Das Vordringen des illegalen Goldsuchens in Amazonien bedroht nicht nur Gesundheit und leben der dort lebenden traditionellen Bewohner:innen und vergiftet Boden, Luft und Wasser, sondern bedroht auch die Energieversorgung des Landes: Brasiliens Bundespolizei befürchtet Blackout in den Bundesstaaten Pará, Tocantins, Goiás und Minas Gerais, weil die Garimpeiros unter den Fundamenten der Stützpfeiler der Überlandleitung nach Gold graben.
Von Christian Russau
Dass die asphaltierten Straßen in Amazoniens Tropenwäldern wie Einfallstore für illegale Waldrodung fungieren, ist hinlänglich bekannt: 80 Prozent aller illegalen Rodungen im Großraum Amazoniens vollziehen sich entlang eines 30 Kilometer breiten Streifens quer der asphaltierten Straßen. Nun scheint sich zu zeigen, dass auch die in den Tropenwald gefrästen Schneisen der Führung der Überlandleitungen von Belo Monte als Einfallstore der Zerstörung fungieren, nur diesmal anders: Die Bundespolizei sah sich am Mittwoch, dem 17. November dieses Jahres gezwungen, einen Noteinsatz in Amazonien in die Wege zu leiten. Rund 65 Beamt:innen der Bundespolizei, 24 Polizist:innen der Bundesstraßenpolizei, 30 Militärs der Nationalgarde sowie drei Mitarbeiter:innen der Nationalen Bergbaubehörde und fünf Mitarbeiter:innen der Umweltbehörde Ibama sind bei der Operation „Guaraci“ derzeit im Einsatz. Ihr Ziel: Festnahme illegaler Goldsucher:innen.
Laut Haftbefehlen werden derzeit 15 Personen gesucht. Ihr Vergehen: illegales Goldschürfen in der Xingu-Region. Jedoch musste auch die Bundespolizei in ihrer Mitteilung eingestehen, dass solch ein verhältnismässig großer Einsatz diesmal eher aus weiteren Gründen und Motivlagen erfolgte. Denn 15 Goldgräber:innen irgendwo in Amazonien, das regt in Bolsonaros Bergbau- und Goldgräber freundlicher Regierung in Brasília die Bundespolizei auf Weisung ihres Obersten Gebieters, des Präsidenten Jair Bolsonaro, normalerweise nicht so auf, ganz im Gegenteil: ein Bolsonaro applaudiert den Goldsucher:innen eher.
Was aber diesmal die Bundespolizei zu schnellem Handeln bewog: Die Goldsuchenden graben in der Erde auch neben und unterhalb der Stützfundamente der Überlandleitung des Staudamms von Belo Monte. Diese Stützfundamente messen 50 Meter Radius, nun aber scheinen Goldsuchende direkt dort nach Gold zu graben, was die Stabilität der Überlandleitung gefährde.
Diese Stromleitung reicht vom Fluss Xingu im Bundesstaat Pará über 2.000 Kilometer durch die Bundesstaaten Tocantins, Goiás bis nach Minas Gerais. Sollte die Leitung wegen der illegalen Gräberei instabil und unterbrochen werden, drohe in mehreren Bundesstaaten ein Blackout, so die Bundespolizei gegenüber Medien, was der hauptsächliche Grund für den dringlichen Großeinsatz sei. „Die entsprechenden illegalen Aktivitäten bergen ein hohes Risiko, die Regelmäßigkeit der Stromverteilung und -versorgung im Lande zu beeinträchtigen, da die Xingu/Estreito-Übertragungsleitung den im Kraftwerk Belo Monte erzeugten Strom zu den wichtigsten Energieverbrauchszentren des Landes leitet“, so die Bundespolizei in einer Erklärung.
Die Operation Guaraci wird laut Medienberichten mit dem Ziel fortgesetzt, gegen den illegalen Gold- und Manganabbau in der Region Xingu in Pará vorzugehen.