Staudamm Belo Monte: Oberster Gerichtshof STF verurteilt Brasiliens Bundesregierung zur sofortigen Entschädigungszahlung an Indigene
Von Christian Russau
Belo Monte, der nach Itaipu zweitgrößte Staudamm Brasiliens, stand seit der politischen Entscheidung Brasílias zum Bau desselben in scharfer Kritik, seitens der Wissenschaftler:innen, die auf die sowohl sozialen, ökologischen, klimatischen und auch ökonomischen Folgen des Staudamms am Xingu-Fluss hinwiesen. Fast alle dieser Kritikpunkte haben sich leider bewahrheitet (siehe die 10-Jahres-Bilanz, die Xingu Vivo erstellt hatte). Auch die entlang der Volta Grande do Xingu lebenden indigenen Völker hatten jahrelang davor gewarnt, dagegen protestiert und darauf hingewiesen, dass der Bau des 11 GW-Staudamms negative Auswirkungen auch für sie haben würde. Brasília hatte alle Kritikpunkte weggewischt, die bis zu 25 Verfassungsklagen dagegen in den Aktenordnern des Obersten Gerichtshofs zu weiteren Bearbeitung abgelegt, und Brasília hatte stets argumentiert, die am Xingu-Fluss lebenden Indigenen Völker seien von Bau und Betrieb Belo Montes nicht betroffen. Denn – darin folgte Brasília einer verfassungsrechtlichen Interpretation – Belo Monte werde ja kein indigenes Territorium vor Ort fluten für den Bau des Reservoirs, was von der Verfassung her verboten ist.
Dass aber durch den Bau des Abzweigkanals vor der ersten Staustufe Pimentel zur Umleitung bis zu 80% des Wassers, das eigentlich durch den ursprünglichen Flusslauf an der Volta Grande fließen sollte, hin zum Staureservoir von Belo Monte und danach in hinreichend Gefälle auf kurzer Strecke durch das Wasserkraftwerk Belo Monte fließen soll, war ja auch schon vorher allseits bekannt – denn das ist der ganze Gedanke an Belo Monte. Dass dies in Konsequenz bedeuten würde, dass die Indigenen Völker der Volta Grande nahezu auf dem Trockenen sitzen, hatten auch alle Studien vorhergesagt, – nur Brasília wiegelte immer ab. Nun aber kommt die Quittung: Der Richter Flávio Dino vom Obersten Bundesgericht (STF) hat die brasilianische Bundesregierung zur sofortigen Überweisung von 19 Millionen Real aus dem Fonds für den Ausgleich der Nutzung von Wasserressourcen (CFURH) an die indigenen Gemeinschaften angeordnet, die vom Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte in Pará betroffen sind. Die Freigabe soll durch eine Sonderzulage zum Bolsa Família-Programm für die indigene Bevölkerung in dem betroffenen Gebiet erfolgen. Dies geht aus einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofes hervor.
Der Richter Flávio Dino vom Obersten Bundesgericht hat diese Entscheidung zur Entschädigung der Indigenen auf Basis einer Verfassungsklage der Vereinigungen indigener Völker aus der Region Xingu in Pará getroffen. Erst im März dieses Jahres urteilte der Richter Dino, dass es der Nationalkongress Brasilien unterlassen habe, den indigenen Völkern das Recht auf Entschädigung für Schäden durch Wasserkraftprojekte in ihren Gebieten zu garantieren. Er setzte der Legislative eine Frist von 24 Monaten, um entsprechende Artikel der Bundesverfassung zu regeln, die die Beteiligung der betroffenen Völker an den Ergebnissen der Ausbeutung von Ressourcen in ihren Gebieten garantieren. Dies ist bisher nicht vom Nationalkongress umgesetzt worden.
Im konkreten Fall von Belo Monte sieht Flávio Dinos Entscheidung vor, dass 100 % der an den Bund als sogenannte Finanzielle Kompensation zur Nutzung der Wasserressourcen – die Compensação Financeira pela Utilização dos Recursos Hídricos CFURH – an die Indigenen gehen muss. Die bis dato an die Bundesregierung überwiesenen Beträge müssen demnach an die Indigenen Völker weitergeleitet werden sollten. In einer Stellungnahme zu dem Verfahren teilte der Bund mit, dass er von März bis Oktober etwas mehr als 19 Millionen R$ von Norte Energia S. A. erhalten habe. Dieser betrag geht nun einmal an die Indigenen. In der Entscheidung stellte Richter Flávio Dino fest, dass die Festlegung der Verwendung der Mittel bisher nicht eingehalten wurde und dass die Maßnahme für die Würde der betroffenen Gemeinden, insbesondere in Volta Grande do Xingu, unerlässlich sei. Um weitere schwere Schäden zu vermeiden, ordnete er an, dass der Betrag als Zusatz zum Bolsa Família-Programm für die indigene Bevölkerung verwendet wird, bis ein Plan für die Verwendung dieser Mittel vorgelegt wird. Die jetzige Zahlung schliesst weitere Urteile zu Zahlungen in der Zukunft nicht aus.


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