei der Tapajós-Mündung in den Amazonas soll im kommenden Jahrzehnt von derzeit 1,8 auf 8 Millionen Tonnen Soja pro Jahr ausgebaut werden. Im Hafen Porto Velho am Rio Madeira sind Ausbauten von 4 auf 7 Millionen Tonnen pro Jahr und in Miritituba am Tapajós von derzeit 3,5 auf 32 Millionen Tonnen pro Jahr geplant.
Sollten die Wasserstraßenprojekte im Tapajós-Becken in dieser Form realisiert werden, erwarten die Soja-Farmer*innen eine Kostenersparnis von satten 41 Prozent beim Transport ihrer Produkte. Bislang, so klagen Soja-Farmer*innen in Mato Grosso, hätten sie viermal höhere Logistikkosten pro Tonne Soja als ihre Konkurrenten im Mittleren Westen der USA. Die geplanten Infrastrukturprojekte am Tapajós würden die Logistikkosten enorm senken und den Anbau von Soja im großen Stil in Regionen lohnenswert machen, die bislang von der Expansion der Agrarindustrie verschont geblieben waren.
Die sozialen und ökologischen Folgen dieser Infrastrukturprojekte wären enorm. Márcio Santilli vom Instituto Socioambiental (ISA) spricht angesichts dieses Amazonien durchziehenden Netzes von Straßen vom „zerhackten Amazonien“. Die Verkehrswege würden große zusammenhängende Teile Amazoniens, die noch bewaldet sind, zerteilen. Dabei gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Entwaldung und Verkehrswegen: 80 Prozent aller Rodungen in Amazonien erfolgen innerhalb eines 30 Kilometer breiten Streifens entlang asphaltierter Straßen.
Brasilien ist schon heute Soja-Exportweltmeister – mit allen sozialen und ökologischen Folgen, die dieses Modell vor Ort erzeugt. So ist Brasilien auch Weltmeister im Pestizidverbrauch und in der Auslaugung der Böden; die Landpreise steigen, Konflikte um Land nehmen zu. Die kleinbäuerliche Bevölkerung wird dagegen immer mehr marginalisiert. Doch die brasilianische Politik fördert weiter die Expansion der Agrarindustrie, denn sie ist der größte Devisenbringer. Soja brachte im Jahr 2015 einen Exporterlös von 28 Milliarden US-Dollar, Produkte aus Soja stehen allein für 14,6 Prozent der brasilianischen Exporte. In der Erntesaison 2015-2016 wurden in Brasilien insgesamt 95 Millionen Tonnen Soja auf 33,9 Millionen Hektar geerntet.
Das brasilianische Landwirtschaftsministerium will diesen Trend noch mehr befeuern. Landwirtschaftsminister ist derzeit Blairo Maggi, der selbst Farmer aus Mato Grosso ist und eine zeitlang als der größte individuelle Sojaproduzent der Welt galt. Nach Plänen aus seinem Ministerium soll die Produktion von Soja, Weizen und Mais von 185 Millionen Tonnen auf bis zu 274,8 Millionen Tonnen im Jahr 2022 ansteigen. Dabei soll der Heimatstaat von Maggi, Mato Grosso, die Hauptrolle spielen. Geplant ist, den Anteil Mato Grossos an der brasilianischen Jahresproduktion von Soja von 29,2 Prozent im Jahr 2012 auf 40 Prozent bis 2022 zu erhöhen.
Soja hat in den letzten Jahren Eisenerz und andere mineralische Rohstoffe als Brasiliens wichtigstes Exportprodukt abgelöst. Dies liegt auch daran, dass in Folge der Finanzkrise die Weltmarktpreise für Erze stärker gefallen waren, als die für Soja. Wichtigste Zielländer des brasilianischen Sojas sind China und Europa. China importiert vor allem ganze Sojabohnen. Im Jahr 2015 importierte China 41 Millionen Tonnen ganze Sojabohnen aus Brasilien, das sind 75 Prozent des Gesamtexports von ganzen Bohnen. Die Europäische Union dagegen ist Spitzenreiter beim Import von Sojamehl. Ebenfalls im Jahr 2015 importierte die EU 8,3 Millionen Tonnen oder 56,3 Prozent der gesamten brasilianischen Exporte von Sojamehl.
Sojamehl wird vor allem in der Tierfütterung eingesetzt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2015 gab es allein in Deutschland 39,6 Millionen Legehennen, 27,5 Millionen Schweine, 12,6 Millionen Rinder und 1,6 Millionen Schafe. Demnach wird in Europa jedes vierte Schwein in Deutschland geschlachtet. Und Deutschlands Nutztiere fressen jährlich insgesamt 82 Millionen Tonnen Futter, wie der Deutsche Verband Tiernahrung angibt. Die Nutztiere brauchen insbesondere verdauliches Rohprotein, so der Verband, 8,37 Millionen Tonnen pro Jahr. 22,2 Prozent dieses verdaulichem Rohprotein, das verfüttert wird, importieren die deutschen Futterproduzenten. Durchschnittlich 13 Prozent Soja wird in das deutsche Mischfutter eingemischt, damit deckt es aber rund 35 Prozent des Bedarfs an verdaulichem Rohprotein ab, erklärt der Deutsche Verband Tiernahrung. Der hohe Fleischverbrauch in Deutschland kurbelt also direkt die Expansion der Agrarindustrie in Brasilien an. Die fortschreitende Zerstörung des Amazonasregenwalds hat unmittelbar mit dem billigen Schnitzel in Deutschland zu tun.
Die Kritik an den hohen sozialen und ökologischen Kosten in den Soja-Anbauländern, die auch hierzulande geäußert wird, ist an der deutschen Masttierwirtschaft nicht komplett vorbeigegangen. Aus Budapest kam ein Vorschlag wie die europäischen Eiweißimporte zu verringern wären. Dort kamen Vertreter*innen der Agrarressorts Ungarns, der Slowakei, Moldawiens, der Republika Srpska und Nordrhein-Westfalens im Rahmen des „Donau Soja“-Kongresses zusammen und verkündeten die Absicht, bis 2025 den europäischen Bedarf an Futtereiweiß zur Hälfte aus heimischen Sojabohnen und anderen Leguminosen zu decken.
Ideal für diese geplante Expansion der Sojaproduktion in Europa seien die fruchtbaren Schwarzerdeböden Rumäniens, erklärten internationale Agrarinvestor*innen auf dem „Donau Soja“-Kongress. Dies aber lässt bei vielen Aktivist*innen die Alarmglocken schrillen: In Rumänien gibt es vier Millionen Kleinbäuer*innen. Über 70 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Rumänien bewirtschaften weniger als einen Hektar. Obwohl Rumänien nur 7,6 Prozent der in der EU landwirtschaftlich genutzten Fläche hat, befinden sich dort 31,5 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe der gesamten EU. Und die Agrarinvestor*innen stehen schon Schlange, um sich die Schwarzerdeböden anzueignen. Zwischen 2002 und 2012 sind die Bodenpreise für landwirtschaftliche Flächen in Rumänien im Durchschnitt um 38 Prozent jährlich gestiegen – der höchste Wert in ganz Europa. So droht die letzte Region Europas, in der es noch eine eigenständige, kleinbäuerliche Ernährungssouveränität gibt, unter die Räder der Agrarindustrie zu geraten. Der Proteinhunger der europäischen Masttieranstalten hat seinen gewichtigen Anteil daran, um das Schnitzel weiterhin so billig anbieten zu können.
// Christian Russau

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