Henry-Mathews-Preis 2018: Rede Öku-Büro und HondurasDelegation

GegenStrömung dokumentiert die Dankesrede der Preisträger*innen des Henry-Mathews-Preises für Konzernkritik, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit und HondurasDelegation, 22. September 2018

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– VIDEOSEQUENZ BERTA CÁCERES –

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
dies war der Appell von Berta Cáceres zur Verleihung des Goldman-Preises 2015. Mit ihrem Vermächtnis und den Kämpfen ihrer Organisation COPINH ist auch diese heutige Preisverleihung untrennbar verbunden. Wir sind Giulia Fellin, Steffi Wassermann, Rita Trautmann und Kirstin Büttner.
Wir tragen die Worte von Andrea Lammers vor. Sie bedauert, nicht hier sein zu können. Sie ist derzeit in Honduras, um über die Gerichtsverhandlung im Mordfall Berta Cáceres zu berichten und COPINH zu begleiten.

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„Es ist eine große Ehre, einen Preis zu bekommen, der den Namen einer Person trägt, mit der wir uns verbunden fühlen. Verbunden, weil Henry Mathews einer war, der dezidiert antifaschistisch gedacht und gehandelt hat. Er hat sich, unter anderem, für die Auflösung der I.G. Farben und die Rechte der Überlebenden von Zwangsarbeit eingesetzt. Verbunden fühlen wir uns auch, weil Henry Mathews sich nie mit bloßer Konzernkritik zufrieden gegeben hat. Er hatte, wie unsere compañera Berta Cáceres, immer die grundsätzliche Logik unseres kapitalistischen Systems im Blick – und war konsequent in seiner Haltung, konstruktiv streitbar und immun gegen die Versuchung, irgendwelchen Corporate Social Responsibility-Diskursen auf den Leim zu gehen. Deshalb ehrt es uns besonders, den nach Henry Mathews benannten Preis zu bekommen.

Jetzt wollen Sie und wollt Ihr aber erst einmal wissen, wer „wir“ überhaupt sind.
Die HondurasDelegation ist ein Netzwerk von Gruppen und Einzelpersonen aus der Bundesrepublik und aus Österreich. Dieses Netzwerk wurde nach dem zivilmilitärischen Putsch 2009 in Honduras und der darauffolgenden Repression geknüpft.
Seither unterstützen wir honduranische soziale Bewegungen, Journalist*innen und kommunitäre Radios unter dem Motto „Menschenrechte, Berichterstattung, Solidarität“. Wir recherchieren – vor allem auch zum Engagement deutscher und österreichischer Unternehmen in Honduras. Wir machen Öffentlichkeits- und Advocacyarbeit, denken uns Aktionen aus und organisieren Delegationen aus und nach Honduras. Der Kern und die aktivste und größte Gruppe in der HondurasDelegation ist CADEHO, das „Menschenrechtskollektiv Honduras“ aus Berlin.

Das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit aus München ist ebenfalls Gründungsmitglied der HondurasDelegation. Das Ökubüro arbeitet seit 1983 zu Zentralamerika. Später kam Mexiko hinzu und in allerjüngster Zeit Kolumbien. Dieses Länderprofil zeigt schon, dass das Thema „Unternehmen und Menschenrechte“ auch für uns in München Jahr für Jahr an Bedeutung gewinnt und die hochwillkommene Zusammenarbeit mit dem Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre auch in Zukunft viele Ansatzpunkte haben wird. Auch historisch gibt es Gemeinsamkeiten. Wir sind Mitglied der BUKO, fühlen uns einem undogmatischen, emanzipatorisch-linken Internationalismus verpflichtet. Allerdings, und das ist womöglich symptomatisch, kommen wir vor lauter Krisen, Länder-Detailarbeit und täglichen Alarmsituationen kaum mehr dazu, gemeinsam darüber zu reflektieren, was diese Orientierung unter den veränderten globalen Bedingungen in Zukunft bedeutet.

Wir sind dankbar für den Henry-Mathews-Preis und freuen uns darüber. Gleichzeitig kann und will ich nicht verbergen, dass Christians Laudatio mir einen Stich versetzt hat. Er machte ja sehr deutlich, dass – während wir in München gegen die Beteiligung von Siemens/Voith Hydro am Wasserkraftwerk „Agua Zarca“ argumentierten und neben Siemens-Rentnern auf Siemens-Brezen herumkauten – Kraftwerksgegner und -gegner*Innen und Mitglieder der indigenen Basisorganisation COPINH in Honduras mit ihrem Leben bezahlten:

Der COPINH-Aktivist und Gemeindevorsteher Tomás Garcia wurde im Juli 2013 vor dem Bauzaun des Kraftwerks vom Militär erschossen, sein Sohn Alan schwer verletzt. Wenige Monate zuvor hatten wir Voith Hydro erstmals in einem Brief informiert: über Menschenrechtsverletzungen bei der Durchsetzung des Projektes, die fehlende vorherige Konsultation der Gemeinden und die dubiosen Genehmigungsverfahren für „Agua Zarca“.

Paula González starb nach einem nicht aufgeklärten Unfall im April 2013. Bei einer Ortsbesichtigung mit dem Umweltministerium löste sich plötzlich die Handbremse des Pickups, auf dem sie stand – bis heute ist unklar, wie sich die Bremse lösen konnte.

Das Unternehmen Desarrollos Hídroelectricos S.A., kurz DESA, hat die Gemeinden der Region Rio Blanco gezielt gespalten, Militär- und Polizeirazzien durchführen lassen und Auftragskiller angeheuert. Es hat Unfrieden, Angst und Gewalt unter den Einwohner*innen gestiftet. Dieser Gewalt fielen mehrere junge Erwachsene und Jugendliche zum Opfer: unter anderem die Brüder William und Maycol Rodriguez. Zuletzt kam zu Jahresbeginn 2018 ein Mädchen ums Leben. All diese gewaltsamen Todesfälle bleiben im Dunkeln. Sie sind nicht einmal Teil der Statistiken all derer, die ermordet wurden, weil sie ihr Gemeindeland und ihre Gemeingüter gegen Konzerne und Oligarchen verteidigt haben. In Honduras waren das, der britischen NGO Global Witness zufolge, im Jahr 2016 14 Menschen; 2017 wurden sieben Morde an Umweltaktivist*inen registriert. Seit 2009 waren es über 200.
Am 26.Januar 2016 haben wir Siemens auf der Hauptversammlung erneut die Risiken und Folgen der Zusammenarbeit mit dem honduranischen Unternehmen DESA vorgehalten. Ich erinnere mich an mein Zittern und Zögern den Vertragspartner von Voith Hydro eine „kriminelle Organisation“ zu nennen. Ich habe das dann doch so gesagt, obwohl ich es vorher aus Sorge vor möglichen Konsequenzen aus dem Redemanuskript gestrichen hatte. Wir hatten seit einigen Monaten den Eindruck, es liege irgendetwas besonders Bedrohliches in der Luft. Berta war bei einem Besuch ein paar Monate vorher deutlich besorgter als wir sie sonst kannten. Sie wirkte bedrückt, hatte Angst um ihre Kinder, vor allem um die Zweitgeborene, Bertha. Im Dezember 2015 dann hatte ein Sicherheitschef von DESA keine Skrupel mehr einen internationalen Begleiter des COPINH aus Spanien offen mit den Tod zu bedrohen. Das Auswärtige Amt reagierte nicht auf unsere Warnungen, die wir kurz vor Weihnachten losschickten. Auch Siemens-Chef Joe Kaeser wiegelte im Januar wie immer ab, Christian hat es geschildert. Am 3. März 2016 erfuhren wir vom Mord an Berta und vom versuchten Mord an Gustavo Castro aus Mexiko, der an diesem Abend nach einem Workshop zufällig in ihrem Haus war.

Dieses Extrem hatten wir nicht für möglich gehalten. Das Signal war klar. Schlimmer hätte es nicht kommen können.

Was zum Teufel hatte unser Argumentieren, Protestieren, Öffentlichmachen also genutzt? Natürlich würgt uns diese Frage bis heute, sie droht uns die Luft abzuschneiden. Gleichzeitig höre ich sehr klar Bertas charakteristische Stimme, mit der typischen Betonung: „Compas! No desmayen, no se echen pa’atrás. Aqui estoy. Hay que seguir adelante… “
Nein, wir kippen nicht um, wir machen weiter. 2017 luden wir Bertas Vize, den damaligen Interims-Koordinator von COPINH, Tomás Gomez nochmals nach München ein. Er hielt eine flammende Rede bei der Siemens-Hauptversammlung und konfrontierte den Konzern direkt mit seiner Verantwortung. Bereits 2015 hatte er Siemens in einem internen Gespräch aufgefordert, als Minderheits- aber dennoch mächtiger Aktionär bei Voith Hydro deutlich Stellung zu beziehen. Die Herren von Siemens Investor Relations waren beeindruckt, all die Details über Bestechung, manipulierte Umweltgutachten und fragwürdige Lizenzen zu hören. Das lag ihrer Welt sichtlich näher als Horrormeldungen über Mord und Totschlag und schien „mit Siemens-Standards nicht vereinbar“. Trotzdem passierte nichts.

Nun, nach dem Mord an Berta Cáceres, supendierte Voith Hydro zwar die Lieferung der Turbinen, die Heidenheimer blieben aber immer noch Vertragspartner von DESA. Joe Kaeser indes fühlte sich bei der Hauptversammlung 2017 beim Anblick von Bertas Nachfolger immerhin genötigt, zu versprechen, alles „ihm Mögliche“ zur Aufklärung des Mordes an Berta beizutragen. 2018 mit seinem Versprechen konfrontiert, kam vom Siemens-Chef dann keine Antwort mehr. Für Siemens ist die Sache vom Tisch.

Nachdem die europäischen Entwicklungsbanken FMO und Finnfund im Sommer 2017 ihre Finanzierung für „Agua Zarca“ zurückgezogen hatten, hatte auch Voith Hydro den Vertrag mit DESA gelöst. Das genaue Datum ist nicht zu erfahren. Voith-Sprecher Rosumek teilte uns kürzlich mit, man habe den Ausstieg „auf Nachfrage von Medien“ im August 2017 bestätigt.

Wie geht’s nun weiter?

Am 17. September wurde die mündliche Verhandlung gegen acht Angeklagte nach nur zehn Minuten auf unbestimmte Zeit verschoben. Ob das Verfahren bis November 2018 abgeschlossen ist, ist nicht gesichert. Dann nämlich müssten vier der Angeklagten auf freien Fuß gesetzt werden. Die mutmaßlichen Auftragsmörder sowie Organisatoren und Mittelsmänner aus Militär und DESA sitzen überwiegend seit Mai 2016 – also zweieinhalb Jahre – in Untersuchungshaft.

Die Rechte der Nebenklage wurden von Beginn an nicht gewahrt. Bertas Organisation COPINH wurde nicht als Nebenklägerin zugelassen. COPINH sei ja von dem Mord finanziell nicht betroffen gewesen, so das Gericht. Die Anwälte von Bertas Familie und von Gustavo Castro als Nebenkläger bekamen keine vollständige Einsicht in die Ermittlungsakten.

Als die Beweisaufnahme am 31. August begann, waren zudem etliche Computerfestplatten, Tablets, Handys, USBs und eine Pistole noch gar nicht untersucht worden. Sie stammten aus Durchsuchungen des DESA-Büros und des Privathauses eines nun mitangeklagten Mayors der honduranischen Armee. Die Staatsanwaltschaft musste offiziell zugeben, dass diese potentiellen Beweismittel seit Mai 2016 in der Asservatenkammer herumlagen, ohne dass sich jemand darum gekümmert hätte. Die Anwälte der Nebenklage hatten bis dahin über 35 Anträge in Akteneinsicht gestellt, das Gericht hatte der Staatsanwaltschaft Fristen gesetzt, aber nichts war passiert.
Die große Frage ist, ob es unter solchen Umständen und angesichts der systematischen und tief verwurzelten Straflosigkeit in Honduras gelingen kann, die kriminellen Strukturen hinter dem Mord an Berta Cáceres vor einem honduranischen Gericht aufzuklären. Einen großen Teil davon hat die von Christian erwähnte internationale Expert*innenkommission GAIPE, wenn auch ohne offizielles Mandat, bereits aufgedeckt. GAIPE-Mitglied Miguel Ángel Urbina, ein angesehener Anwalt aus Guatemala, moniert, in der Anklage fehle der Punkt „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Als solche habe DESA aber gehandelt, indem das Unternehmen seit 2012 Diffamierungskampagnen, Drohungen und Attacken gegen die Gegner*innen des Kraftwerks „Agua Zarca“ und COPINH organisiert habe. Anwälte wurden angeheuert, um Berta Cáceres und weitere Leitungspersonen von COPINH zu kriminalisieren. Staatsanwälte und Richter wurden bestochen, ein Auftragsmörder vor dem Zugriff der Justiz geschützt. Die honduranische Justiz weigere sich jedoch, die existierende Gesetzgebung auf DESA anzuwenden. Sie verfolge damit lediglich kriminelle Jugendbanden, nicht aber kriminell operierende Unternehmen.

Die Nebenklage kritisiert auch, dass als mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes bisher nur der Geschäftsführer von DESA, David Castillo beschuldigt wird. Castillo, ein ehemaliges Mitglied des militärischen Geheimdienstes, wurde erst am 2. März 2018 verhaftet, so dass mit dem Beginn seines Prozesses für 2020 gerechnet wird. Castillo war Angestellter von DESA und hatte keine unumschränkte Entscheidungsbefugnis. Allein die begrenzten Ermittlungen der GAIPE ergaben, dass mindestens eine Person aus der Ebene oberhalb der Geschäftsführung in das Mordkomplott gegen Berta Cáceres verwickelt war.

Im Rahmen der Beweisaufnahme am 1. September versuchte die Nebenklage, vier Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrates von DESA, allesamt Teil der mächtigen Oligarchenfamilie Atala mit Verbindung in höchste Militär- und Regierungskreise, als Zeugen zitieren zu lassen.
Die Anwältin des Angeklagten Sergio Rodriguez, ehedem Manager für Umwelt und Soziales von DESA, legte sofort Widerspruch ein. Mit einer interessanten Begründung: Daniel Atala Midence, der Finanzvorstand von DESA, könne nicht als Zeuge aussagen, da er damit Gefahr laufe, sich in Bezug auf ein laufendes Verfahren gegen die geistigen Urheber des Verbrechens selbst zu beschuldigen. Die Richterin fragte die Staatsanwaltschaft, ob es tatsächlich Ermittlungen gegen Atala Midence gebe. Die Staatsanwälte beriefen sich jedoch auf ihre Geheimhaltungspflicht.

Mit der gerichtlichen Auseinandersetzung ist die Causa Berta Cáceres längst nicht abgeschlossen. Eines Tages könnte daraus vielleicht ein Fall vor einem internationalen Gericht wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit werden.

Bertas Familie und COPINH fordern Garantien für die Nicht-Wiederholung derartiger Verbrechen. Diese Garantien seien nicht gegeben, solange die Auftraggeber*innen des Mordes und die Strukturen, die das Verbrechen ermöglicht und vertuscht haben, nicht angetastet würden, solange Menschenrechtsverteidiger*innen in Honduras nicht geschützt und die Selbstbestimmungsrechte indigener und bäuerlicher Gemeinden nicht respektiert würden. Bertas Tochter Laura sagte kürzlich bei einem Besuch in Berlin: „Die gleichen Faktoren, die Berta und COPINH so verwundbar gemacht haben, werden immer weiter reproduziert.

Ebenso schwer wiegen die Vorwürfe gegen europäische Entwicklungsbanken. Miguel Urbina sagte dazu: „Es gab eine Allianz zwischen dem internationalen Finanzsystem, dem Unternehmen und der Regierung. DESA hatte in einem bestimmten Moment kaum eigene Geldmittel. Das einzige Kapital, das sie besaß, war ihr politisches Kapital.“ Die niederländische FMO sei zu einem Zeitpunkt in die Finanzierung von „Agua Zarca“ eingestiegen als klar war, dass DESA das Geld auszugehen drohte und gleichzeitig die Berichte über Menschenrechtsverletzungen schon längst nicht mehr zu übersehen waren.

Die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration CABEI hat sich übrigens immer noch nicht aus dem Projekt „Agua Zarca“ zurückgezogen. Spanien ist Teilhaber dieser multilateralen Entwicklungsbank. Gelder an sie – nicht für Agua Zarca speziell, aber über diverse allgemeinere Kreditlinien – fließen auch über die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Österreichische Entwicklungsbank.

Ob die Verantwortung der Banken justiziabel ist, muss sich herausstellen. Die von Voith Hydro/Siemens als Zulieferer ist es wohl eher nicht. Der moralische, menschenrechtliche Makel bleibt.

Hat er auch Konsequenzen? Wir bauen darauf, dass der Dachverband Siemens weiter kritisch auf die Finger schaut. Wir vom Ökubüro werden das gemeinsam mit euch in Bezug auf das Windkraftengagement von Siemens-GAMESA in Mexiko weiter tun. Hier müssen wir uns auch mit dem neuerlichen Ausweichen von Herrn Kaeser befassen, der unsere Kritik weit weg verbannen will – ins Baskenland, auf die dortige GAMESA-Hauptversammlung. Mittelfristig werden wir womöglich auch etwas zu Aktivitäten deutscher Aktiengesellschaften in Kolumbien zu sagen haben. Hier beginnt unsere Arbeit erst.
Was Honduras angeht, so beschäftigen uns derzeit ein österreichischer Turbinenbauer und die Münchner Flughafen-Gesellschaft. Beide sind keine aber keine Aktiengesellschaften. Des weiteren haben wir den Solarsektor im Auge, auch Agrobusiness, Tourismus und Logistik. Genial wäre es, wenn wir auf die Dauer mit einem europäischen Netzwerk von Dachverbänden Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre zusammenarbeiten könnten.
Mehrere Personen möchte ich an dieser Stelle erwähnen, die uns auf dem Weg des Nicht-Zurückweichens immer wieder unterstützt haben. Als erstes Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland, die zusammen mit GegenStrömung ein wichtiges Dossier – „Siemens schmutzige Geschäfte mit Wasser“ – herausgebracht hat und damit die Informationsdichte und öffentliche Aufmerksamkeit auf ein anderes Niveau gehoben hat, als wir das konnten. Überdies unterstützte Marita ohne bürokratische Komplikationen unsere Mobilisierungen und arbeitete solidarisch „auf Augenhöhe“ mit uns zusammen. Eine Haltung, die für Vertreter*innen von Groß-NGO gegenüber Aktivist*innen und Ehrenamtlichen doch eher selten ist und die wir ihr hoch anrechnen.

Erwähnt seien auch die wenigen, leider recht leisen, Stimmen aus dem Inneren von Siemens, die uns unterstützten. Vor allem die ehemalige Siemens-Aufsichtsrätin Birgit Grube vom „Verein von Belegschaftsaktionären in der Siemens AG“ wagte es bei unseren Protesten in München öffentlich Gesicht zu zeigen.

Und drittens: Ohne Christian Russaus Beharrlichkeit und seine inhaltliche und emotionale Unterstützung wären wir nicht beim Dachverband gelandet und, zumindest ich, wohl manches Mal bei der Hauptversammlung oder der Vorbereitung unserer gemeinsamen Podiumsdiskussionen doch aus den Latschen gekippt. Deshalb gehört auch Christian noch mal ein Stückchen des Henry Mathews Preises – komplett hat er ihn ja schon 2012 mit der Kooperation Brasilien (KoBra) bekommen. Danke Christian für deine Freundschaft in all den Jahren und dein großes Herz für uns!

Schließen möchten wir mit einem Appell an Ihre und Eure Solidarität:
Unsere Freund*innen von Robin Wood starteten am Morgen der Siemens Hauptversammlung 2017 eine Kletteraktion auf dem Gelände der Olympiahalle. Sie hissten gelbe Banner mit den Namen der wegen ihres Widerstands gegen „Agua Zarca“ Ermordeten. Und veröffentlichten eine unmissverständliche Pressemitteilung, in der es hieß: „An den Aktien und Profiten von Siemens klebt Blut. Das Kraftwerk Agua Zarca steht exemplarisch für eine Konzernpolitik, die über Leichen geht. Wir fordern die AktionärInnen auf, den Vorstand zur Verantwortung zu ziehen und eine Firmenpolitik durchzusetzen, die sowohl auf Umweltschutz als auch auf Menschenrechten beruht.“
Ein völlig unproportionales Polizeiaufgebot samt Sondereinsatzkommando rollte vor der Olympiahalle an und nahm die friedlichen und verhandlungsbereiten Robin Wood-Aktivist*innen rabiat in Gewahrsam. Knapp zwölf Stunden lang mussten sie danach in Einzelzellen ausharren. Damit aber nicht genug. Am kommenden Dienstag, dem 25. September gibt es ein gerichtliches Nachspiel. Vor dem Münchner Amtsgericht findet gegen fünf von ihnen ein Verfahren wegen Hausfriedensbruchs statt. Die Strafbefehle sind saftig und laut Robin Wood absolut außergewöhnlich: Eine Person soll 40 Tagessätze á 40 Euro bezahlen, eine andere gar 60 Tagessätze.
Wenn ihr könnt, kommt zur Verhandlung oder zeigt euch anderweitig solidarisch mit den kriminialisierten Robin Wood-Aktivist*innen.

Berta Vive! La lucha sigue!
Vielen Dank für Ihre und Eure Aufmerksamkeit!