Der Rio Jequitinhonha ist an der Grenze der beiden brasilianischen Bundesstaaten Minas Gerais und Bahia eine kostbare Wasserquelle. Doch dort gibt es Streit um ein Wasserkraftwerk, das den angrenzend lebenden Indigenen das Wasser raubt. Das 462-MW-Wasserkraftwerk des Unternehmens Neoenergia läuft seit dem Jahre 2003. Die Bundesstaatsanwaltschaft MPF erklärte, mit dem geforderten sofortigen Entzug der Betriebserlaubnis solle sichergestellt werden, dass die Bewohner:innen der indigenen Gebiete Tupinambá von Belmonte und Encanto da Patioba in den Gemeinden Belmonte bzw. Itapebi in Bahia angemessen geschützt werden und dass die Mängel im Genehmigungsverfahren für das Kraftwerk Itapebi ordnungsgemäß erkannt und behoben werden.
Der Rio Jequitinhonha fliesst langsam durch die Bundesstaaten Minas Gerais und Bahia, eine trockene Gegend, wo Wasser und der angemessene Zugang zu Wasser kostbar ist. Dort an der Grenze der beiden Bundesstaaten befindet sich seit dem Jahr 2003 ein Wasserkraftwerk in Betrieb, Itapebi. Itapebi hat drei Turbinen je 154 MW, zusammen eine Nominalkapazität von 462 MW und einen Stausee von 62,48 Quadratkilometern. Die Staumauer ist 620 Meter lang und hat eine Höhe von 106 Meter, so die den Sraudamm betreibenden Firma Neoenergia auf ihrer Webseite.
Nun hat sich infolge von Beschwerden die Bundesstaatsanwaltschaft das Projekt genauer angeschaut und fordert in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung, den sofortigen Entzug der Umweltgenehmigung des Wasserkraftwerks Itapebi. Das MPF zielt mit seiner eingereichten Klage darauf ab, die Firma zur Durchführung wirksamer Maßnahmen zu verpflichten, um die negativen sozioökonomischen Auswirkungen des Projekts auf die angrenzend im Einzugsgebiet des Kraftwerks lebenden Indigenen ab sofort zu verhindern, so dass diese „ihre physische und kulturelle Reproduktion gemäß ihren Bräuchen, Sitten und Traditionen“ wieder ausüben können, so die Bundesstaatsanwaltschaft.
Die Bundesstaatsanwaltschaft (MPF) hat vor Gericht eine Klage eingereicht, um die sofortige Aussetzung aller von der Bundesumweltbehörde IBAMA erteilten Umweltgenehmigungen für das Wasserkraftwerk Itapebi (UHE Itapebi) zu erreichen. Der Klage zufolge soll die Aussetzung mindestens so lange andauern, bis der Nationalkongress sie genehmigt und die Umweltverträglichkeitsstudien (UVP) mit der Vorbereitung der Studie über die indigene Komponente (ECI) und der freien, vorherigen und informierten Konsultation (CPLI) der betroffenen indigenen Bevölkerung abgeschlossen sind. Laut Bundesstaatsanwalt Ramiro Rockenbach, der die Klage unterzeichnet hat, gehe es darum, den Schutz der indigenen Völker der Tupinambá-Gebiete von Belmonte und Encanto da Patioba in den Gemeinden Belmonte bzw. Itapebi in Bahia zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Mängel im Genehmigungsverfahren für das Wasserkraftwerk Itapebi ordnungsgemäß anerkannt und korrigiert werden.
In der Klage vor Gericht fordert die Bundesstaatsanwaltschaft die brasilianische Bundesregierung auf, über die Ministerien für indigene Völker und für Umwelt und Klimawandel die Bereitstellung von personellen und materiellen Ressourcen sicherzustellen, um die ordnungsgemäße Vorbereitung der Studie über die indigene Komponente und die freie, vorherige und informierte Konsultation der betroffenen indigenen Völker zu gewährleisten. Außerdem werden Itapebi Geração de Energia und Neoenergia verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen mit dem Aufbau eines Systems zur sicheren Umsetzung von Fischen im Kraftwerk Itapebi zu beginnen. Innerhalb desselben Zeitraums müssen die Unternehmen Maßnahmen in Bezug auf den Wasserfluss des Jequitinhonha-Flusses ergreifen (Volumen des Stausees, Erhöhung des Durchflusses, Ablassen von Wasser über die Hochwasserentlastungsanlagen usw.), um die Fischerei, die Schifffahrt und die Sicherheit der Mitglieder der indigenen Gemeinschaften und anderer Bürger zu gewährleisten, wobei die Betroffenen nachweislich darüber angemessen informiert werden müssen. Schließlich fordert das MPF, dass alle von der IBAMA im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Wasserkraftwerk Itapebi erteilten Umweltlizenzen und Genehmigungen für null und nichtig erklärt werden. Das MPF fordert außerdem, dass die Bundesregierung, IBAMA, Itapebi Geração de Energia und Neoenergia zur Zahlung einer Entschädigung für den kollektiv erlittenen moralischen Schaden in Höhe von mindestens 5 Millionen Reais (derzeit umegrechnet 810.000 €) verurteilt werden. Diese Gelder sollten direkt in öffentliche Maßnahmen für die indigenen Gemeinden der Tupinambá in Belmonte und Encanto da Patioba investiert werden.