Nordostbrasilianischer Stausee Sobradinho bei nur 2,71 Prozent seiner Füllkapazität

Der Nordosten Brasilien leidet seit Jahren unter einer schweren Dürre. Das hat – neben den massiven, gravierenden Problemen, denen sich die Bevölkerung gegenübersieht – aber auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Energieversorgung mit Strom, denn in Brasilien wird noch immer 79 Prozent der Elektrizität mittels Wasserkraft erzeugt. Neueste Daten aus Brasiliens Nordosten zeichnen ein düsteres Bild. Die Staureservoirs sind laut neuesten Zahlen der staatlichen Behörde zur Überwachung der Elektrizitätsübertragung Operador Nacional do Sistema Elétrico im Nordosten des Landes derzeit nur zu 5,5 Prozent gefüllt. Im Mittleren Westen und Südosten des Landes, wo noch 2014-2015 die schlimmste Dürrephase seit 80 Jahren herrschte, sind nach den Regenfällen der vergangenen zwei Regenzeiten die Reservoirs immerhin zu 60 Prozent gefüllt. Im Süden Brasiliens hingegen liegen die Reservoirstände dem Bericht zufolge ebenfalls bei niedrigen 5,4 Prozent.

Am Schlimmsten sieht es aber derzeit im Nordosten, vor allem beim Staudamm Sobradinho aus: Dieser operiert laut den Behörden derzeit mit 2,71 Prozent seiner Füllkapazität. Der Staudamm Sobradinho, 1972 Jahre war der Bau des Staudamms begonnen worden, unter Beteiligung deutscher Firmen und durch Kredite der bundesdeutschen KfW, rühmt sich, flächenmäßig der zwölftgrößte künstliche See der Erde zu sein. Eigentlich. Denn eigentlich ist der Stausee ungefähr 320 km lang, hat eine Oberfläche von 4.214 Quadratkilometern und einen Speicherraum von 34,1 Milliarden Kubikmetern, aber dies nur bei Vollstauhöhe. Nun operiert der See bei 2,71 Prozent seiner Füllkapazität.

Der See wird gespeist durch den Rio São Francisco. Die Quelle des Rio São Francisco, Lebensader des brasilianischen Nordostens, von den Anwohnern liebevoll velho chico genannt, war im September 2014 zum ersten Mal seit Menschengedenken ausgetrocknet. Ein Jahr später, im September 2015, traf es weitere Zuflüsse des Rio São Francisco, den Rio Jequitaí, Guavinipã, São Domingos, Juramento und den Córrego do Onça. Im November 2015 erreichte der vom Rio São Francisco gespeist Stausee Sobradinho im Bundesstaat Bahia seinen historischen Tiefststand: 3 Prozent des Fassungsvermögens von 34 Milliarden Kubikmetern bei Vollstauhöhe, die Stromproduktion im Wasserkraftwerk musste temporär eingestellt werden. Nun ist auch dieser Tiefststand nach unten durchbrochen worden.

Anfang dieses Jahres versuchten die Betreiber des Staudamm Sobradinhos verzweifelt, mehr und mehr des verbliebenen Wassers im Stausee zurückhalten. Dies bedroht aber zunehmend die Wasserversorgung der flussabwärts der Staumauern lebenden Flussanwohner. Wo wie in der Region um die Stadt Penedo, in der Nähe der Mündung des wichtigesten Flusses Nordostbrasiliens in den Atlantik, noch vor wenigen Jahren vier Meter Wasserstand gemessen wurden, erstreckt sich laut Medienberichten nur Schlamm. Hinzu kommt ein steigender Salzgehalt des Wassers, der die Grenze zum für Menschen noch Genießbaren überschreitet. Dies liegt auch daran, dass das Meerwasser wegen des niedrigen Flusswasserlaufs mittlerweile bis zu 15 Kilometer weiter ins Landesinnere vordringt. Ansteigender Meeresspiegel trägt auch seinen teil dazu bei. Der lokale Wasserversorger der Stadt Piaçabuçu musste deswegen bereits tiefere Brunnen bohren, um das Wasser hervorzufördern, doch trotzdem bleiben mehr und mehr Haushalte von der Wasserversorgung abgeschnitten, da nicht genug Wasser gefördert wird.

Hoffen auf Regen. Das bleibt in Brasiliens Nordosten derzeit die altbekannte Hoffnung. Was bei einem anhaltenden Ausbleiben des Regens droht, mag sich niemand ausmalen.

// Christian Russau