Neues Berggeschrey in indigenem Land

Bolsonaro macht ernst mit künftigem Bergbau in indigenen Territorien. Es war eines seiner großen Wahlversprechen, eines, das Panik bei indigenen Völkern Brasiliens und bei den sie unterstützenden Menschenrechtsverteidiger*innen auslöste, eines, das Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nun in Angriff nimmt und damit indigenes Land für die wirtschaftliche Ausbeutung freigeben will: Bergbau und andere wirtschaftliche Aktivitäten, wie großflächige, industrielle Landwirtschaft sollen nach Wunsch des Präsidenten Bolsonaro künftig in indigenen Territorien in Brasilien erlaubt sein.

Der von Jair Bolsonaro vorgelegte Gesetzesvorschlag liegt derzeit noch unter Verschluss, wurde der Presse selbst nicht übergeben, sondern nur an den brasilianischen Nationalkongress weitergeleitet. Die Bolsonaro-Gesetzesvorlage sieht laut Medienberichten im Falle der künftigen Ausbeutung des Bodens indigener Territorien durch Dritte die Zahlung einer finanziellen Entschädigung an die indigenen Völker vor, dies jedoch in einer Höhe, die unter den Werten liegen, die z.B. an Lizenzgebühren bezahlt werden (wie bspw. bisher üblich bei der Ölexploration). Dem Vorschlag zufolge würden bei künftiger Wasserkraftnutzung die Gemeinden 0,7% des Wertes der erzeugten Energie erhalten, im Falle von Erdöl, Erdgas und deren Derivaten würde dieser Wert bei 0,5% bis 1% des produzierten Wertes liegen. Im Falle von Bergbauaktivitäten soll die Ausgleichszahlung an die indigenen Gemeinden 50% des Wertes der finanziellen Entschädigung für die Ausbeutung von Mineralressourcen betragen. Es ist laut Medienberichten auch eine Entschädigung für die dann künftig durch diese neue Nutzung eingeschränkte Landnutzung durch die Indigenen vorgesehen, um die indigenen Völker für den Nutzungsausfall eines Teils des Landes zu entschädigen. Dieser Entschädigungssatz für die Fläche des Landes, die von der Nutzung durch den neuen Betrieb verhindert bzw. verändert werde, soll von der brasilianischen Bundesregierung auf der Grundlage des Umfangs der Beschränkung berechnet werden, wobei klare Berechnungsgrundlagen bisher nicht bekannt gemacht wurden.

Klar ist: Das Projekt gibt den indigenen Völkern wenig Autonomie, um selbst zu entscheiden, ob sie ihr Land ausbeuten lassen wollen oder nicht. Denn: Die Gemeinschaften werden zwar angehört, aber im Falle der Wasserkraft- oder Erdölexploration wird es nur eine Konsultation sein, ohne Vetorecht. Letztich kann der Präsident der Republik den jweiligen konkreten Explorationsantrag auf eine Lizenz zur Unterzeichnung weiterleiten. Die endgültige Genehmigung der Gesetzesvorlage werden die beiden Kammern des Kongress, Abgeordnetenkammer und Senat, treffen.

Das Vetorecht der indigenen Völker gilt also nicht, mit einer Ausnahme. Bolsonaros Gesetzesvorschlag sieht im Falle von Garimpos (Bergbauschürfen) ein Vetorecht vor. In solchen Fällen könnten die Indigenen die Ausbeutung des Landes (theoretisch) verhindern. Denn der Gesetzesvorschlag sieht im Falle der Ausbeutung durch Garimpo vor, dass die Indigenen selbst den Garimpo durchführen können oder Dritte beauftragen könnten, dies zu tun. Unklar ist, wie die Entscheidungen darüber ablaufen sollen, wenn es in den indigenen Völkern unterschiedliche Ansichten und Absichten darüber gibt. Der nun vorgeschlagene Gesetzestext sieht laut Medienberichten vor, dass die Entscheidungen über Aktivitäten in den Gemeinden von einem Beirat getroffen werden, deren Mitglieder von den betroffenen indigenen Völkern gebildet werden und deren Vertreter*innen von den Gemeinschaften „gemäß ihrer normalen Art und Weise, Anführer*innen und Delegierte zu wählen“ (so der Pressetext), ernannt werden. Angesichts unterschiedlicher Interessenslagen auch bei indigenen Völkern steht Streit und Zwist ins Haus, ein Umstand, den ein Jair Bolsonaro sehr wohl zu nutzen weiß… Es droht Übles in Brasilien.

// Christian Russau