Staudammkonflikte in Kaschmir sollen per Gespräche gelöst werden

Streitschlichtungsgespräche zwischen Indien und Pakistan über Wasserkraftprojekte in der Kaschmir-Region unter Vermittlung der Weltbank starten am 20. März und sind für zwei Tage anvisiert.

Von Christian Russau

Indien und Pakistan werden zusammen mit Weltbankvertretern heute, am 20. und 21. März dieses Jahres, in Lahore, Pakistan, über die schwelenden Konflikte um Wasser und Wasserkraftprojekte in der Kaschmir-Region beraten. Vermittelt durch die Weltbank hatten Indien und Pakistan 1960 zur kontrollierten Beilegung des Streits um Wasser den Indus Waters Treaty geschlossen. Dieser bot einen vertraglich abgesicherten Rahmen, der die Nutzung des Wassers der Flüsse Indus, Chenab, Jhelum, Sutlej, Ravi und Beas genauestens regelte und die Streitschlichtungsmechanismen definierte. Der Indus Water Treaty sprach dabei Indien die Entscheidungshoheit über das Wasser der drei östlicher gelegenen Flüsse, Beas, Ravi und Sutlej, zu, während Pakistan die Wassernutzungshoheit über die eher westlich gelegenen Flüsse, Indus, Chenab und Jhelum, zugesprochen bekam. Bei der gerechten Verteiling der nutzbaren Wassermengen gibt es immer wieder Streit zwischen Indien und Pakistan. Wasserentnahme zur Bewässerung von Landwirtschaft sowie Wasserkraftprojekte sind ein wiederkehrendes Streitmoment zwischen Pakistan und Indien.

Indien hat in den vergangenen Monaten die Bewilligungen mehrerer neuer Wasserkraftprojekte in der Kaschmir-Region in vereinfachtem Verfahren freigegeben. Die verschiedenen Projekte werden eine mehrjährige Bautätigkeit haben und jüngsten Schätzungen zufolge bis zu 15 Milliarden US-Dollar kosten. Im Dezember vergangenen Jahres erklärte Indien, vor allem am Chenab-Fluss die Wasserkraftwerke — das 1,856-MW-Kraftwerk Sawalkot, das 1,000-MW-Pakal Dul-Werk, das 800-MW-Werk Bursar sowie das 206-MW Werk Shahpurkandi am Ravi-Fluss vorantreiben zu wollen.

Währenddessen gibt es an den Zuflüssen des Neelum (Pakistan), Kishenganga (Indien) ein seit Jahren geführtes regelrechtes Bauwettrennen zwischen Indien und Pakistan. Denn dort werden von Pakistan der 969-MW-Wasserkraftwerk Neelum-Jhelum und Indiens 330-MW-Wasserkraftwerk Kishenganga zeitgleich gebaut. Laut dem Indus Water Treaty, wie beide Seiten den Vertrag auslegen, könnte die Rechtslage so aussehen, dass diejenige Seite, die zuerst mit dem Damm fertig werde, prioritäre Rechte über den Wasserzufluss habe. Auch hier wird die Weltbank eine Vermittlungslösung finden müssen.

Pakistan wirft Indien vor, am Wasserkonflikt zu zündeln, indem durch die neuen Projekte entlang der Flüsse die Wassermengen in Zukunft stark zurückgehen könnten, wenn Indien wie geplant nicht nur Stauseen füllen, sondern auch Wasser in andere Flusstäler zur Bewässerungslandwirtschaft umleiten will. Indien hingegen beansprucht die Nutzung der Flüsse als ihr Recht und fordert von Pakistan, gegen Terroristen vorzugehen, die gegen Indien operierten.

Bei den Gesprächen unter Mediation der Weltbank wird es zunächst um die von Indien im Bau befindlichen Wasserkraftwerke Kishenganga (330 MW) und Ratle (850 MW) am Jhelum- bzw. am Chenab-Fluss. Pakistan ist gegen beide Projekte, da diese den Indus Water Treaty verletzen würden. Indien Premierminister Narendra Modi hatte vor Monaten angedeutet, Indien könnte den Wasserfluss gen Pakistan einschränken, sollte Pakistan in der Terrorismusbekämpfung nicht kooperieren. Indien erklärte aber, bisher noch kein Wasser gestoppt und abgezweigt zu haben.

Himanshu Thakkar, Koordinator des South Asia Network on Dams, Rivers & People wies auf die mangelnde Sensibilisierung aller Politiker für die sozialen und Umweltkosten all dieser Projekte hin. Er erklärte gegenüber Medien, diese ganzen Projekte seien ohne Umweltverträglichkeitsprüfungen und ohne Konsultationen der dort lebenden Bevölkerung erfolgt. „Es sind da alleine an einem Fluss, dem Chenab, so viele Projekte. Das ist eine sehr sensible Region, stark Erdrutsch gefährdet, Sturzflut gefährdet und Erdbeben gefährdet.“