Münchener Rück – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Thu, 16 May 2019 13:28:26 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 „Die Katastrophe am Staudamm Hidroituango ist Ihr größter Einzelschaden“ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/die-katastrophe-am-staudamm-hidroituango-ist-ihr-groesster-einzelschaden/ Thu, 16 May 2019 13:28:24 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1911 GegenStrömung dokumentiert die Rede von Alejando Pacheco (Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit, München) auf der Jahreshauptversammlung der Münchener Rück am 30. April 2019 in München

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin Alejandro Pacheco Zapata, Kolumbianer und stelle heute einige Fragen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit von Munich Re bei dem Staudamm Hidroituango in Kolumbien.

Her Wenning, ich vermute, Sie kennen die Folgen von Staudämmen, wie die Methan- oder Stickoxidbilanzen sowie die CO2 Emissionen, ganz gut. Das ist nicht das erste Mal, dass Munich Re in Schwierigkeiten geraten ist, wegen einem Staudaumprojekt. Vielleicht ist aber Ihnen noch nicht klar, welche anderen direkten Folgen solche Projekte haben, die Sie als Rückversicherer – und Sie meine Damen und Herren, als Aktionärinnen und Aktionäre – tragen müssen.

In diesem Raum wurde schon in den letzten Jahren zum Beispiel über Hidrosogamoso oder über den Belo-Monte-Staudamm und sicher über andere Projekte gesprochen. Nun spreche ich dieses Jahr über Hidroituango. Es ändert sich nichts: Baufehler, Menschenrechtsverletzungen und vor allem – Korruption.

Herr Wenning, warum hat das Unternehmen in Kolumbien mit dem Projekt Hidroitunago einen Vertrag abgeschlossen? Das Projekt ist vom Anfang an in Korruption verwickelt gewesen und wird mit Massakern, gewaltsamen Verschwindenlassen, Ermordungen von Vertreter*innen der betroffenen Gemeinschaften und mit der Behinderung der Übergangsjustiz in Zusammenhang gebracht. Hinzu kommen negative Auswirkungen auf die Umwelt und, schlimmer noch, die Gefahr humanitärer Katastrophen aufgrund schwerwiegender Fehler bei der Risikoabschätzung beziehungsweise bei den Bauarbeiten.

Dieses Projekt wurde heftig kritisiert, sowohl im Kongress wie auch auf regionaler und internationaler Ebene. Nun muss der Betreiber über 800.000 Euro als Strafe zahlen, weil er in drei verschiedenen Baustellen ohne Umweltgenehmigung vorgegangen ist. 

Seit der Planungsphase von Hidroituango gab es Massaker und Fälle von gewaltsamen Verschwindenlassen im Projektgebiet. In der Überflutungszone befinden sich Massengräber. Rund 900 Menschen in dieser Gegend gelten als gewaltsam verschwunden gelassen. Ihre sterblichen Überreste befinden sich nun möglicherweise unter dem Wasser des Stausees. Damit ist ihren Angehörigen sogar die Hoffnung genommen, wenigstens die sterblichen Überreste ihrer Liebsten zu finden – ein schwerwiegendes Hindernis für die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Übergangsjustiz. 

Seit 2013 wurden überdies fünf Vertreter der vom Projekt betroffenen Gemeinden ermordet. Außerdem fiel im vergangenen Jahr der zentrale Umleitungstunnel der Baustelle für den Fluss Cauca aus; nach schweren Regenfällen war er durch Erdrutsche, Bäume und Murenabgänge verstopft worden. Der zweite Umleitungstunnel war zuvor von der Baufirma zubetoniert worden. Da die Staumauer von Hidroituango schon stand, stieg das Wasser bedrohlich weiter an und flutete erste angrenzende Siedlungen. Am 12. Mai 2018 brach das auch in den Tunneln angestaute Wasser abrupt durch, so dass die anschließende Flutwelle weitere Landfläche flutete, Ortschaften zerstörte, einen Millionenschaden erzeugte und eine großflächige Evakuierung der bedrohten Bevölkerung notwendig machte.

Mehr als 30.000 Menschen waren direkt von den Überschwemmungskatastrophen betroffen und bis heute nicht angemessen entschädigt. Was macht Ihre Firma als Rückversicherer, um diese Opfer zu entschädigen? Sie haben sicher mehr Erfahrung in diesem Bereich als der Betreiber, weil dies nicht der erste Fall bei Ihnen ist.

Aus ökologischer Sicht hat das Projekt noch andere negative Auswirkungen wie Entwaldung, Dürren, Probleme mit der Abfallwirtschaft und einen Mangel an Fischen verursacht. Über 34.000 Fische sind am Ufer des Flusses gestorben. Deshalb wurde die vorübergehende Außerkraftsetzung von Umweltlizenzen beschlossen. Es besteht nach wie vor ein hohes Risiko, dass der Damm bricht oder dass große Mengen Wasser durch den Berg sickern. Wo sind bei Ihnen die Prinzipien für nachhaltige Versicherungen geblieben? Sie haben sich ihnen angeschlossen. Was hat Ihre Reputationsrisikosteuerungs-Kommite gemacht als EPM in 2015 mit den ersten Hindernissen gestolpert ist?

In diesem Jahr wurde eine Prämie für die Beschleunigung des Dammbaus ausgelobt. Die Arbeiten begannen, ohne die für die Änderungen der Baupläne notwendige Umweltgenehmigung. Die Prämie erfordert eine Rekord-Bauzeit und das Unternehmen hat bereits anerkannt, dass dies eine der Ursachen für die aktuellen Probleme ist. Deswegen verbucht die Munich Re den Fall „Hidroituango“ laut Geschäftsbericht unter „von Menschen verursachten Großschäden“ und stellt den „größten Einzelschaden“ dar. Nun muss die Firma für die entstandenen Zerstörungen rund um das umstrittene Wasserkraftwerk Hidroituango eine dreistellige Millionensumme bezahlen.

Die Risiken waren sehr hoch und ich denke, sie stellen heute geringere Gewinne und geringere Renditen für die Aktionäre dar. Ihr Ziel zu der Schaden-Kosten-Quote für Rückversicherungsschäden war 99%. Das Ergebnis im Jahr 2018 betrug aber 99,4%. Ihr Ziel zu Economic Earnings über 2,1 wurde mit 1,9 Milliarden Euro auch nicht erreicht. Hätten Sie das ohne Hidroituango vielleicht geschafft?

Aus all diesen genannten Gründen sind wir der Ansicht, dass der Vorstand unter der Leitung von Herrn Wenning, nicht entlastet werden sollte und fragen:

1. Herr Wenning, deutsche Organisationen und die kolumbianische Organisation „Rios Vivos“ haben seit Jahren vor den Folgen des Großprojekts Hidroituango für Menschen und Umwelt ausdrücklich gewarnt und dabei auch deutsche Firmen und Politik mit Nachdruck aufgefordert, sich nicht an diesem Projekt zu beteiligen. Warum hat denn das Unternehmen in Kolumbien mit Hidroituango einen Vertrag abgeschlossen?

2. Wie hoch genau ist die Entschädigung, die die Firma an Hidroituango wegen von Menschen verursachten Großschäden bezahlen muss?

3. Welche Reichweite haben Ihre Nachhaltigkeitspolitik bzw. Ihre Klimastrategie und Ihre Zustimmung der Prinzipien für nachhaltige Versicherungen? Gelten sie für Projekte außerhalb Deutschlands nicht? Oder wäre es eine Vorstandsaufgabe, die Anwendung der entsprechenden Leitlinien zu überprüfen?

4. Muss die Firma auch eine Entschädigung für die Wiedergutmachung der Opfer bezahlen? Was macht Ihre Firma als Rückversicherer, um diese Opfer zu entschädigen?

5. Für 2019 haben Sie das Ziel von Schaden-Kosten-Quote Rückversicherungsschaden um 98% erleichtert sowie die Economic Earnings auf mehr als 2,5 Milliarden gehoben. Was passiert, wenn der Damm bricht?  In den letzten Tagen gab es neue Erdrutsche. Oder sehen Sie etwa keine Risiken mehr bei Hidroituango und bei anderen Staudämmen?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich freue mich auf eine ausführliche Antwort. 

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GegenStrömung und Kritische Aktionär*innen fordern von Münchener Rück mehr menschenrechtliche Sorgfaltspflicht bei Rückversicherungen von Staudammprojekten https://www.gegenstroemung.org/web/blog/gegenstroemung-und-kritische-aktionaerinnen-fordern-von-muenchener-rueck-mehr-menschenrechtliche-sorgfaltspflicht-bei-rueckversicherungen-von-staudammprojekten/ Sat, 13 Apr 2019 11:08:55 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1882 An dem von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen seit langem scharf kritisierten Staudamm Hidroituango – rund 170 Kilometer nordöstlich von Medellín am Fluss Cauca gelegen –, der bei Fertigstellung der größte Kolumbiens werden soll, kam es im vergangenen Jahr zu einer Katastophe. Am 28. April fiel der zentrale Umleitungstunnel der Baustelle für den Fluss Cauca aus; nach schweren Regenfällen war er durch Erdrutsche, Bäume und Murenabgänge verstopft worden. Der zweite Umleitungstunnel war zuvor von der Baufirma zubetoniert worden. Da die Staumauer von Hidroituango schon stand, stieg das Wasser bedrohlich weiter an und flutete erste angrenzende Siedlungen. Am 12. Mai brach das auch in den Tunneln angestaute Wasser abrupt durch, so dass die anschließende Flutwelle weitere Landfläche flutete, Ortschaften zerstörte, einen Millionenschaden erzeugte und eine großflächige Evakuierung der bedrohten Bevölkerung notwendig machte. Die über 20.000 Betroffenen wurde bis heute nicht angemessen entschädigt.

Wie GegenStrömung im August 2018 berichtet hatte, hatte die MUNICH RE für den Katastrophenstaudamm Hidroituango einen Teil der Rückversicherung übernommen und muss nun für die entstandenen Zerstörungen rund um das umstrittene Wasserkraftwerk Hidroituango eine dreistellige Millionensumme bezahlen.

Den Fall „Hidroituango“ verbucht die MUNICH RE laut Geschäftsbericht unter der Kategorie „von Menschen verursachten Großschäden“ (S.56) und erklärte, Hidroituango stelle den „größten Einzelschaden“ des weltweit größten Rückversicherers in dieser Kategorie dar.

Dabei hätte die MUNICH RE es vorher besser wissen können! Deutsche Menschenrechtsorganisationen und die kolumbianische Organisation „Rios Vivos“ haben seit Jahren vor den Folgen des Großprojekts Hidroituango für Menschen und Umwelt ausdrücklich gewarnt und dabei auch deutsche Firmen und Politik mit Nachdruck aufgefordert, sich nicht an diesem Projekt zu beteiligen.

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Munich Re sich an umstrittenen Großstaudammprojekten beteiligt, die die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung mißachten und die Umwelt zerstören.

Seit 2013 haben unsere NGO-Netzwerke direkt auf den Aktionärsversammlungen der MUNICH RE gegen die Rückversicherungsleistung für die Staudämme Belo Monte, Santo Antonio oder Teles Pires in Brasilien protestiert und die Beteiligung von MUNICH RE-Tochtergesellschaften an den Versicherungsdienstleistungen für den nicht minder umstrittenen kolumbianischen Staudamm Hidrosogamoso kritisiert.

Daher lautet unsere kategorische Forderung für die am 30. April 2019 in München stattfindende Jahreshauptversammlung der MUNICH RE: Die MUNICH RE muss umgehend endlich ein an Nachhaltigkeitskriterien und an Menschenrechtskonventionen orientiertes und dabei robustes ESG-Management etablieren!

// Christian Russau

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Pflicht zur Kapitalmarktinformation enthüllt neben der Münchener Rück noch weitere deutsche (Rück-)Versicherer des umstrittenen Staudamms Hidroituango in Kolumbien https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pflicht-zur-kapitalmarktinformation-enthuellt-neben-der-muenchener-rueck-noch-weitere-deutsche-rueck-versicherer-des-umstrittenen-staudamms-hidroituango-in-kolumbien/ Mon, 13 Aug 2018 13:59:12 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1774 Von Christian Russau

Vergangene Woche hatte GegenStrömung darüber berichtet, dass der Branchenprimus der Rückversicherung, die Münchener Rück, an dem umstrittenen Staudamms Hidroituango in Kolumbien, der im Mai kurz vor dem Bruch stand und weswegen zehntausende Menschen zwangsumgesiedelt werden mussten, mit Versicherungspolicen unter Deckung genommen hatte. Die Münchener Rück war wegen der gesetzlich geregelten Verpflichtung zur regelmässigen Veröffentlichung von kapitalmarktrelevanten Informationen gezwungen gewesen, Medien gegenüber den voraussichtlichen „Schadensfall in dreistelliger Millionennhöhe“ im Zusammenhang mit dem Staudamm Hidroituango bekanntzugeben. GegenStrömung hat sich daraufhin die Berichte der zwei weiteren Schwergewichte der deutschen Rückversicherungsbranche – der Allianz und der Hannover Rück – angeschaut. Das Ergebnis: Auch die zwei Versicherer sind bei Hidroituango mit Versicherungs- und Rückversicherungsdienstleistungen mit im Boot.

Finanzchef Roland Vogel der Hannover Rück erklärte gegenüber Medien, die Hannover Rück erwarte „vergleichsweise geringe Belastungen […] aus dem Zwischenfall bei dem Staudamm-Projekt Hidroituango in Kolumbien. Die Hannover Rück dürfte der Fall einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag kosten“, so Vogel. Dies läge daran, erklärte Vogel, dasss die Hannover Rück im Gegensatz zur Munich Re „kaum von den Staudamm-Schäden in Kolumbien betroffen“ sei und „sehr geringe Katastrophenschäden ausgewiesen“ habe, so die Hannover Rück gegenüber Medien.

Und auch die Allianz ist an der Versicherungsdienstleistung des Staudamms Hidroituango beteiligt. Auf ihrer kolumbianischen Webseite erklärt die Allianz, dass sie „seit mehreren Wochen die notwendigen Arbeiten voranbringen, um für den Fall bereit zu sein, in dem es erforderlich werde, die Abdeckung ihrer Vertragspolitik zu aktivieren und sofortige Hilfe zu leisten.“ Ferner sei die Allianz „überzeugt, dass die Risiken, die durch den Stau in Hidroituango entstehen, dank der gemeinsamen Arbeit der öffentlichen und privaten Einrichtungen, die sich dem Projekt widmen, kontrolliert werden können, aber es ist wichtig, auf die Sicherheitsbedingungen zu achten.“

An dem von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen seit langem scharf kritisierten Staudamm, der bei Fertigstellung der größte Kolumbiens werden soll, kam es Ende Mai dieses Jahres zu ersten Komplikationen beim Bauvorhaben am Fluss Cauca im Munizip Ituango. Am 28. April fiel der zentrale Umleitungstunnel für die Wassermassen des Flusses Cauca infolge von Erdrutschen, Bäumen und Murenabgängen verstopft aus. Der zweite Umleitungskanaltunnel war zuvor von der Baufirma zubetoniert worden. Da die Staumauer von Hidroituango schon stand, stieg infolge der Regenfälle das Wasser bedrohlich weiter an und flutete erste angrenzende Siedlungen. Am 12. Mai durchbrach das auch in den Tunneln angestaute Wasser abrupt seinen Weg, sodass die anschliessende Flutwelle weitere Landfläche flutete, Ortschaften zerstörte, einen Millionenschaden erzeugte und eine großflächige Evakuierung der bedrohten Bevölkerung notwendig machte. Am 16. Mai stieg der Wasserpegel weiter an, so dass weitere Ortschaften und Gebiete zwangsevakuiert werden mussten. Am Morgen des 17. Mai 2018 gab das Management der Staudammfirma Empresas Públicas de Medellín (EPM) Medien gegenüber zu, dass bei weiter so anhaltend steigendem Wasserdruck es möglich sei, dass der Damm breche. Die Behörden erklärten daraufhin die Notwendigkeit, sicherheitshalber 12 Gemeinden in vier Departamentos des Landes zwangsevakuieren zu müssen. Zwischenzeitlich stieg die Zahl der Zwangsevakuierten Medienberichten zufolge auf mehrere zehntausende Menschen. Ab 18. Mai sank der Wasserstand wieder und die Situation entspannte sich langsam, während weitere Sicherungs- und Reparaturmaßnahmen am Damm vorgenommen wurden, um weitere Schäden zu vermeiden.

„Die Katastrophe am Staudamm Hidroituango ist menschengemacht und auf Unverantwortlichkeiten von Seiten der kolumbianischen Regierung und des Unternehmens EPM zurückzuführen“, kommentierte Susanne Breuer vom bischöflichen Hillfswerk Misereor bereits Mitte Mai die Vorgänge um den Staudamm Hidroituango. Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen in Deutschland und Kolumbien haben vor einer Überschwemmungskatastrophe kurz vor der eigentlichen Fertigstellung des Wasserkraftwerks Hidroituango bereits gewarnt. Schon in den vergangenen Jahren sei es zu schweren Menschenrechtsverletzungen bei dem von der deutschen KfW-IPEX-Bank geförderten Staudamm gekommen. Die Organisationen fordern eine umfassende Entschädigung sowie transparentere Menschenrechtsprüfungen für künftige Projekte.

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Münchener Rückversicherung erleidet wegen dem umstrittenen Staudamm Hidroituango in Kolumbien einen Millionenschaden https://www.gegenstroemung.org/web/blog/muenchener-rueckversicherung-erleidet-wegen-dem-umstrittenen-staudamm-hidroituango-in-kolumbien-einen-millionenschaden/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/muenchener-rueckversicherung-erleidet-wegen-dem-umstrittenen-staudamm-hidroituango-in-kolumbien-einen-millionenschaden/#comments Fri, 10 Aug 2018 14:43:09 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1771 Der weltgrößte Rückversicherer, die Münchener Rückversicherung, muss neuesten Presseberichten zufolge eine dreistellige Millionensumme für entstandene Schäden am Wasserkraftwerk Hidroituango im Norden Kolumbiens zahlen.

Von Christian Russau

An dem von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen seit langem scharf kritisierten Staudamm, der bei Fertigstellung der größte Kolumbiens werden soll, kam es Ende Mai dieses Jahres zu ersten Komplikationen beim Bauvorhaben am Fluss Cauca im Munizip Ituango. Am 28. April fiel der zentrale Umleitungstunnel für die Wassermassen des Flusses Cauca infolge von Erdrutschen, Bäumen und Murenabgängen verstopft aus. Der zweite Umleitungskanaltunnel war zuvor von der Baufirma zubetoniert worden. Da die Staumauer von Hidroituango schon stand, stieg infolge der Regenfälle das Wasser bedrohlich weiter an und flutete erste angrenzende Siedlungen. Am 12. Mai durchbrach das auch in den Tunneln angestaute Wasser abrupt seinen Weg, sodass die anschliessende Flutwelle weitere Landfläche flutete, Ortschaften zerstörte, einen MIllionenschaden erzeugte und eine großflächige Evakuierung der bedrohten Bevölkerung notwendig machte. Am 16. Mai stieg der Wasserpegel weiter an, so dass weitere Ortschaften und Gebiete zwangsevakuiert werden mussten. Am Morgen des 17. Mai 2018 gab das Management der Staudammfirma Empresas Públicas de Medellín (EPM) Medien gegenüber zu, dass bei weiter so anhaltend steigendem Wasserdruck es möglich sei, dass der Damm breche. Die Behörden erklärten daraufhin die Notwendigkeit, sicherheitshalber 12 Gemeinden in vier Departamentos des Landes zwangsevakuieren zu müssen. Zwischenzeitlich stieg die Zahl der Zwangsevakuierten Medienberichten zufolge auf mehrere zehntausende Menschen. Ab 18. Mai sank der Wasserstand wieder und die Situation entspannte sich langsam, während weitere Sicherungs- und Reparaturmaßnahmen am Damm vorgenommen wurden, um weitere Schäden zu vermeiden.

„Die Katastrophe am Staudamm Hidroituango ist menschengemacht und auf Unverantwortlichkeiten von Seiten der kolumbianischen Regierung und des Unternehmens EPM zurückzuführen“, kommentierte Susanne Breuer vom bischöflichen Hillfswerk Misereor bereits Mitte Mai die Vorgänge um den Staudamm Hidroituango. Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen in Deutschland und Kolumbien haben vor einer Überschwemmungskatastrophe kurz vor der eigentlichen Fertigstellung des Wasserkraftwerks Hidroituango bereits gewarnt. Schon in den vergangenen Jahren sei es zu schweren Menschenrechtsverletzungen bei dem von der deutschen KfW-IPEX-Bank geförderten Staudamm gekommen. Die Organisationen fordern eine umfassende Entschädigung sowie transparentere Menschenrechtsprüfungen für künftige Projekte. Auf Anfrage hatte die staatliche KfW-IPEX-Bank zwar bestätigt, dass sie zu dem Hidroituango-Staudammprojekt eine projektgebundene Unternehmensfinanzierung vergeben habe und betonte, dass diese sowohl mit der eigenen Nachhaltigkeitsrichtlinie der KFW IPEX-Bank als auch den Äquator-Prinzipien konform gehe und nach deren Kriterien geprüft worden sei. Unklar aber blieb dennoch, wofür der Kredit der KfW-IPEX-Bank denn nun im Detail war.

Klar ist nun aber zumindest eines: Es gibt eine weitere deutsche Beteiligung an dem Staudammprojekt Hidroituango: Es ist der weltgrößte Rückversicherer, die Münchener Rückversicherung – oder Munich RE, wie sie sich seit wenigen Jahren nennt – , die nun für die entstandenen Zerstörungen rund um das umstrittene Wasserkraftwerk Hidroituango eine dreistellige Millionensumme berappen muss.

Hätten die Münchener Rück es vorher nicht besser wissen können? Ja. Denn zum einen warnt die kolumbianische Organisation „Rios Vivos“ seit Jahren vor den Folgen des Großprojekts Hidroituango für Menschen und Umwelt. Umsiedlungen seien nicht in ausreichendem Maße vorgenommen, Entschädigungen nur teilweise gezahlt worden. Anfang Mai dieses Jahres waren zwei Mitglieder von „Rios Vivos“ ermordet worden. Auch Organisationen aus Deutschland wie Misereor, Brot für die Welt, Amnesty International und kolko – Menschenrechte für Kolumbien e. V. hatten sich im Vorfeld an die deutsche Tochter der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW-IPEX gewandt und vor Mängeln bei der Einhaltung von Umwelt- Sozial – und menschenrechtlichen Standards gewarnt – ohne Erfolg. In einem Antwortschreiben habe die KfW IPEX-Bank eben lediglich erklärt, alle eigenen Standards erfüllt zu haben.

Zum anderen ist die Münchener Rück für staudammkritischen Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland keine Unbekannte. Jahrelang haben die NGO-Netzwerke direkt auf den Aktionärsversammlungen protestiert gegen die Rückversicherungsleistung der Münchener Rück für die Staudämme Belo Monte, Santo Antonio oder Teles Pires in Brasilien und die Beteiligung von Münchener Rück-Tochtergesellschaften an den Versicherungsdienstleistungen für den nicht minder umstrittenen kolumbianischen Staudamm Hidrosogamoso kritisiert. Die Standard-Antwort des Münchener „Weltversicherers“: Projekte wie der Staudamm Belo Monte in Brasilien seien zwar ein „Monsterprojekt“, aber angesichts des Klimawandels, so der damalige Vorstandsvorsitzende der Münchener Rück, Nikolaus von Bomhard, auf der Aktionärsversammlung 2013, würden „die Vorteile klimafreundlicher Energieproduktion die Nachteile überwiegen“.

Dennoch schien es der Münchener Rück zu dämmern, dass man mit der Rückversicherung von Großstaudämmen in der Öffentlichkeit keine so gute Publicity erzielen kann. So hatte die Münchener Rück auf wiederholte Nachfrage seitens kritischer AktionärInnen genauere Angaben zu den von ihr in Versicherung genommenen Großstaudämmen stets aus Gründen der „Kundenvertraulichkeit“ abgelehnt. Die Öffentlichkeit erfährt über solche Großstaudamm-Geschäftsbeziehungen meist dann etwas, wenn es größere Unfälle und Katastrophen oder massive Proteste gibt. Dies war der Fall beim Wasserwerk Bujagali in Uganda, beim Sajano-Schuschensker-Stausee und dem Pumpspeicherwerk Zagorsk PSP-2 in Russland, bei Hidrosogamoso in Kolumbien und den Staudammprojekten Teles Pires, Santo Antonio und Belo Monte in Brasilien – und nun eben auch bei Hidroituango.

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