Streit zwischen Äthiopien, Ägypten und Sudan um den „Grand Ethiopian Renaissance“-Staudamm spitzt sich zu

Der Streit um den 6-GW-Staudamm „Grand Ethiopian Renaissance“ (GegenStrömung berichtete mehrmals), den Äthiopien am Blauen Nil derzeit errichtet und nahezu fertig gestellt hat, ist im Rahmen der am 9. Juni wieder aufgenommenen trilateralen Gesprächen zwischen Äthiopien, Ägypten und Sudan erneut eskaliert. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen. An den Gesprächen als Beobachter hatten auch die USA, die Europäische Union und Südafrika teilgenommen.

Mitte der Woche wurde bekannt, dass die Gespräche zwischen Äthiopien, Ägypten und Sudan über den „Grand Ethiopian Renaissance“-Staudamm am Blauen Nil in Äthiopien erneut gescheitert waren. Ägypten fordert zudem die Vermittlung der Vereinten Nationen, sieht die Gesprächsbereitschaft am Ende, da Äthiopien einseitig auf seinen Vorstellungen beharre. Sudan will die Gespräche verlängern, da es einerseits von künftig billigerem Strom aus dem äthiopischen Wasserkraftwerk profitieren könnte, aber gleichzeitig Risiken sieht für die eigenen Dämme und Wasserkraftwerke und auch auf gute diplomatischen Beziehungen zu Ägypten und Äthiopien angewiesen ist. Äthiopien seinerseits will ab kommenden Monat, dem Beginn der diesjährigen Regenzeit, das bei Potentialvollstauung mit 63 Milliarden Kubikmeter Stauvermögen größte Staureservoir Afrikas zu fluten beginnen. Der Streit dreht sich um den Zeitraum, in dem das Reservoir gefüllt werden soll. Äthiopien verlangt eine Fülldauer von sieben Jahren, Ägypten verlangt hierfür einen Zeitrahmen von zwölf bis 21 Jahren. Mit Wasser als der lebenswichtigsten – und in dieser Region knappen, daher umkämpften – Ressource bahnt sich ein internationaler Konflikt an, dessen Gefährlichkeit kaum zu unterschätzen ist.

Der Grand Ethiopian Renaissance Dam am Blauen Nil wäre bei Fertigstellung mit seinen bis zu fünf Milliarden US-Dollar Kosten und mit einem Staureservoir von 1.630 Quadratkilometern Afrikas größter Staudamm. Sein Fassungsvermögen soll bei Vollstauung 63 Milliarden Kubikmeter Stauvermögen umfassen. Die Anrainerstaaten des Nils allerdings fürchten um ihre Wasserversorgung. Denn der blaue Nil ist die lebenswichtige Wasserader sowohl von Äthiopien als auch von Sudan und als Nil von ganz Ägypten. Ägypten zeigt sich extrem besorgt um die Wasserzufuhr des Nils, wenn Äthiopien anfängt, den Grand Ethiopian Renaissance Damm am Blauen Nil zu stauen. Denn die jährliche Wassermenge des Nils insgesamt oszilliert zwischen 55 und 88 Mrd. Kubikmetern. Wird Äthiopien das Reservoir schnell oder langsam füllen, welche Auswirkungen wird das für die Wasserversorgung in Ägypten haben, fragen sich die Ägypter seit Jahren. Eine Studie der Universität von Kairo sieht bei einer Fülldauer von drei Jahren einen Verlust von landwirtschaftlicher Fläche in Ägypten in Höhe von schockierenden 51 Prozent, eine sechsjährige Fülldauer würde auch noch erschreckende 17 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Ägyptens in Mitleidenschaft ziehen.

Gegenwärtig berufen sich Ägypten und Sudan an das Nil-Abkommen von 1929, das 55 Milliarden der insgesamt 84 Milliarden Kubikmeter Wasser Ägypten und 18 Milliarden dem Sudan – somit das gesamte Nilwasser – zur landwirtschaftlichen Nutzung zuweist. Äthiopien wurde in dem damaligen Abkommen nicht beteiligt und bekam auch keine Wassermengen zugewiesen. Das damalige Abkommen räumt Ägypten und Sudan auch ein Vetorecht in Bezug auf jegliche stromaufwärts gerichtete Entwicklung ein. Äthiopien erkennt das Abkommen nicht an.

// christian russau